Frankfurt. Um seine Kapazitäten auszubauen, investiert Siemens derzeit rund 30 Millionen Euro in das Schaltanlagenwerk in Frankfurt-Fechenheim. Bis zum Jahr 2025 sollen zu den schon bestehenden 1.700 Arbeitsplätzen 200 weitere Stellen hinzukommen – vorrangig im Produktionsbereich.

„Diese Stellen gut zu besetzen, das ist bei dem derzeitigen Fachkräftemangel eine echte Herausforderung“, erklärt Rainer Welzel, der für das Werk zuständige Personalleiter. Neben den üblichen Wegen bei der Personalsuche nutzen er und sein Team deshalb nun auch künstliche Intelligenz – in Form von Chatbots, die Fragen autonom beantworten.

Die ersten Stellen sind schon besetzt: Mit dem Chatbot ging das erstaunlich flott

„Chatbots sind für uns ein neuer Ansatz bei der Personalsuche. Und sie machen einen echt guten Job“, freut sich Siemens-Personalmanagerin Claudia Grimsel. Seit Ende Februar sind die virtuellen Helfer im Einsatz, schon im April konnte Grimsel die ersten drei Stellen besetzen.

Die „Chefin“ der Chatbots hatte Manager Welzel im Rahmen einer Veranstaltung des Arbeitgeberverbands Hessenmetall kennengelernt: Corinna Haas ist Gründerin und Geschäftsführerin von inga. Dieses Frankfurter IT-Start-up entwickelt maßgeschneiderte Online-Werbung, die über Social-Media-Kanäle auch Menschen erreicht, die zwar keine Stelle suchen, sich einen Jobwechsel aber vorstellen können. Mit gezielten Anzeigen zum Beispiel auf Facebook macht inga auf die Stellen aufmerksam. Hat jemand Interesse, informiert der Chatbot über die Stelle und das ausschreibende Unternehmen – und fragt auch nach der Berufserfahrung, besonderen Kenntnissen und Qualifikationen oder zum Beispiel nach der Bereitschaft zur Schichtarbeit. „Passt es auf beiden Seiten, ermöglichen die Chatbots einen einfachen und schnellen Kontakt zwischen dem Bewerber und dem potenziellen Arbeitgeber“, erklärt Haas.

Fachkräfte kontaktieren: Wenn der Produktionsleiter statt des Personalers anruft

Auch Oliver Reiber, der Produktionsleiter im Schaltanlagenwerk, ist begeistert von diesem neuen Weg. Vor allem erstaunte ihn, wie schnell Kandidaten gefunden wurden und wie gut die Profile der Bewerber auf die freien Stellen passten. Dass man dann auch selbst sehr schnell und flexibel reagieren muss, haben er und seine Kollegen bei inga gelernt.

„Der eine oder andere ist schon verblüfft, wenn nicht Personaler, sondern Teamleiter oder sogar ich als Produktionsleiter anrufe, um eine Stelle persönlich anzubieten“, sagt Reiber. „So eine schnelle Reaktion ist auch eine Form von Wertschätzung – und die können Menschen dann doch viel besser rüberbringen als jeder noch so gute Chatbot.“

Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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