Schwabach. Mit 39 Jahren noch mal ganz neu anfangen im Beruf: Dafür braucht es Mut – und manchmal etwas Unterstütung. Die bekam Alina Oziorkina mit der „Chance Teilqualifizierung“ der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbände bayme vbm. Das Projekt gibt es bereits seit 2007.

Die Lettin aus Riga schaffte mithilfe des Projekts den Sprung in einen neuen Beruf: zur Fachkraft für Logistik. Sie hat eine feste Vollzeitstelle beim fränkischen Optik-Unternehmen Apollo in Schwabach, der sie während der gesamten Weiterbildung unterstützt und eng begleitet hat.

Die Teilqualifizierung verhilft Un- und Angelernten sowie Arbeitssuchenden zu einer zweiten Chance. Berufsausbildungen wie der Fachlagerist werden in einzelne Bausteine aufgegliedert, die die Teilnehmer nacheinander abschließen. Sind alle Module komplett, folgt die Facharbeiterprüfung.

Das Projekt hat zweierlei Nutzen. Wer mitmacht, erlernt Schritt für Schritt einen neuen Beruf. Und die teilnehmenden Betriebe bekommen die dringend benötigten Fachkräfte, passend ausgebildet zum Bedarf in ihrem Unternehmen.

Die Logistik-Spezialistin arbeitete früher als Köchin und als Zimmermädchen

Viele Jahre hatte Oziorkina als Köchin und Zimmermädchen gearbeitet, in ihrer Heimat Lettland und auch nachdem sie 2011 nach Deutschland gekommen war. „Diese Weiterbildung war eine Riesenchance für mich, in Deutschland Fuß zu fassen“, sagt sie. Dafür hat sie sich ziemlich reingehängt. In Rekordzeit schloss die Frau sämtliche Module ab. Dafür brauchte sie nur ein gutes Jahr.

Für das Unternehmen Apollo war sie die erste Kandidatin zur Teilqualifizierung. Geschäftsführer Jörg Ehmer ist hochzufrieden über den Verlauf. „Wir sind offen für neue Bildungswege“, betont er. Das Unternehmen wolle Menschen unterschiedlichen Alters qualifizieren, auch solche ohne klassische Berufsausbildung.

„Das modulare Qualifizierungsprogramm ist ein guter Schritt, um dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen“, findet Ehmer. Apollo hat in Deutschland rund 700 Auszubildende und mehr als 860 Filialen. Fachkräfte sind überall gesucht, in den Filialen, in der Dienstleistungszentrale und für Fertigung und Logistik in Schwabach, wo die Firma alle Brillen montiert.

Fleißig im Sprachunterricht und beim Gabelstapler-Führerschein

Quereinsteigerin Oziorkina gibt zu: „Über meinen neuen Beruf wusste ich zuvor wenig.“ Das änderte sich schnell. Versenden, sichern, Ein- und Ausgang von Waren – diese Tätigkeiten rund ums Lager gingen ihr schnell von der Hand. Auch die Rechnerei ist kein Problem. Flächen zum Abstellen neuer Ware berechnen, um die Paletten möglichst günstig anordnen: Das alles „macht Spaß“.

Und auch ganz praktische Dinge lernte die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen im Projekt und an ihrem neuen Arbeitsplatz. Den Gabelstapler-Führerschein hat sie schon im ersten Modul gemacht. Auch die deutsche Sprache hat sie mittlerweile gut im Griff, trotz anfänglicher Schwierigkeiten. Hier half der zusätzliche Deutschunterricht im Projekt.

Nachgefragt

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Über Logistik wusste ich so gut wie nichts. Doch dann habe ich ein Praktikum bei Apollo gemacht und mich dort für die Weiterbildung beworben.

Was reizt Sie am meisten?

Meine Lieblingsstation ist die Kommissionierung. Da ist man immer in Bewegung. Die Arbeitsgänge werden von Laserlicht gesteuert.

Worauf kommt es an?

Man muss bei den vielen Transaktionen immer den Überblick behalten. Etwa beim Umlagern der Ware oder dem Bestellen von Nachschub.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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