Am 15. Mai ist es wieder so weit: Dann wird eine Volkszählung abgehalten, die Auskunft darüber geben soll, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie wir wohnen und arbeiten. Was man dazu wissen sollte, erklärt hier Projektleiter Stefan Dittrich vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden.

Was ist eigentlich der Zensus?

Der Zensus wird auch große Volkszählung genannt. Mit ihm soll zunächst einmal festgestellt werden, wie viele Einwohner Deutschland hat, denn die Daten in den Meldeämtern sind nicht immer auf dem neuesten Stand.

Es gibt sowohl Über- als auch Untererfassungen. Übererfassung bedeutet, dass Personen im Melderegister stehen, die an der angegebenen Anschrift gar nicht mehr wohnen. „Eine Untererfassung liegt vor, wenn Personen an einer Anschrift wohnen, im Melderegister dort aber nicht eingetragen sind“, so Dittrich. Verantwortlich für die Durchführung des Zensus sind die Statistischen Landesämter, das Statistische Bundesamt bereitet die Erhebung vor und verarbeitet die erhobenen Daten. Bei den Erhebungen vor Ort tragen aber auch die Kommunen in großem Maße zum Gelingen des Zensus bei.

Wie oft wird der Zensus durchgeführt?

Normalerweise soll er regelmäßig alle zehn Jahre abgehalten werden. Eigentlich wäre er demzufolge nach der letzten Erhebung im Jahr 2011 turnusmäßig schon 2021 an der Reihe gewesen, wurde aber wegen Corona auf dieses Jahr verschoben.

Wofür werden die Daten beim Zensus erhoben?

Das Wissen über die Einwohnerzahlen ist die Basis für viele Entscheidungen auf Gemeinde-, Länder- und Bundesebene, daher muss es möglichst genau sein. Festgestellt werden kann damit zum Beispiel, wie viele Schulen gebraucht werden oder ob es genug Altenheime gibt.

Die Informationen sind aber auch entscheidend für die Einteilung der Wahlkreise, die Stimmverteilung im Bundesrat oder den Länderfinanzausgleich und somit auch wichtig für die demokratischen Strukturen und Prozesse. Ebenso hängt zum Beispiel das Gehalt des Bürgermeisters einer Gemeinde davon ab, wie viele Einwohner diese hat.

Welche Fragen werden beim Zensus gestellt?

Abgefragt werden Daten etwa zur Staatsangehörigkeit, Zuzug, Bildung oder beruflichen Situation, da solche Informationen nicht bereits in anderen Registern abgespeichert sind.

Besonderes Thema beim Zensus 2022: Wie viele Wohnungen gibt es in Deutschland

Gemeinsam mit der diesjährigen Volksbefragung soll außerdem der Gebäude- und Wohnungsbestand in ganz Deutschland erhoben werden, da es hierzulande kein bundesweites, einheitliches Register dafür gibt. Daher sollen unter anderem sämtliche Eigentümer von Wohnimmobilien – insgesamt etwa 23 Millionen Personen – Auskunft erteilen. Die Ergebnisse bilden eine wichtige Grundlage für wohnungspolitische Entscheidungen und Maßnahmen der Raumplanung.

Erstmals werden so auch Fragen zur Energetik der Gebäude mit aufgenommen. Das beinhaltet zum Beispiel, mit welchen Haupt-Energieträgern geheizt wird, also etwa Öl, Gas oder Kohle. Ebenfalls wird zum ersten Mal nach einem Leerstand und den Gründen dafür gefragt.

Wird jeder bei der großen Volkszählung befragt?

Nein. Für die Erhebung werden nicht alle Einwohner Deutschlands befragt – das geschah auf dem Gebiet des früheren Bundesgebiets zuletzt im Jahr 1987. Damals mussten sämtliche Bürger an der Volksbefragung teilnehmen und Auskunft geben.

Stattdessen wird jetzt ein sogenannter registergestützter Zensus durchgeführt. Das heißt, viele Daten werden bereits vorliegenden Statistiken entnommen. „Um diese gegen Ungenauigkeiten abzusichern, wird zusätzlich eine Befragung in Form von Interviews bei rund 10 Prozent der Bevölkerung durchgeführt“, erklärt Dittrich.

Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften, wie zum Beispiel Studentenwohnheimen werden komplett befragt, weil hier besonders häufig ungenaue Daten vorliegen. Insgesamt sollen so gut elf Millionen Menschen involviert sein.

Kann man die Teilnahme am Zensus verweigern?

Nein: Es besteht eine Auskunftspflicht. Wer für die Teilnahme ausgesucht wird, entscheidet ein mathematisch-statistisches Zufallsverfahren. Der- oder diejenige bekommt einen Terminvorschlag von der zuständigen Gemeinde per Post zugesandt. Zu dem vorgeschlagenen Termin kommt dann eine Interviewerin oder ein Interviewer bei der entsprechenden Anschrift des zu befragenden Haushalts vorbei.

Ist der Angeschriebene an den vorgeschlagenen Termin verhindert, kann er über die Kontaktdaten im Einladungsschreiben einen neuen Termin vereinbaren. Die Interviewer haben einen Ausweis, den sich jeder zeigen lassen sollte vor der Befragung zeigen lassen sollte.

Was passiert, wenn man am Zensus nicht teilnehmen will?

Wer trotz der Mitwirkungspflicht die Teilnahme ablehnt, kann mit einem Bußgeld belegt werden. Wie hoch das ausfällt, legen die Statistischen Landesämter fest.

Wie läuft der Zensus ab?

Die Befragung findet aus einer Mischung zwischen einem persönlichen Interview und online auszufüllenden Fragebögen statt. Bei der persönlichen Befragung geht es etwa um Daten wie Name, Adresse, Geburtsdatum, Geschlecht und die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen. Nach dem persönlichen Interview können weitere Fragen – beispielsweise zur Erwerbstätigkeit oder zum Bildungsstand – online beantwortet werden.

Die übrigen Fragebögen sollen möglichst elektronisch bearbeitet werden. Dafür erhält man vom Interviewer Zugangsdaten. Die Bearbeitungszeit der Bögen schwankt je nach der individuellen Situation. Denn nicht jeder der Ausgesuchten muss alle Fragen beantworten; teils dauert die Beantwortung nur wenige Minuten, maximal sollen es bis zu 15 Minuten sein.

Wer sich die Fragen anschauen möchte, findet sie auf einer Sonderseite des Statistischen Bundesamtes:zensus2022/Fragebogen.

Zensus und Mikrozensus: Was ist der Unterschied?

Im Gegensatz zum alle zehn Jahren stattfindenden Zensus wird der Mikrozensus jährlich abgehalten. Als kleine Bevölkerungsbefragung ist daran mit 810.000 Menschen und 370.000 Haushalten sowie Gemeinschaftsunterkünften rund 1 Prozent der Bevölkerung beteiligt.

Ausgewählt werden aber nicht etwa die Teilnehmer selbst. Stattdessen werden die Gebäude bestimmt, deren Bewohner dann die Auskünfte geben müssen. Wer dazugehört, ist verpflichtet, bis zu viermal in fünf Jahren die Fragen zu beantworten. Wie beim Zensus besteht auch hier eine Auskunftspflicht, bei deren Verweigerung ein Bußgeld verhängt werden kann.

Was wird beim Mikrozensus abgefragt?

Beim Mikrozensus werden verschiedene Themenbereiche abgefragt, von denen die Kernfragen jeder beantworten muss, während Unterthemen jeweils nur einem Teil der Befragten vorgelegt werden. Zu den Kernfragen zählen unter anderem folgende Bereiche: das Geburtsjahr, der Familienstand, das Einkommen, die Erwerbstätigkeit, die Internetnutzung oder auch die Bildung. Auch die Herkunft der Befragten gehört zum Fragenkatalog.

Der Mikrozensus erhebt deutlich detailliertere Informationen über die Entwicklung der Gesellschaft sowie der Wirtschaft. Die Ergebnisse gehen zum Beispiel in das Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ein, in den Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung oder die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ein.

Was passiert mit abgefragten, persönlichen Daten?

Wegen des Rechts auf informelle Selbstbestimmung dürfen in der Auswertung der großen und kleinen Volksbefragungen keine Rückschlüsse auf konkrete Personen möglich sein. Daher werden Daten, anhand denen Personen identifiziert werden könnten, so früh wie möglich von den anderen Angaben abgetrennt und anschließend gelöscht.

Die Interviewer und sämtliche Mitarbeiter in den statistischen Ämtern unterliegen der Pflicht zur Geheimhaltung sowie der Schweigepflicht. Die erhobenen Daten werden nur nach geeigneten Geheimhaltungsmaßnahmen veröffentlicht, damit keine Rückschlüsse auf die Befragten möglich sind. Ausgefüllte Online-Fragebögen werden zudem nur verschlüsselt übertragen und einzelne Daten grundsätzlich nicht weitergegeben.

  • Was früher anders war: Die beiden Grafiken oben zeigen den Altersaufbau der deutschen Bevölkerung – heute und vor 70 Jahren. Damals gab es bei uns noch fast die klassische Bevölkerungspyramide, freilich gezeichnet durch die starken Einschnitte der beiden Weltkriege. Heute gibt es mehr Alte als Junge. Und: Die Menschen in Deutschland leben deutlich länger als früher.
  • Was das bedeutet: 1952 war kaum ein Zehntel der Bundesbürger im Rentenalter, heute ist es rund ein Fünftel! Der Anteil der unter 20-Jährigen ist in den letzten 70 Jahren von knapp einem Drittel auf weniger als ein Fünftel geschrumpft. Die Hälfte der Bevölkerung ist heute über 45 Jahre alt.
  • Warum das wichtig ist: Die Auswirkungen dieses demografischen Wandels sind vielschichtig und betreffen etliche Bereiche: vom Rentensystem über die Kranken- und Pflegeversicherung bis hin zum Wohnungsbedarf und zur Verkehrsplanung.

Weitere ausführliche Informationen zum Zensus finden Interessierte auf der Seite des Statistischen Bundesamtes: zensus2022.de/Zensus

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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