Gründe für eine Kündigung gibt es viele. Unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten etwa, Fehlverhalten des Arbeitnehmers oder Änderungen der Betriebsstruktur. Oft versüßt der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter die Trennung mit einer beträchtlichen Summe. Den Weg zur Abfindung erklärt Michael Felser, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Bonn.

Gibt es einen Anspruch auf Abfindung, was sagt das Arbeitsrecht dazu?

Einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung hat der Arbeitnehmer nicht. Bei Umstrukturierungen in größeren Unternehmen, die mit Massenentlassungen verbunden sind, gibt es jedoch in der Regel einen Sozialplan, aus dem sich Ansprüche auf eine Abfindung ableiten können. Damit versucht der Betriebsrat, die negativen Folgen des Arbeitsplatzabbaus abzumildern. Obwohl es also keinen Rechtsanspruch gibt, werden oft Abfindungen nach einer Kündigung gezahlt. 

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Warum werden überhaupt Abfindungen vom Arbeitgeber gezahlt?

Mit der Abfindung kauft sich der Arbeitgeber vom Risiko einer Klage gegen die Kündigung frei. Wenn der Chef eine Abfindung anbietet, verzichtet der Arbeitnehmer im Gegenzug auf eine Kündigungsschutzklage – so lautet die Abmachung. Wäre die Klage nämlich erfolgreich, müsste der Arbeitnehmer weiter beschäftigt werden, was das Unternehmen aber auf keinen Fall will. Eine Klage auf Abfindung gibt es übrigens nicht.

Bei einer Kündigung ist es also ratsam, mit einer Kündigungsschutzklage zu drohen?

Man sollte in jedem Fall die Kündigung zunächst von einem Anwalt prüfen lassen, weil viele Kündigungen fehlerhaft sind, sie etwa nicht stichhaltig begründet werden. Allerdings muss das Kündigungsschreiben keine Begründung enthalten. Gibt es aber Fehler, erhöht die Ankündigung einer Klage die Wahrscheinlichkeit auf Abfindung enorm, 80 bis 90 Prozent der Klagen vor Gericht werden mit einem Vergleich beziehungsweise einer Abfindung beendet.

Wie hoch kann denn der Abfindungsanspruch ausfallen, also wie viel Geld gibt es?

Die Arbeitsgerichte schlagen in der Regel 0,5 Brutto-Monatsgehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit als Abfindung vor. Wenn jemand also nur ein Jahr beschäftigt war, fällt die Abfindung gering aus. In diesem Fall sollte der Anwalt versuchen, mehr Geld rauszuholen.

Gibt es Unterschiede zwischen normalen Arbeitnehmern und Führungskräften bezüglich der Abfindung?

In der Praxis zeigt sich, dass bei Führungskräften höhere Abfindungen durchsetzbar sind, hier werden oft 0,75 bis 1,0 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr angesetzt. Das liegt zum Beispiel daran, dass die gekündigte Führungskraft über ein gutes Insiderwissen verfügt, das sie bei der Verhandlung um die Abfindung einsetzen kann. Im Vergleich zu einem normalen Angestellten hat eine Führungskraft einen besseren Einblick in die Gründe für die Kündigung und in die Sozialauswahl und spricht auf Augenhöhe mit den Personalchefs.

Wie geht man bei den Verhandlungen um eine Abfindung am besten vor?

Der Mitarbeiter sollte die Kündigung gründlich von einem Anwalt untersuchen lassen, um die Möglichkeiten bei einer Abfindungs-Verhandlung auszuloten. Es muss dem Unternehmen schließlich deutlich gemacht werden, warum die Kündigung fehlerhaft ist und eine Klage deshalb Erfolg hätte.

Auch die anschließende Verhandlung um die Abfindung übernimmt meistens der Anwalt. Er weiß einzuschätzen, ob ein Angebot günstig ist oder nicht. Das erste Angebot sollte man aber nicht annehmen, denn es ist ja klar, dass der Arbeitgeber nicht gleich mit dem Geldkoffer um die Ecke kommt. Da ist viel Strategie im Spiel. Es hilft zum Beispiel zu wissen, was das Unternehmen in der Vergangenheit gezahlt hat. Davon kann es dann schlecht abweichen.

Eine Kanzlei zu beauftragen, ist ja nicht gerade günstig

Wichtig ist, rechtzeitig eine Rechtschutzversicherung abzuschließen. Eine Kündigung kündigt sich ja meistens an, etwa in Form einer Abmahnung oder bei einem unschönen Personalgespräch, zum Beispiel wegen Fehlzeiten. Aber auch betriebsbedingte Kündigungen haben eine Vorgeschichte. Es gibt kaum Kündigungen, die aus heiterem Himmel fallen.

Muss eine Abfindung immer aus einer Geldzahlung bestehen?

Möglich ist beispielsweise auch, stattdessen die Kündigungsfrist um ein paar Monate zu verlängern. Dann wird oft eine Turboklausel vereinbart, wonach der Mitarbeiter jederzeit gehen kann, wenn er einen neuen Job hat. Oft ist es besser, mehr Zeit zu haben, um nicht jeden Job annehmen zu müssen.

Wird die Abfindung mit dem Arbeitslosengeld verrechnet?

Nur, wenn die Kündigungsfrist nicht eingehalten wird. Dann wird die Abfindung etwa bis zum Ende der Frist auf das Arbeitslosengeld angerechnet, also gekürzt. Die Abfindung muss auch versteuert werden, Sozialversicherungsbeiträge müssen darauf aber nicht gezahlt werden. Allerdings muss man bei jeder Einigung aufpassen, dass die Arbeitsagentur keine Sperrzeit wegen Jobaufgabe verhängt, dann gibt es zwölf Wochen lang kein Arbeitslosengeld.

Wie schnell muss der Arbeitnehmer nach einer Kündigung reagieren?

Innerhalb von drei Wochen muss eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden, sonst ist die Kündigung rechtmäßig. Man muss also mit dem Arbeitgeber zügig über eine Abfindung verhandeln, die Einigung muss schließlich innerhalb der 21 Tage auch schriftlich fixiert sein. Eigentlich sollte man sofort nach der Kündigung zum Anwalt gehen oder zur Gewerkschaft. Manche Mängel im Kündigungsschreiben müssen nämlich unverzüglich gerügt werden, etwa, wenn nicht der Personalchef unterschrieben hat, sondern nur der Teamleiter. So etwas muss unverzüglich, also schon nach wenigen Tagen beanstandet werden.

Tobias Christ
Autor

Nach seinem Germanistik-Studium in Siegen und Köln arbeitete Tobias Christ als Redakteur und Pauschalist bei Tageszeitungen wie der „Siegener Zeitung“ oder dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Derzeit schreibt er als freier Journalist Beiträge für Print- oder Onlinemedien. Für aktiv recherchiert er vor allem Ratgeberartikel, etwa rund um die Themen Mobilität und Arbeitsrecht. Privat wandert der Kölner gern oder treibt sich auf Oldtimermessen herum.

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