Sieht gefährlich aus und ist bestimmt keine Glückwunschkarte: Ein leuchtend gelber Umschlag. Darin steckt ein Mahnbescheid vom Amtsgericht. Wer solche Post bekommt, muss sie zwar ernst nehmen. Er braucht jedoch nicht gleich in Panik auszubrechen.
Wer ein solches Schreiben erhält, wurde zu nichts verurteilt. Im Gegenteil: Der Bescheid soll aufwendige Klagen vor Gericht gerade vermeiden. „Im besten Fall ist das gerichtliche Mahnverfahren eine schnelle und günstige Möglichkeit für Gläubiger, ohne Hilfe eines Anwalts Druck auf säumige Schuldner auszuüben und ihr Geld zu erhalten“, so Rechtsanwalt Christian Bereska, Vorsitzender des Ausschusses Zivilrecht im Deutschen Anwaltsverein (DAV).
Verkürztes Verfahren nach festen Regeln
Zur Einleitung des Mahnverfahrens muss ein Antrag gestellt werden. Dies geht unkompliziert über das Onlineportal der deutschen Mahngerichte: online-mahnantrag.de. Das Gericht erlässt anschließend einen Mahnbescheid. Allerdings prüft es nicht, ob die Forderung rechtmäßig ist. Die Anträge werden maschinell bearbeitet, nur so ist die immense Anzahl von zuletzt 4,8 Millionen Anträgen im Jahr bundesweit zu bewältigen.
Wenn der Gegner keinen Widerspruch erhoben hat, erlässt das Gericht den Vollstreckungsbescheid. Im Vergleich zu einer Klage sind die Kosten für das Mahnverfahren überschaubar, sie sind nach Streitwert gestaffelt. Die Gerichtsgebühren für eine Klage sind etwa sechsmal so hoch wie die Gebühren für einen Antrag auf Mahnbescheid. Bei einer offenen Forderung von 1.000 Euro werden für den Mahnbescheid beispielsweise 36 Euro Gebühren fällig. Bei 10.000 Euro sind es 133 Euro.
Beim Antrag sollte man unbedingt darauf achten, dass man den Streitgegenstand sehr genau bezeichnet. Sonst besteht die Gefahr, dass die hemmende Wirkung nicht eintritt und die Forderung verjährt. Beispiel: Wer der Ansicht ist, jemand schuldet ihm einen Betrag – etwa weil er ihm ein Auto verkauft hat, das der andere nicht bezahlt – meldet dies beim zuständigen Mahngericht und beantragt dort den Erlass eines Mahnbescheids. Der wird dem Schuldner per Post zugestellt.
Wie wehrt man sich gegen einen Mahnbescheid?
Sich gegen einen Mahnbescheid zu wehren, ist umgekehrt genauso leicht, wie einen loszuschicken. Man muss sich nur darum kümmern und zwar am besten gleich. Die Vogel-Strauß-Taktik hilft hier nicht. Innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung muss man beim zuständigen Gericht Widerspruch einlegen (etwa mit dem vorformulierten Widerspruch auf dem Formular im Antwortbrief). Ein Tipp, damit man die Frist nicht verpasst: Den gelben Umschlag unbedingt aufheben. Darauf notiert der Postbote, an welchem Tag er den Brief eingeworfen hat. Denn ab diesem Tag beginnt die Zweiwochenfrist zu laufen. „Verspätete Kenntnisnahme führt nur in Ausnahmefällen zu einer Fristverlängerung. Abwesenheit wegen eines Urlaubs reicht dazu nicht aus“, so Bereska. Wehrt man sich rechtzeitig, ist der Spuk oft genauso schnell vorbei, wie er begonnen hat.
Das Gericht informiert den Gläubiger über den Widerspruch. Der hat dann die freie Wahl, ob er die Sache auf sich beruhen lässt und auf sein Geld verzichtet oder ob er sie weiterverfolgt. Dann müssen weitere Gebühren in Höhe des Fünffachen der eingezahlten Gebühr geleistet werden und ab 5.000 Euro geht es nicht mehr ohne Anwalt.
Schulden unter Freunden
„Grundsätzlich eignet sich das Mahnverfahren für Forderungen aller Art“, so der Deutsche Anwaltverein. „Aufgrund der geringen Gerichtskosten ist es allerdings ein effektives Verfahren für kleine Forderungen.“ Zum Beispiel beim Online-Versand oder der Abrechnung von Zusatzleistungen von Ärzten wie die Zahnreinigung, die von den meisten Patienten privat bezahlt werden muss. Darlehen unter Freunden oder säumige Mieter sind weitere Fälle, in denen der Mahnbescheid gerne eingesetzt wird, um das Geld zurückzuerhalten.
Die Verbraucherzentralen raten zur Vorsicht: „Manche Inkassofirmen schicken Drohbriefe und tarnen diese als gerichtlichen Mahnbescheid. Da darf man sich nicht einschüchtern lassen. Der echte Mahnbescheid kommt immer vom Gericht.“
Wer für ein Mahnverfahren zuständig ist:
Bundesland | Mahngericht |
Baden-Württemberg | Amtsgericht Stuttgart |
Bayern | Amtsgericht Coburg |
Brandenburg, Berlin | Amtsgericht Wedding |
Bremen | Amtsgericht Bremen |
Hessen | Amtsgericht Hünfeld |
Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg | Amtsgericht Hamburg |
Niedersachen | Amtsgericht Uelzen |
Nordrhein-Westfalen, OLG-Bezirk Köln | Amtsgericht Euskirchen |
Nordrhein-Westfalen, alle übrigen Gebiete | Amtsgericht Hagen |
Rheinland-Pfalz, Saarland | Amtsgericht Mayen |
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen | Amtsgericht Aschersleben |
Schleswig-Holstein | Amtsgericht Schleswig |
Die deutschen Mahngerichte haben einen gemeinsamen Webauftritt. Dort steht eine Informationsbroschüre über das Vorgehen zur maschinellen Bearbeitung gerichtlicher Mahnverfahren zum Download bereit: Mahnverfahren.Darin wird der Ablauf des automatisierten gerichtlichen Mahnverfahrens inklusive aller nötigen Formulare genau beschrieben. Die Broschüre kann auch gegen einen Unkostenbeitrag von 1,45 Euro per Post bei den zentralen Mahngerichten bestellt werden.
Direkt zum Online-Formular für den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gelangt man auf dem Onlineportal der deutschen Mahngerichte: online-mahnantrag.de . Sorgfältig ausfüllen und Antragsteller, Gegner und Forderung eintragen. Für Gesellschaften oder Vereine immer angeben, wer diese gesetzlich vertritt.
Das Amtsgericht Hagen ist das größte deutsche Mahngericht, mit mehr als einer Million Verfahren jährlich. Der Grund: Es liegt in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, das sogar gleich zwei zentrale Mahngerichte hat: Hagen und Euskirchen. Entsprechend viele Anträge auf Mahnverfahren gehen hier ein..
Mahnbescheid: Was tun mit geerbten Schulden?
Übrigens: Schulden kann man (leider) auch erben. Die Haftung lässt sich jedoch auf den Nachlass begrenzen, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg zeigt (OLG Naumburg, 7.10.2014, 5 O 196/14). Mehr zu haftungsbegrenzenden Maßnahmen bei (eventuellen) Schulden im Nachlass.
Einem Erben flatterte ein Mahnbescheid vom Gläubiger des Verstorbenen ins Haus. Die Forderung war berechtigt, der Erbe wollte jedoch nur mit dem geerbten Vermögen und nicht mit seinem eigenen Privatvermögen dafür haften. Deshalb legte er gegen den Mahnbescheid Widerspruch ein. Die Richter gestanden dem Erben diese Beschränkung der Haftung zu. Allerdings muss der Mann die Kosten des Verfahrens tragen. Denn es handelte sich um einen sogenannten Klageüberfall: Der Gläubiger hatte die eingeklagte Forderung nie bestritten, sondern sie vor Gericht sofort anerkannt.
Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.
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