Teer riecht nicht unbedingt so, dass man ihn sich als Parfüm aufsprühen würde. Dabei birgt der Stoff etwas sehr Wohlriechendes in sich! Der 17-jährige Ben Eumann hat es geschafft, dieses Aroma zu extrahieren – und aus Teer Nelkenduft hergestellt. Der Schüler vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Hilden hat also aus einem Abfallprodukt der Industrie einen Duftstoff für Parfum und Gebäck geschaffen und damit den NRW-Landeswettbewerb Jugend forscht im Bereich Chemie gewonnen. Nun wird Eumann zum Bundesfinale nach Heilbronn reisen.

Gastgeber ist dieses Mal die Firma Henkel

aktiv war bei dem Landeswettbewerb in Düsseldorf zu Gast und hat mit den Teilnehmern aus dem Bereich Chemie gesprochen, um zu erfahren, was sie so antreibt. Dazu muss man wissen: Wer es bis hier geschafft hat, hat schon einen Regionalwettbewerb gewonnen.

Die Initiative „Jugend forscht“ wurde 1965 vom damaligen „Stern“-Chefredakteur Henri Nannen ins Leben gerufen, um junge Menschen für Naturwissenschaft zu begeistern. Schülerinnen und Schüler können sich mit ihren Projekten aus den Bereichen Chemie, Biologie, Physik, Geo- und Raumwissenschaften, Arbeitswelt, Mathematik/Informatik und Technik anmelden.

Allein in diesem Jahr sind fast 10.500 junge Forscherinnen und Forscher dabei. Mehr als 250 Partner fördern den Wettbewerb, darunter das Bundesbildungsministerium. Es gibt Geld, Sachpreise und Forschungsaufenthalte zu gewinnen. Gastgeber für die NRW-Landeswettbewerbe in allen Disziplinen war dieses Jahr Henkel. Bei der Präsentation auf dem Werkgelände in Düsseldorf schauten auch viele Henkel-Mitarbeiter an den insgesamt 68 Ständen vorbei. So auch bei Ben Eumann.

Die siegreiche Idee: Guajacol aus Buchenholzteer gewinnen

„Sie waren davon beeindruckt, dass es im schulischen Rahmen möglich ist, so detailliert zu forschen“, erzählt der Schüler. Mehr als ein halbes Jahr hat er an seinem Projekt gearbeitet. Auf die Idee kam er durch den Buchenholzteer, den seine Mutter zur Pflege von Pferdehufen verwendet. „Ich habe mir dazu alles durchgelesen und herausgefunden, dass in diesem Teer sehr viel Guajacol enthalten ist, ein Ausgangsstoff für Duftstoffe und Vanillin. Ich habe mich gefragt: Wieso holt man das nicht heraus?“ Dass das möglich ist, hat er dann selbst gezeigt.

Eumann begeistert sich dafür, einen vorhandenen Stoff in etwas ganz anderes zu verwandeln. „Das ist genau das, was mich an der Chemie fasziniert: aus den Grundstoffen, die man in der Natur findet, etwas Nützliches herzustellen.“

Diese Faszination teilen auch die anderen. Katinka Bolwin (17) und Imme Westermann (18) vom Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Münster etwa. Sie haben sich auf die Suche nach einem klimaschonenden Klebstoff gemacht und mit dem Pflanzenstoff Lignin experimentiert, der als Abfallprodukt bei der Papiergewinnung anfällt. Die Frauen stellten aus selbst gewonnenem und aus gekauftem Lignin verschiedene Klebstoffe her und testeten, wie gut diese jeweils halten. „Es hat Spaß gemacht, eigenständig zu forschen“, sagt Bolwin.

Die Schüler leisten hier viel mehr als im Unterricht

Noah Krüger und Julius Rüdiger von der Marienschule der Ursulinen in Bielefeld waren mit 14 und 15 Jahren die jüngsten Teilnehmer. Sie haben sich mit der Redox-Flow-Batterie beschäftigt. Dieser Akku wird zum Beispiel in Windkraftanlagen als Stromspeicher genutzt. Anhand von Lade- und Entladezyklen wollten die Schüler die bestmöglichen Speichersysteme finden. Ein Jahr lang haben sie in der Naturwissenschafts-AG ihrer Schule an der Aufgabe getüftelt. „Das hat Spaß gemacht“, so Rüdiger, „Elektrochemie interessiert uns sehr.“

Die 18-jährige Marla Simon von der Gesamtschule Brüggen hat sich die Synthese von Ammoniak vorgenommen. „Üblicherweise benutzt man zur Gewinnung das Haber-Bosch-Verfahren. Das kostet aber sehr viel Energie, deshalb habe ich mich auf die Suche nach einer nachhaltigen Alternative gemacht“, erklärt die Abiturientin, die auf jeden Fall Chemie studieren will.

Jan Goertz von der Robert-Schuman-Europaschule in Willich schließlich hat sich ebenfalls qualifiziert, ist aber an diesem Tag nicht vor Ort, weil er fürs Abi lernen muss. In seinem Projekt ging es darum, Wasserstoff chemisch zu speichern und in einer Brennstoffzelle mit Sauerstoff zu Wasser reagieren zu lassen. Gesamteindruck: „Eine wirklich tolle Leistung!“ So lobt Dr. Carsten Penz die Jugendlichen.

Er unterrichtet am Comenius-Gymnasium in Datteln Chemie, Physik und Mathe und leitet seit sieben Jahren den NRW-Landeswettbewerb. Seine Erfahrung ist, dass die Jugendlichen für den Wettbewerb viel mehr leisten, als man im Unterricht aus ihnen herauskitzeln könnte: „Sie machen das, was ihnen liegt und erfahren hier große Wertschätzung für ihre Arbeit. Unser Ziel ist es eben, Freude an den Naturwissenschaften zu vermitteln.“

Der Wettbewerb

„Jugend forscht“ ist ein deutschlandweiter Wettbewerb, der das Ziel hat, Kinder und Jugendliche für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (kurz MINT) zu begeistern und junge Talente zu fördern. Die Jugendlichen entwickeln dafür Forschungsprojekte, an denen sie dann selbstständig arbeiten. Lehrerinnen und Lehrer stehen ihnen dabei begleitend zur Seite. Die Ergebnisse werden zuerst auf regionaler Ebene präsentiert, dann nehmen die Besten an den Landeswettbewerben teil. Das Bundesfinale läuft vom 30. Mai bis zum 2. Juni in Heilbronn.

Tanja Wessendorf
aktiv-Redakteurin

Tanja Wessendorf berichtet für aktiv aus der Industrie und schreibt über Verbraucherthemen. Sie studierte in Berlin Politikwissenschaft und volontierte in Hamburg bei der Tageszeitung „Harburger Anzeigen und Nachrichten“. Seit 2008 arbeitet sie als Redakteurin, viele Jahre in der Ratgeber-Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“, aber auch beim TV-Sender Phoenix. Privat liebt sie alles, was schnell ist: Kickboxen, Eishockey und laufen mit ihrem Hund. 

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