Köln. Bis 2030 fördert der Bund den Ausbau der E-Mobilität mit 7,7 Milliarden Euro. aktiv sprach mit Thomas Puls, Verkehrsexperte am Institut der deutschen Wirtschaft.

E-Autos werden immer beliebter, auch wegen der Kaufprämie. Sind die Subventionen der richtige Weg, um die Klimaziele zu erreichen?

Wir haben uns bisher zu sehr auf die Kaufprämien für Neufahrzeuge konzentriert. Weiter deutlich steigern können wir die Zulassungszahlen aber nur, wenn wir die Ladeinfrastruktur ausbauen. Anders werden die europäischen Klimaschutzziele im Straßenverkehr auch nicht zu erreichen sein. Denn nur wenn es mehr Lademöglichkeiten gibt, entscheiden sich auch diejenigen für E-Mobilität, die nicht in der heimischen Garage oder etwa auf dem Betriebsgelände laden können: die Bewohner von Mehrfamilienhäusern, die Laternenparker in den Innenstädten. Es ist das klassische Henne-Ei-Problem.

200 Ladesäulen kommen pro Woche hinzu, 2.000 müssen es sein. Warum geht das nicht schneller?

Weil sich mit Ladesäulen kaum Geld verdienen lässt. 80 bis 90 Prozent der Ladevorgänge finden heute im privaten Raum statt. Für eine öffentliche Ladesäule sind vielleicht 10 bis 15 Ladevorgänge je 30 Minuten am Tag realistisch, viele Säulen kommen nur auf zwei bis drei. Das reicht aber nicht, um die Kosten für Installation und Standplatz, Wartung, Versicherung und Abrechnungssysteme wieder reinzubekommen. Selbst mit Preisen von 1 Euro je Kilowattstunde kommen die Anbieter nicht wirklich auf einen grünen Zweig. Sie setzen vor allem darauf, dabei zu sein, wenn das Geschäft in der Zukunft mal wächst.

Im staatlichen Fördertopf sind doch 2,5 Milliarden Euro allein für die Ladeinfrastruktur vorgesehen.

Ohne deutliche Hilfe des Staates wird das Ausbauziel auch nicht zu erreichen sein. Aber es ist doch klar, dass wir nicht ewig so weitermachen können mit den Subventionen. Die Anschaffung eines Elektroautos muss sich auf Dauer für mehr Menschen lohnen als bisher.

Das müssen Sie erklären.

Elektroautos sind im Kaufpreis teuer und im Betrieb günstig. Die Anschaffung wird also über die Fahrleistung refinanziert, was den Kreis der potenziellen Käufer derzeit einschränkt. Diese Kluft zur Anschaffung eines Verbrenners wird bereits kleiner. Spätestens 2030 dürfte ein Verbrenner in der Anschaffung teurer sein als ein E-Auto.

Woran liegt das?

Die extrem hohen Preise für die Batterien dürften sinken – durch den Einsatz besserer Technik und weil auf Dauer weniger von den derzeit verwendeten teuren Materialien nötig ist. Andererseits werden die Verbrenner durch die extrem harten Schadstoff-Vorgaben der Norm Euro 7 in Zukunft deutlich teurer. Die Lücke schließt sich, und der Grund für die Subventionen entfällt. Ob das in fünf oder erst in zehn Jahren so weit ist, kann ich aber nicht sagen.

Noch mal zu den Klimazielen im Verkehrssektor: Welche Alternativen hat die Politik zu Subventionen, um sie zu erreichen?

Es geht ja darum, die Emissionen im Verkehrssektor bis 2030 auf 85 Millionen Tonnen jährlich zu senken, ausgehend von 160 Millionen Tonnen 2014. Auf EU-Ebene wird diskutiert, einen Emissionshandel im Verkehr einzuführen. Dann müssen, wie bereits im Energie- und Industriesektor, Zertifikate für den CO2-Ausstoß erworben werden. So sind bei der Stromerzeugung die CO2-Emissionen 2019 deutlich gesunken, weil die Kosten für Emissionszertifikate Braunkohlekraftwerke vom Markt verdrängt haben. Es funktioniert also besser als Subventionen.

Mehr dazu, wie der Umstieg auf E-Mobilität die Autozulieferer unter Druck setzt, lesen Sie auf aktiv-online.de.

Thomas Goldau
Redaktionsleiter aktiv

Thomas Goldau schreibt bei aktiv vor allem über Wirtschafts- und Politikthemen. Nach dem Politikstudium an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg und einem Zeitungsvolontariat beim „Offenburger Tageblatt“ hat er bei Tageszeitungen und einem Wirtschaftsmagazin über den Politikbetrieb in Bonn, Berlin und Brüssel berichtet. Privat zieht es den Familienvater regelmäßig mit dem Wohnmobil in die Ferne.

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