München. Volle Auftragsbücher auf der einen Seite – häufiger Stillstand in der Produktion auf der anderen: Das ist nach wie vor die Realität in vielen Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (M+E). Bei der halbjährlich stattfindenden Konjunkturumfrage der bayerischen M+E-Arbeitgeberverbände bayme vbm zeigte sich daher klar, dass die Erwartungen für die Geschäftslage der kommenden Monate sowohl für das Inland als auch das Ausland gedämpft sind.

Nach wie vor ist es allen voran der starke Mangel an Rohstoffen, Materialien und Vorprodukten, der den Betrieben zu schaffen macht. Das zeigt sich auch in den Bilanzen von 2021: Im Schnitt haben die Unternehmen einen um 8 Prozent niedrigeren Umsatz erzielt als ohne die Mangelsituation.

Elektronik-Branche boomt, Luft- und Raumfahrt stagniert

Allerdings ist die Lage innerhalb der einzelnen M+E-Branchen sehr differenziert. Die Elektro- und Elektronik-Industrie bewertet die aktuelle Lage besonders positiv, die Automobil- und Zuliefer-Industrie ist leicht positiv. Negativ dagegen bewertet vor allem der Sonstige Fahrzeugbau die Lage – dort zählen vor allem Betriebe der Luft- und Raumfahrt dazu. Insgesamt fahren derzeit nach wie vor 13 Prozent der befragten Unternehmen Kurzarbeit, weitere 4 Prozent planen dies für die kommende Zeit.

Angesichts dieser Probleme rechnen die Unternehmen nicht mit einer raschen Entspannung. Knapp 40 Prozent der Unternehmen gehen von einer Besserung frühestens im Jahr 2023 aus, 31 Prozent können noch überhaupt nicht einschätzen, wann sich die Situation normalisiert. Entsprechend halten sich die Unternehmen derzeit auch mit Investitionen zurück.

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer von bayme vbm, zeigt sich besorgt: „Das ist nicht das starke Signal, das wir uns für die Zukunft unseres Standorts wünschen.“

Eine gute Nachricht immerhin: Der Beschäftigungsabbau in der Industrie scheint vorerst gestoppt. Er hatte schon langsam in der zweiten Jahreshälfte 2019 begonnen und war durch Corona beschleunigt worden.

Doch inzwischen haben sich die Beschäftigungspläne der M+E-Betriebe verbessert: Fast jeder zweite will in den kommenden Monaten zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Bis Jahresende werden nach Schätzungen knapp 850.000 Beschäftigte in der bayerischen M+E-Industrie arbeiten.

Aufgrund des Fachkräftemangels wird es eine Herausforderung, die offenen Stellen zu besetzen

Diese Stellen auch zu besetzen, darin sieht Brossardt eine riesige Herausforderung: „Der Mangel an Arbeitskräften und der qualifikatorische Mismatch werden zunehmend zum Engpassfaktor.“ Denn trotz Corona ist die Arbeitslosenquote mit unter 3 Prozent in Bayern auf niedrigem Stand. Zudem werden in den nächsten Jahren viele Beschäftigte aus dem Arbeitsleben ausscheiden, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Durch den Personalmangel sieht sich schon heute laut Umfrage fast jedes dritte Unternehmen erheblich beeinträchtigt.

Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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