Esslingen. Auch wenn die Weihnachtsmärkte ihre Pforten schließen, ist noch lang nicht Schluss mit dem Genuss. Zu schön wärmt der heiße Wein von innen und zu wohlig hebt er die Stimmung. Aber was ist eigentlich drin, und wie wird er so richtig gut? Darüber plauderte aktiv mit Winzer Adolf Bayer beim Besuch auf seinem Weingut in Esslingen-Rüdern.

Was macht den perfekten Glühwein aus?

Für mich ist ganz wichtig, dass der Wein aus der Region stammt. Und er muss selbst gemacht sein. Ideal sind Weine, die einen Alkoholgehalt zwischen 10 und 11 Prozent haben, nicht mehr. Und es sollten nur natürliche Zutaten verwendet werden. Bei der Herstellung oder auch bei der Zubereitung zu Hause muss man außerdem darauf achten, dass der Wein nicht kocht. Er darf maximal 60 bis 70 Grad heiß werden.

Welche Weinsorten eignen sich denn am besten?

Wir nehmen natürlich unseren eigenen, also schwäbischen Wein: für den roten Glühwein einen Trollinger-Lemberger. Den Lemberger allein finde ich zu schwer, außerdem bringt der Trollinger mehr Farbe rein, hat aber nicht ganz so viel Alkohol. Den weißen machen wir aus Rivaner, auch als Müller-Thurgau bekannt. Der ist relativ leicht und säurearm, also sehr bekömmlich für den Magen. Gut geeignet ist auch Riesling.

Und wie stellen Sie Ihren eigenen Winzer-Glühwein her?

Wir würzen mit Nelken, Zimt, Koriander, ganzen Vanilleschoten und fein geschnittenen Bio-Orangen. Zimt ist sparsam zu verwenden, sonst schmeckt er zu stark durch. Das alles kommt in den Tank zum Rotwein. Zum Weißwein geben wir dieselben Zutaten, außer Orangen. Zwei Wochen lang darf der Wein ziehen, dann wird er filtriert. Vor der Abfüllung kommen noch vier bis fünf Kilo Zucker pro 100 Liter Wein dazu, zum Weißwein nur vier Kilo. Der Zucker darf nicht vorher zugegeben werden, sonst fängt er an zu gären.

Ändern sich beim Glühwein auch mal die Geschmäcker, oder wollen die Kunden immer das Gleiche?

Weißwein und auch Rosé sind momentan groß im Kommen, allgemein und auch beim Glühwein. Seit diesem Jahr ist es laut Weingesetz auch erlaubt, Glühwein aus Rosé oder Weißherbst herzustellen. Nächstes Jahr wollen wir auch einen Rosé-Glühwein machen.

Was ist Ihnen persönlich lieber? Rot oder weiß?

Mein Favorit ist der weiße Glühwein. Der schmeckt etwas dezenter, weil weniger Zimt drin ist.

Haben Sie auch etwas Alkoholfreies im Programm?

Bisher noch nicht, aber wir möchten in diesem Winter auch Punsch anbieten – nicht in Flaschen abgefüllt, sondern aus einem großen Kessel direkt serviert. Anstelle von Wein verwenden wir dafür Traubensaft, ansonsten sind die Zutaten dieselben, nur weniger Zucker.

Ein neuer Trend ist Glühbier. Ist das für einen Winzer ein No-Go, oder haben Sie es schon mal probiert?

Davon habe ich gehört, es aber noch nicht probiert. Aber warum nicht? Ich bin zwar Wengerter, aber für alles offen.

Würzwein kannten schon die alten Römer

Mehr oder weniger unter seinem heutigen Namen ist Glühwein seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Damals wurde er erstmals als „geglühter Wein“ oder „gluterhitzter Wein“ erwähnt. Aber schon die alten Römer hatten Rezepte für Wein mit Honig, Zimt, Lorbeer, Sternanis, Koriander und Thymian. Im Mittelalter waren kalt getrunkene Würzweine hip. Jahrhundertelang war dies allerdings nur den Reichen vorbehalten, denn die exotischen Gewürze waren Luxusgüter. Die ältesten bekannten Glühwein-Rezepte stammen aus dem 19. Jahrhundert.

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

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