Baden-Baden. Firmengewinne nicht „nur“ investieren oder ausschütten – sondern großzügig verteilen: Das Ziel verfolgen auch so manche Chemieunternehmen. Sie engagieren sich in Form einer Stiftung für die Gesellschaft und investieren hier große Summen. Warum tun sie das? „Primär für die Sache selbst“, sagt Joris-Johann Lenssen. Er ist Projektleiter des Thinktanks „Zivilgesellschaft in Zahlen“, der eine Tochtergesellschaft des Stifterverbands ist. „Aber Unternehmen sehen auch den Mehrwert für sich als Organisationen: Gesellschaftliches Engagement wird mehr und mehr zu einem Muss, um Talente anzuziehen und zu halten.“
aktiv stellt drei Beispiele aus Baden-Württemberg vor:
Cesra: Geld für humanitäre Projekte in aller Welt
Kaum einer weiß, wie Cesra, Spezialist für Naturarzneimittel in Baden-Baden, mit seinem Erlös anderen hilftl: „Alle Gewinne, die nicht reinvestiert werden oder zur Sicherung der Firma und der Arbeitsplätze notwendig sind, fließen in die gemeinnützige Redel Stiftung“, erklärt Geschäftsführer Ludger Kornfeld. Das Geld kommt bedürftigen Menschen zugute nach Katastrophen, etwa Natur- und Kriegsereignissen. In den 80er Jahren beschlossen die Nachkommen des Firmengründers, die Gewinne für soziale Zwecke zu spenden. Dazu gründeten sie 1988 die Redel Stiftung, die nun Eigentümerin des Unternehmens ist. „Wenn das Unternehmen profitabel arbeitet, kann damit anderen Menschen geholfen werden. Alles, was in diese Stiftung fließt, wird zu 100 Prozent für soziale Zwecke verwendet. Einzelpersonen wie Erben sind nicht existent“, so Kornfeld. Oft geht es um internationale Projekte in Afrika, Lateinamerika oder Asien. Es gibt auch lokale Aktivitäten in Baden-Baden: „Zum Beispiel für Migranten, die integriert werden wollen.“
CHT: Helfen gehört zum Leben
1953 gründete Reinhold Beitlich die CHT als Chemische Fabrik Tübingen – heute ist das eine weltweit agierende Unternehmensgruppe. CHT-Spezialchemikalien dienen als Funktionsgeber, Hilfsmittel und Additive für industrielle Prozesse. Die Eheleute Beitlich fanden: „Helfen gehört zum Leben.“ Sie trennten sich vom größten Teil ihres Vermögens und errichteten damit 1983 die Reinhold Beitlich Stiftung. Das Fundament des finanziellen Engagements für Erziehung, Bildung, Soziales, Umwelt, Wissenschaft und Forschung sind nun jährliche Ausschüttungen der CHT Gruppe. Mehr als 14 Millionen Euro flossen so seit den 80er Jahren in wohltätige Projekte. Heute unterstützt die Stiftung jährlich rund 250 Projekte und einzelne Maßnahmen.
Wala: Wirtschaften als soziales Ereignis
„Ein Unternehmen sollte dem Menschen dienen“, fand Rudolf Hauschka, als er 1935 Wala Heilmittel gründete. Das Stiftungsunternehmen stellt Arzneimittel und Naturkosmetik her. Nach dem Motto: „Aus der Natur für den Menschen.“ Die Basis sind ausgewählte natürliche Stoffe: Sie stammen aus fairen Handelsbeziehungen und, soweit möglich, aus biologischem Anbau. Damit das so bleibt, wurde das Unternehmen 1986 in die Wala-Stiftung überführt. So investiert die Wala heute nicht nur in die Qualität ihrer Produkte, sondern auch in die Entwicklung der rund 1.000 Mitarbeitenden am Stammsitz im schwäbischen Eckwälden/Bad Boll. „Dass wir ein derart umfangreiches und vielfältiges Arzneimittel-Sortiment anbieten können, ist nur möglich, weil uns eine Stiftung trägt“, sagt Armin Dörr, Leiter Vertrieb und Märkte. „So halten wir auch einige Arzneimittel, die zwar unwirtschaftlich, aus unserer Sicht aber unverzichtbar sind.“
Dr. Sabine Latorre war bei aktiv 22 Jahre lang die Spezialistin für Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie – bis zu ihrem Rentenbeginn im April 2024. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Außerdem schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.
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