Es geht auch einfach: Weiterbildung muss nicht immer das mehrtägige Seminar sein. Oft reicht es, mal dem Kollegen über die Schulter zu schauen, wie er bestimmte Dinge erledigt. Oder man fragt die Kollegin, wie die neue Software funktioniert. Und schon hat man sich neue Fertigkeiten angeeignet!
Expertin Susanne Seyda sieht da einen Trend: „Die informelle Weiterbildung hat in den letzten Jahren zugenommen“, sagt sie. Davon profitieren vor allem auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Die Expertin vom Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) hat in einer Studie mit Daten der IW-Weiterbildungserhebung 2023 speziell die Weiterbildungskultur in KMU untersucht.
Erfreuliches Ergebnis: Es ist egal, ob Mitarbeitende in großen oder kleinen Firmen beschäftigt sind – Weiterbildung spielt bei allen eine entscheidende Rolle. KMU investieren pro Mitarbeiter sogar mehr Geld und Zeit in Weiterbildungen. Und die Kultur, einander Feedback zu geben und voneinander zu lernen, ist in KMU deutlich ausgeprägter als in großen Unternehmen.
Die Anzahl der Mitarbeitenden, die sich weiterbilden, steigt seit Jahren
Insgesamt waren im Jahr 2022 gut 93 Prozent der kleinen Unternehmen, 97 Prozent der mittelgroßen und 99 Prozent der großen Unternehmen in der Weiterbildung aktiv. Für alle ist die Qualifizierung ihrer Mitarbeitenden ein entscheidender Baustein, um den technologischen Wandel zu bewältigen. „Die Unternehmen müssen Transformationsprozesse stemmen“, sagt Seyda. „In den letzten zehn Jahren ist Weiterbildung daher von einem eher weichen Thema zu einem ernsten Thema geworden.“ Folglich haben auch immer mehr Menschen in diesem Zeitraum an betrieblicher Weiterbildung teilgenommen, die Quote verharrt derzeit bei etwa 48 Prozent. Im Jahr 2012 lag sie nur bei 35 Prozent.
Zeitgleich stieg auch die Motivation der Mitarbeitenden, sich weiterzubilden. Angesichts der vielen neuen Herausforderungen etwa bei der Digitalisierung ist inzwischen den meisten bewusst, dass nach dem Ende der Ausbildung nicht Schluss ist mit Lernen. „Dazu trägt bei, dass informelles Lernen einfacher geworden ist“, sagt die Expertin. „Zugangsbarrieren zur Weiterbildung sind durch digitale Möglichkeiten abgebaut worden.“ Und diese werden immer häufiger genutzt, seit sechs Jahren ist das laut Seyda klar erkennbar.
Firmen nutzen verstärkt digitale Lernangebot
Allerdings nutzen Industriebetriebe digitale Tools etwas seltener als Firmen aus der Dienstleistungsbranche. „Das liegt auch daran, dass die Mitarbeitenden von Dienstleistern häufig am PC arbeiten“, so Seyda. Dabei bieten digitale Angebote Vorteile: Sie können einfacher unterschiedliche Lernniveaus auffangen als etwa Schulungen in Gruppen vor Ort. „Sie müssen aber auch entsprechend gestaltet sein“, sagt Seyda. Hier gilt es nachzusteuern – auch auf der Anbieterseite.
Ebenfalls nachsteuern müssen vor allem KMU im Bereich strategische Weiterbildung: Im Vergleich zu großen Betrieben ermitteln sie weniger systematisch, welchen Bedarf ihre Beschäftigten hier haben, oder sie stimmen diesen seltener auf die Firmenstrategie ab. Das bremst die Motivation der Mitarbeiter. „Wenn ich nicht weiß, was ich morgen arbeiten soll, sehe ich in Weiterbildung wenig Sinn“, so Seyda. „Hat die Firma dagegen einen konkreten Plan, weiß auch der Einzelne, was von ihm erwartet wird.“
Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.
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