Stuttgart. Selbst am solidesten Unternehmen gehen Materialknappheit, hohe Energie- und Rohstoffpreise und Unsicherheiten bei der Energieversorgung nicht spurlos vorüber. Zwei Unternehmenschefs sprechen in aktiv darüber.

„Man hat zwar viele Aufträge, aber das Material fehlt hinten und vorne“

Olaf Furtmeier, CEO des Maschinen- bauers Burkhardt+Weber Fertigungssysteme (Reutlingen): „Im Vergleich zu dem, was wir momentan erleben, war Corona ein Klacks. In den Jahren 2020 und 21 mussten wir Hygieneregeln und Homeoffice managen – aber wir konnten produzieren. In diesem Jahr dagegen gibt es für Industriebetriebe wie uns eine Vielzahl an Stolpersteinen. Man hat zwar viele Aufträge, aber das Material fehlt hinten und vorne. Und die explodierenden Energiepreise machen es schwer, das Budget für die nächsten Jahre vorauszuplanen.

Hinzu kommt: In China warten noch viele Maschinen darauf, dass wir sie aufbauen und in Betrieb nehmen können. Es gibt aber immer noch Einreisebeschränkungen, Quarantänebestimmungen und außerdem keine Flüge. Dadurch ist sehr viel Geld gebunden. Das alles zusammen ist eine komplexe und sehr, sehr schwierige Mischung.

Unsere Mannschaft ist ein starkes, hoch motiviertes Team. Aber manche Dinge haben wir einfach nicht in der Hand. Die Materialverfügbarkeit können wir nur bedingt beeinflussen, ebenso wenig eine zuverlässige Energieversorgung, die wir natürlich unbedingt brauchen. Wir müssen täglich auf neue Situationen reagieren. Das ist der Unterschied zu allen bisherigen Krisen, die ich in 30 Jahren in diesem Business erlebt habe.“

„Die Container-Seefracht von China nach Europa hat sich in den Kosten bis zu verachtfacht“

Martin Peters, Vorsitzender der Geschäftsführung beim Automobilzulieferer Eberspächer (Esslingen): „Globale wirtschaftliche und geopolitische Einflüsse führen zu einer tiefgreifenden Transformation in der Branche. Wir müssen gleichzeitig mehrere externe Faktoren erfolgreich managen – dabei sind die insgesamt gestörten Lieferketten eine große Herausforderung, bei steigenden Material- und Energiepreisen. Beispielsweise hat sich die Container-Seefracht von China nach Europa in den Kosten bis zu verachtfacht; Lieferzeiten aus Asien haben sich teilweise verdoppelt.

Heute sind zum Teil bis zu zwölf Wochen Seeweg einzukalkulieren. Für Zulieferer, die Just-in-Sequence, also mit sehr kurzen Vorlaufzeiten von wenigen Stunden an die Bänder der Automobilhersteller liefern, ein enormer Faktor. Zudem führen Null-Covid-Regelungen in China zu plötzlichen Lockdowns ganzer Regionen oder Häfen – darauf gilt es sich vorzubereiten, gemeinsam mit unseren Kunden zum Beispiel durch Erhöhung der Sicherheitsbestände.

Gleichzeitig investieren wir gezielt in die Zukunft. Unser wichtiges Fokusthema sind Wasserstoff-Brennstoffzellen-Anwendungen und der Wasserstoffmotor. Seit 2021 beziehen außerdem alle unsere Standorte in Deutschland Grünstrom, Energieeffizienzmaßnahmen setzen wir weltweit um.“

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

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