Berlin. Lieferengpässe, Rohstoffmangel, Putins Angriffskrieg: Das brachte zuletzt auch die Preise ins Laufen, vor allem für Energie: Erdgas war im März durchschnittlich um 145 Prozent teurer als im Vorjahresmonat, Strom 85 und Heizöl 131 Prozent.

Wegen der stark steigenden Energiepreise verschieben viele Betriebe etwa Investitionen und planen, ihre Preise zu erhöhen. Das ergab eine Firmenumfrage des Ifo-Instituts für die Stiftung Familienunternehmen. Jeder zehnte Betrieb denkt sogar darüber nach, energieintensive Geschäftsfelder aufzugeben.

Verbraucher achten verstärkt auf die Preise

Wie die Verbraucher auf die gestiegenen Preise reagieren, zeigt eine Allensbach-Umfrage: Jeder Zweite will mehr auf seine Ausgaben achten und zurückhaltender heizen, jeder Dritte weniger Auto fahren. Dagegen plant nur jeder Fünfte weniger Urlaube oder will größere Anschaffungen verschieben.

Da drängt sich die Frage auf: Werden die Gewerkschaften versuchen, kräftige Lohnsteigerungen durchzusetzen? „Das wäre derzeit fatal“, urteilt Hagen Lesch, Tarifexperte im Institut der deutschen Wirtschaft. Denn dann würde sich der Preisdruck weiter verstärken – und eine sogenannte Lohn-Preis-Spirale droht: Wenn nämlich die Löhne ohne Rücksicht auf die Produktivität steigen, müssen die Unternehmen ihre Preise weiter erhöhen, was wiederum zu noch höheren Lohnforderungen führt – und so weiter. Am Ende ginge das wirtschaftliche Wachstum komplett in die Knie, gäbe es nur Verlierer.

In der Industrie drohen vielen Betrieben Ertragseinbußen. Im Dienstleistungsbereich hoffen dagegen viele, dass die Verbraucher angespartes Geld nun ausgeben.

Dass die Tarifparteien in Krisenzeiten der schwierigen Gesamtsituation durchaus Rechnung tragen, zeigte sich im laufenden Jahr sowohl in der Chemie, in der Druck-Industrie als auch bei Banken und Versicherungen. Abzuwarten bleibt, wie sich das weitere Tarifjahr 2022 entwickelt.

In die richtige Richtung geht jedenfalls auch das Maßnahmenpaket der Bundesregierung: Höherer Grundfreibetrag, höherer Arbeitnehmerpauschbetrag, höhere Entfernungspauschale für Fernpendler plus einmalige Energiepreispauschale und Kinderbonus – all das soll entlasten. Und vorausgesetzt, die derzeitigen Krisen verschärfen sich nicht noch weiter, dürften sich die Preise mittelfristig zudem wieder beruhigen. So erwarten Wirtschaftsforscher für 2022 zwar eine Teuerung von durchschnittlich 6,3 Prozent in Deutschland. Doch 2023 soll die Rate wieder auf 2,7 Prozent absinken. Das sind die aktuellen Zahlen von Consensus Forecast. Ihnen zugrunde liegen die Einschätzungen von rund 30 Forschungsinstituten und Banken.

Lohnanstieg jahrelang höher als Inflation

Hinzu kommt: In den letzten Jahren konnten sich die allermeisten Arbeitnehmer über echte Reallohnzuwächse freuen. So kam allein seit 2015 ein Entgeltplus von insgesamt fast 15 Prozent zusammen – deutlich mehr als der Anstieg der Verbraucherpreise von rund 9 Prozent.

Stephan Hochrebe
aktiv-Redakteur

Nach seiner Redakteursausbildung absolvierte Stephan Hochrebe das BWL-Studium an der Universität zu Köln. Zu aktiv kam er nach Stationen bei der Funke-Mediengruppe im Ruhrgebiet und Rundfunkstationen im Rheinland. Seine Themenschwerpunkte sind Industrie und Standort – und gern auch alles andere, was unser Land am Laufen hält. Davon, wie es aussieht, überzeugt er sich gern vor Ort – nicht zuletzt bei seiner Leidenschaft: dem Wandern.

Alle Beiträge des Autors