Über Abmahnungen hört man ja manches – etwa, dass man mindestens drei bekommen haben muss, um gekündigt werden zu können. Aber stimmt das überhaupt? Spätestens dann, wenn man selbst einmal eine Abmahnung kassiert, beschäftigt man sich näher mit den juristischen Details: Muss ich mir um den Job Sorgen machen? Kann ich die Abmahnung rückgängig machen? aktiv hat einen Arbeitsrechtler gefragt, wie die Gesetzeslage rund um das heikle Thema aussieht.

Was ist eine Abmahnung?

Eine Abmahnung ist die formale Rüge. Sie bezieht sich auf ein bestimmtes, vertragswidriges Verhalten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber weist die Betroffenen durch die Abmahnung auf das Fehlverhalten und die Pflichtverletzung hin. Zugleich fordert er dazu auf, sich künftig pflichtbewusst zu verhalten. Zur Abmahnung gehört auch zu erklären, dass im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung drohen. 

Damit hat die Abmahnung drei Funktionen, erklärt Professor Franz-Josef Rose, Leiter Arbeitsrecht beim Arbeitgeberverband Hessenmetall: „Sie hat eine Hinweisfunktion – macht also auf das Fehlverhalten aufmerksam. Zweitens hat sie eine Rügefunktion – sie beanstandet ein Verhalten als pflichtwidrig – und drittens hat sie eine Warnfunktion, droht somit Konsequenzen an.“

Ohne die Warnfunktion handelt es sich nur um eine Ermahnung. Diese ist ein milderes Mittel zur Abmahnung. Häufig ist die Abmahnung die Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung.

Welches Verhalten ist abmahnfähig?

Abmahnfähig ist jedes Verhalten, das arbeitsvertragliche Pflichten schuldhaft verletzt. Rose erläutert: „Dabei spielen nicht nur Regelungen im Arbeitsvertrag eine Rolle. Sondern es kann auch wegen Verhaltens abgemahnt werden, dessen Pflichtwidrigkeit sich aus dem Gesetz oder Tarif oder betrieblichen Regelungen ergibt.“ 

Häufige Beispiele für abmahnfähiges Verhalten sind:

  • unentschuldigtes Fehlen,
  • Verlassen des Arbeitsplatzes ohne Erlaubnis,
  • unangemessenes Verhalten gegenüber Kunden, Kollegen oder Vorgesetzten oder
  • die Arbeitsmittel ohne Erlaubnis privat zu nutzen.

Wichtig: Nicht jedes Fehlverhalten rechtfertigt automatisch eine Abmahnung. Es muss ein gewisser Grad an Erheblichkeit vorliegen. Der Experte ergänzt: „Kleine Nachlässigkeiten oder Irrtümer ohne erkennbares Verschulden können in der Regel nicht abgemahnt werden.“

Muss eine bestimmte Form eingehalten werden?

Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben, sodass eine Abmahnung sogar mündlich erfolgen kann. Aufgrund der Beweisbarkeit und Rechtssicherheit sollte eine Abmahnung jedoch schriftlich erfolgen. 

Die Abmahnung sollte Folgendes enthalten:

  • die Beschreibung des Fehlverhaltens in möglichst genauer Form – Zeit, Ort und Handlung,
  • einen Hinweis auf die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten,
  • eine Aufforderung, sich künftig vertragstreu zu verhalten, und
  • eine Androhung der arbeitsrechtlichen Konsequenzen im Wiederholungsfall.

Wer kann eine Abmahnung aussprechen?

Weisungsbefugte Personen können abmahnen. Das sind diejenigen, die der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer gegenüber arbeitsrechtliche Anordnungen erteilen dürfen.

Befugt ist natürlich der Arbeitgeber selbst. Er kann dann die Befugnis auf die Personalabteilung oder Führungskräfte übertragen. 

Was passiert, wenn man eine Abmahnung hat?

Eine unmittelbare Folge der Abmahnung ist zunächst, dass das Fehlverhalten in der Personalakte dokumentiert ist. Sie kann eine verhaltensbedingte Kündigung ermöglichen.

Wie viele Abmahnungen gehen einer Kündigung voraus?

Wiederholt die abgemahnte Person eine vergleichbare Pflichtverletzung trotz der Warnung oder hat sie Abmahnungen aus verschiedenen Gründen erhalten, ist dies unter Umständen die Basis für eine verhaltensbedingte Kündigung. Diese muss dann zeitlich und inhaltlich auf der abgemahnten Pflichtverletzung aufbauen.

Pauschal kann man jedoch nicht sagen, „dass nach einer bestimmten Anzahl Abmahnungen grundsätzlich gekündigt werden kann“, sagt Rose. Eine Untergrenze von mindestens drei Abmahnungen vor einer Kündigung existiert nicht.

Ebenso ist es ein Trugschluss, dass drei Abmahnungen bereits eine Kündigung darstellen. Wie häufig vor einer Kündigung abgemahnt werden sollte, hängt von der Schwere des Fehlverhaltens ab. So ist immer im Einzelfall zu betrachten, ob die Abmahnungen rechtlich wirksam sind und die Kündigung verhältnismäßig ist. 

Wie wehre ich mich gegen eine Abmahnung?

Die Abgemahnten können vom Arbeitgeber verlangen, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen, wenn sie meinen, dass diese zu Unrecht ergangen ist. Im Wesentlichen sind die folgenden Punkte angreifbar: 

  • Die Abmahnung ist inhaltlich unzutreffend/faktisch falsch.
  • Sie ist formell fehlerhaft. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Sachverhalt unklar dargestellt oder die Pflichtwidrigkeit nicht benannt ist.
  • Die Abmahnung ist unverhältnismäßig – etwa, wenn es sich um eine Bagatelle handelt.
  • Sie ist veraltet: Nach mehreren Jahren ohne pflichtwidriges Verhalten kann ein Anspruch darauf bestehen, die alte Abmahnung aus der Akte herauszunehmen.

Der Arbeitnehmer kann auch auf Entfernung der Abmahnung aus der Akte klagen. „In der Regel dürfte aber das Gespräch mit dem Arbeitgeber zunächst zielführender sein“, empfiehlt Rose.

Muss ich mich zur Abmahnung äußern?

Betroffene können sich zur Abmahnung äußern, wenn sie das möchten. Eine Pflicht besteht nicht. 

Aus betrieblichen oder tariflichen Regeln kann sich die Arbeitgeberpflicht ergeben, die betroffene Person vor einer Abmahnung anzuhören.

Sind Fristen zu beachten?

Es gibt keine starre gesetzliche Frist. Die Abmahnung muss aber zeitnah zum Vorfall erfolgen. Sonst erfüllt sie ihre Warnfunktion nicht. Wird das Verhalten für einen langen Zeitraum nicht abgemahnt, kann eine Abmahnung unverhältnismäßig sein.

Wer sich gegen eine Abmahnung wehren will, muss keine Frist einhalten. Man kann jederzeit verlangen, die Abmahnung aus der Akte zu entfernen.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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