Die Wohnungsnot ist vielerorts groß, vor allem in den Ballungszentren. Das lockt Betrüger auf den Plan. Klar, auf dilettantische Angebote in gebrochenem Deutsch und mit zig Tippfehlern dürfte heutzutage kaum noch jemand hereinfallen. Aber die Methoden werden immer professioneller und die Kriminellen investieren oft viel Zeit und Energie, um ihre Opfer zu täuschen. Aber wie kann man gefälschte Wohnungsanzeigen sicher erkennen? Das weiß Kriminalkommissar Simon Ebbertz vom Landeskriminalamt Niedersachsen.

Verräterische Anzeigen kann man erkennen

Ein erstes Indiz für ein betrügerisches Angebot ist häufig ein extrem günstiger Preis. Eine tolle Immobilie in Toplage und das zu einem Schnäppchenpreis? Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Und genauso ist es in der Regel auch. Niemand hat etwas zu verschenken und warum sollte jemand eine Wohnung unter Wert vermieten oder verkaufen, wenn die Wohnungssuchenden Schlange stehen? „Selbstverständlich können aber auch Wohnungsinserate gefälscht sein, bei denen die ortsüblichen Mieten verlangt werden“, sagt Ebbertz.

An der äußeren Form kann man eine Fake-Anzeige heutzutage oft nicht mehr erkennen. Die Betrüger wissen inzwischen genau, wie eine professionelle Wohnungsanzeige aussieht. Die Fotos, Grundrisse, die Texte, manchmal sogar Gütesiegel oder angeblich mit der Vermittlung betraute Maklerbüros – das alles wirkt oft ziemlich seriös. „Tatsächlich sind alle diese Angaben jedoch oft von anderen Internetseiten kopiert“, sagt der Experte. Trotzdem gibt es einige Möglichkeiten, Fake zu entlarven.

Tipp: Bei der Telefonnummer des Maklerbüros anrufen

Wird ein Makler genannt, hilft ein einfacher Anruf bei dem betreffenden Unternehmen. Dabei sollte man aber nicht die Telefonnummer aus der Anzeige verwenden, weil auch die dort angegebene Durchwahl gefälscht sein kann. Besser ist es, die Telefonnummer von der Website des Maklerbüros zu verwenden, um dort direkt nachzufragen.

Gibt es ein Bild vom angepriesenen Objekt aus der Anzeige und hat man die (ungefähre) Adresse, kann man mithilfe von entsprechenden Onlinediensten wie beispielsweise Google Streetview, Microsoft Bing oder dem Apple-Kartendienst prüfen, ob sich in der angegebenen Straße tatsächlich ein solches Haus befindet. Auch wenn man nur die ungefähre Adresse kennt, kann man so oft prüfen, ob der Haustyp typisch für die Gegend ist. 

Ein schicker, sanierter Altbau mit hohen Decken in einer Neubausiedlung oder gar im Gewerbegebiet sollte misstrauisch machen. Erfahrungsgemäß achten die Betrüger meist darauf, keine Außenansichten des Gebäudes zu veröffentlichen. „Dennoch kann man auf Fotos oft wichtige Details erkennen – beispielsweise den Blick nach außen durch die Fenster oder auch die Balkone“, so Ebbertz.

Sieht man zum Beispiel durch das Fenster den Blick auf eine Grünanlage, kann man durch einen Blick auf die Kartendienste leicht erkennen, ob es vor Ort tatsächlich eine solche Grünanlage gibt, oder auch, ob die Häuser überhaupt Balkons haben. Auch wenn auf den Bildern untypische Steckdosen oder andere Installationen zu sehen sind, die in Deutschland nicht verbaut werden, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Fake-Anzeige.

Niemals für eine angebliche Besichtigung zahlen

Sobald sich ein Wohnungssuchender auf die Immobilienanzeige meldet, schnappt die Falle zu. Schreibt der angebliche Vermieter auf Englisch oder in fehlerhaftem Deutsch, ist das ein Warnsignal, weil die Betrüger teilweise automatische Übersetzungsprogramme nutzen. „Manchmal läuft die Korrespondenz mit den Täterinnen und Tätern aber auch in perfektem Deutsch“, erklärt der Experte. 

Den Betrügern ist vollkommen klar, dass jeder Mietinteressent die Wohnung vorab sehen will. Genau das müssen sie aber unbedingt vermeiden, weil es ja überhaupt keine Wohnung gibt. Deshalb erfinden sie die tollsten Geschichten, warum sie momentan nicht vor Ort sein können. „Häufig wird behauptet, der Anbieter sei im Ausland und könne die Wohnung deshalb nicht persönlich zeigen“, erläutert der Kriminalkommissar. Von eher sachlichen Argumenten (Auslandsjob) bis hin zu massiven Attacken auf die Tränendrüse (sterbenskranke Mutter, Todesfall in der Familie) ist so ziemlich jede Geschichte möglich.

Die Betrüger bieten dann an, dem Interessenten einen Schlüssel zu überlassen, damit er sich die Wohnung alleine in Ruhe ansehen kann. Als Sicherheit verlangen sie, dass man Geld auf ein Treuhandkonto überweist, häufig im Ausland. Oder sie fordern dreist Besichtigungsgebühren – natürlich zu zahlen, bevor man einen Termin bekommt.
In anderen Varianten versprechen die Betrüger, dass sie selbstverständlich gerne aus dem Ausland anreisen, um die Wohnung zu zeigen. Da sie aber nicht umsonst anreisen möchten, verlangen sie vorab die Zahlung einer Kaution oder der ersten Monatsmiete auf ein Treuhandkonto. Als Köder dient dann das Versprechen, dass der Betrag bei Nichtgefallen selbstverständlich sofort zurückgezahlt wird. 

Fazit: Wer jetzt überweist, bekommt weder den Schlüssel noch die Wohnung noch sein Geld zurück. Ebbertz rät: „Ohne persönliche Besichtigung und gültigen Mietvertrag sollte man niemals irgendetwas bezahlen.“

Täter gaukeln Seriosität vor

Den Tätern ist klar, dass viele Wohnungssuchende doch misstrauisch sind. Deshalb versuchen sie alles Mögliche, um den Interessenten in Sicherheit zu wiegen. „Sehr gängig ist es, dass die Betrügerinnen und Betrüger Ausweiskopien mitschicken, die selbstverständlich ebenfalls gefälscht sind“, sagt der Kriminalkommissar.

Mehr zum Thema

Manchmal gibt es auch weitere Fotos, die die Identität zusätzlich belegen sollen, beispielsweise zeigt sich der Betrüger mit irgendwelchen Kindern oder an seinem angeblichen Arbeitsplatz. Oft senden die Täter auf Nachfrage auch noch zusätzliche Fotos der Wohnung, Grundrisse und Ähnliches – selbstverständlich ebenfalls alles gefälscht.

Beliebte Masche: Abwicklung über bekannte Plattformen

Inzwischen sehr beliebt ist außerdem die Masche, den guten Ruf seriöser Wohnungs- oder Verkaufsportale zu missbrauchen, beispielsweise Airbnb, Ebay, Tripadvisor oder Booking. „Die Täterinnen und Täter erstellen eigene Webseiten, auf denen sie die Immobilie anbieten und die den Original-Websites der Portale täuschend ähnlich sehen“, erläutert der Kriminalbeamte.

Auf diesen Fake-Seiten ist alles gefälscht, die Logos, die Fotos, die angeblichen Bewertungen durch andere Nutzer. Das erkennt man in erster Linie an der falschen Internetadresse. Die ähnelt aber der Original-Adresse oft so stark, dass dies gerade auf mobilen Geräten häufig nicht sofort auffällt. Ein weiteres Indiz für eine Fälschung ist, dass die Links auf weiterführende Seiten, wie beispielsweise Hilfeseiten, Kontakt und Ähnliches ins Leere führen, denn dies ist bei den echten Anbietern natürlich nicht der Fall.

Der angebliche Vermieter behauptet dann gerne, dass er den gesamten Vermietungsprozess über diese Plattform abwickeln will. Die geforderte Anzahlung soll auf einem Treuhandkonto des Portals liegen und erst an ihn ausgezahlt werden, sobald der Mietvertrag tatsächlich unterzeichnet ist. Oft wird auch noch zeitlicher Druck gemacht, beispielsweise, dass die Transaktion innerhalb von 24 Stunden abgeschlossen sein muss. Manchmal heißt es auch, dass nicht der Vermieter selbst, sondern ein Mitarbeiter von Airbnb die Wohnung zeigen wird. 

Das alles ist natürlich glatt gelogen. „Diese Plattformen bieten überhaupt keinen solchen Vermietungsservice an“, sagt Ebbertz. Kommt der angebliche Vermieter mit solchen Vorschlägen, sollte man also den gesamten Prozess sofort abbrechen, denn es handelt sich um einen Betrugsversuch.

Vorsicht vor Identitätsklau!

Besonders perfide: Häufig verlangen die Kriminellen vorab Ausweiskopien, Schufa-Informationen oder andere Dokumente vom Mietinteressenten. Manchmal wollen sie ohne diese Dokumente sogar keinerlei Informationen zu der Wohnung herausgeben – beispielsweise Fotos schicken oder die entsprechende Website freischalten. 

Doch Vorsicht! „Mithilfe solcher Dokumente können die Betrügerinnen und Betrüger die Identität des Opfers annehmen und in seinem Namen weitere Straftaten begehen“, warnt der erfahrene Kriminalkommissar. Damit hat das nichts ahnende Opfer nicht nur Geld verloren, sondern auch noch endlose Scherereien, um die eigene Unschuld zu beweisen. Deshalb sollte man solche Dokumente zwar auf Verlangen bei der Besichtigung vorzeigen, aber niemals vorab herausgeben. Selbstverständlich sollte man auch keine persönlichen Daten wie beispielsweise das Geburtsdatum, Arbeitgeber oder die Bankverbindung vorab bekanntgeben.

Niemals online identifizieren und den Kontakt sofort abbrechen

Immer häufiger gibt es Fälle, wo die angeblichen Vermieter eine Identitätsprüfung per online-ID-Verfahren verlangen – angeblich, um die tatsächliche Identität des Mietinteressenten zu bestätigen oder auch, weil ein Kautionskonto angelegt werden soll. „Tatsächlich geht es dabei aber meist darum, ein Bankkonto auf den Namen des Opfers einzurichten“, warnt Simon Ebbertz. 

Die Masche läuft dabei immer gleich: Die Täter beantragen das Konto und bereiten alles vor. Dadurch haben sie natürlich auch sämtliche Zugangsdaten für das Konto. Von dem Opfer verlangen sie dann „nur noch“ eine Online-Identifizierung, beispielsweise per Foto-Ident-Verfahren oder per Video-Ident-Verfahren. Damit wird das Bankkonto auf den Namen des nichts ahnenden Opfers freigeschaltet und die Betrüger können nach Belieben über dieses Konto verfügen. „Ein solches Konto können die Tatverdächtigen beispielsweise zur Geldwäsche oder für andere kriminelle Delikte nutzen“, erläutert der Kriminalkommissar.

Der Experte rät deshalb dringend: Egal, wie plausibel die Gründe des angeblichen Vermieters klingen, egal, wie verzweifelt man nach einer Wohnung sucht – wenn der angebliche Vermieter ein solches Online-Identifizierungsverfahren fordert, sollte man auf keinen Fall mitmachen und den Kontakt umgehend abbrechen.

Was tun, wenn man doch gezahlt hat?

Ist trotz aller Vorsicht etwas passiert, ist das Geld leider meist weg. Trotzdem sollte man schon bei einem Betrugsverdacht Anzeige erstatten – ansonsten kann die Polizei nicht aktiv werden. 

Außerdem sollte man schon beim bloßen Verdacht auf seltsame Machenschaften die Hausbank informieren – vielleicht kann man gezahltes Geld ja doch noch zurückholen. Gegebenenfalls sollte man zudem die vom falschen Identitätsverfahren betroffene Bank sowie die betroffenen Portale informieren. Deren Mitarbeiter prüfen solche Fälle nämlich schon im eigenen Interesse meist sehr genau und reagieren umgehend auf unseriöse Machenschaften.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

Alle Beiträge der Autorin