Module, Kabel, Halterungen. Dazwischen Handwerker, die Bauteile aufs Dach hieven oder Folien anschweißen. Die Dächer der Werkhallen der Harsumer Firma Schlote waren diesen Sommer wochenlang eine einzige Baustelle. Der Grund: Der Autozulieferer hat seine Dachflächen so weit wie möglich mit Photovoltaik-Modulen belegt, um unabhängiger vom Stromnetz und den Preisen zu werden. Das Beispiel zeigt, wie Betriebe ihre Dächer zur Energieversorgung nutzen können – aber auch, welche Hürden sie dafür nehmen müssen.

Seinen Ausgang nahm das Projekt vor einem Jahr, als die Strom- und Gaspreise explodierten. Schlote, mit rund 350 Beschäftigten am Hauptsitz in Harsum und insgesamt 1.600 an einem halben Dutzend anderer Standorte, kaufte seinen Strom damals auf dem sogenannten Spotmarkt und musste enorme Summen dafür aufbringen: im September etwa 70 Cent pro Kilowattstunde. Laut Chef Jürgen Schlote lagen die Mehrkosten gegenüber den gewohnten Strompreisen bei rund 2,4 Millionen Euro – für nur einen Monat!

Für den Unternehmer war damals klar: Eine eigene Photovoltaik-Anlage muss her, und zwar so schnell wie möglich. Dass der selbst erzeugte Sonnenstrom nur einen Teil des Bedarfs decken könnte, war von Anfang an klar. Aber auch ein Teil macht bei einer Rund-um-die-Uhr-Produktion schon einiges aus.

Der selbst erzeugte Sonnenstrom reicht für 250 Haushalte

Wie viel, weiß die Unternehmerfamilie Schlote inzwischen recht genau. Exakt 2.538 Module sind auf den Werkhallen in Harsum installiert. Sie bedecken rund einen Hektar Dachfläche. Die meisten sind in Ost-West-Ausrichtung montiert, jeweils um 15 Grad geneigt. Das bedeutet eine gleichmäßigere Stromproduktion über den Tag. Bei Südausrichtung hingegen gibt es Spitzenwerte um die Mittagszeit herum. 850.000 Kilowattstunden pro Jahr sollen die Anlagen liefern – das entspricht dem Jahresverbrauch von etwa 250 Durchschnitts-Haushalten.

Der Unterschied zu den meisten privaten Anlagen: Schlote verbraucht so viel Strom – und zwar durch den durchlaufenden Betrieb so kontinuierlich –, dass der auf dem Dach erzeugte Strom vollständig im Werk verbraucht werden kann. Das Unternehmen muss keinen überschüssigen Strom zu niedrigen Vergütungssätzen ins Netz einspeisen und braucht auch keinen Speicher.

12 Prozent des jährlichen Strombedarfs deckt Schlote mit der Anlage ab

„Bei den aktuellen Strompreisen hat sich das in drei Jahren amortisiert“, sagt Philipp Schlote, Geschäftsführer der Tochterfirma Schlote Technology. Sinken die Strompreise weiter, dauere es etwas länger.Unterm Strich lohne sich die Investition finanziell auf jeden Fall, so Schlote: Die Photovoltaik-Anlage werde rund 12 Prozent des jährlichen Strombedarfs decken.

Inzwischen arbeiten die Maschinen in der Fabrik tatsächlich mit dem selbst erzeugten Ökostrom. Jürgen Schlote, Chef und Gesellschafter der Unternehmensgruppe, hätte es gern schneller gehabt. „Aber so schnell geht es eben nicht, wenn man das seriös machen will“, sagt Floyd Janning, Inhaber der von Schlote beauftragten Photovoltaik-Firma Sonnentaler aus Hildesheim.

Das liegt an mehreren Faktoren. Das größte Problem sei bei typischen Industriehallen mit Flachdach die Statik, so Janning: Werkdächer seien oft so leicht und günstig wie möglich gebaut worden und nicht dafür ausgelegt, Hunderte Module zu tragen. Auch bei Schlote wurde das Dach zur Herausforderung. Eine Prüfung ergab, dass große Teile saniert werden mussten. Außerdem würde die übliche Befestigung der Module nicht funktionieren: Halterungen, bei denen mit Steinen beschwerte Schienen eingesetzt werden, wären zu schwer geworden.

„Üblich ist auf einem Flachdach eine Last von 20 bis 30 Kilogramm pro Quadratmeter bei Photovoltaik“, sagt Janning. Bei Schlote durfte es nach Einschätzung der Statiker aber nur etwa die Hälfte sein. Also schwenkte man auf ein teureres Montagesystem um, bei dem die Module punktgenau auf die Dachhaut geschweißt werden. Das verzögerte die Bauarbeiten, denn bei Regen konnten die Fachleute ihre Schweißarbeiten nicht fortsetzen – und in diesem Sommer regnete es oft in Harsum.

Lange Lieferzeiten und komplexe Vorgaben

Doch die Statik ist nicht das einzige Thema, das bei Schlote und Sonnentaler im Vorfeld die Köpfe rauchen ließ. Nötig war auch ein eigener Trafo. Hier hatte Schlote Glück, schon über ein Trafohäuschen zu verfügen – die Lieferzeiten für solche Anlagen liegen laut Janning derzeit bei 70 Wochen. Zum Problem kann zudem die Versicherung werden, weil Vorgaben für den Brandschutz oft so rigide sind, dass selbst auf großen Dächern nur verhältnismäßig wenig Module aufgebaut werden dürfen.

Außer den finanziellen Einsparungen verbessern die Photovoltaik-Anlagen natürlich auch die CO2-Bilanz des Unternehmens. Das wiederum nehmen die Autohersteller, für die Schlote produziert, mit Blick auf ihre eigene CO2-Bilanz wohlwollend zur Kenntnis. Schließlich ist ein verminderter CO2-Fußabdruck längst zum Wettbewerbsvorteil geworden.

Auch ein eigenes Windrad ist möglich

Für den Autozulieferer aus Harsum ist das ein Anstoß, noch weiterzugehen in Sachen nachhaltiger Energie. Ein eigenes Windrad, eine Beteiligung daran oder ein Freiflächen-Photovoltaikpark – das alles ist durchaus denkbar, sagt Philipp Schlote.

Dabei lauern weitere Hürden: Steht eine solche Anlage nämlich nicht auf dem Firmengelände, kann der Betrieb den Strom nicht einfach direkt nutzen. Er muss ihn kaufen – selbst dann, wenn er eine direkte Leitung legen lassen würde. Gesetzesänderungen werden hier zwar politisch diskutiert. Sie scheinen aber noch in weiter Ferne.

Das macht Schlote:

  • Schlote ist Entwicklungspartner und Serienlieferant der Automobil- und Zulieferindustrie, der Gießereitechnik und des Maschinenbaus.
  • Kernkompetenzen sind die mechanische Bearbeitung von Komponenten und Bauteilen fürs Auto. Typische Produkte sind etwa Turbinengehäuse oder Abgaskrümmer, aber auch Komponenten wie Konsolen oder Kupplungsgehäuse.
  • Gegründet wurde der Betrieb 1969 im niedersächsischen Harsum. Ab 1991 entstanden weitere deutsche und ab 2003 ausländische Standorte, erst in Tschechien, später in China.
  • Außer für den Automobil-Bereich produziert Schlote auch Teile für Branchen wie Medizintechnik oder Luft- und Raumfahrt.