Als Malin Kroschel nach der Schule beschloss, eine Ausbildung bei der Grundfos Pumpenfabrik in Wahlstedt zu machen, konnte sie noch nicht ahnen, dass sie am Ende der Lehrzeit gleich zwei Qualifikationen haben würde: eine als Mechatronikerin – und eine als Imkerin. Denn das Unternehmen hat seit zwei Jahren eine Bienen-AG, die in dieser Form ziemlich einmalig in Deutschland sein dürfte.
Imkern im Unternehmen: Die Geschäftsführung machte sofort mit
Alles begann 2020 mit einer vagen Idee der Umweltbeauftragten Ruth Kerschhaggl und einem Geschäftsführer, der sich für dieses Projekt spontan begeistern ließ. „Wir hatten zudem das Glück, mit unserem Kollegen Valerij Ebel einen echten Bienen-Experten in der Belegschaft zu haben“, erzählt die Initiatorin. ,,Valerij ist seit vielen Jahren passionierter Imker und war sofort bereit, beim Aufbau der AG zu helfen und sein Wissen an die Kollegen weiterzugeben. Und die Geschäftsführung sagte zu, das Vorhaben zu finanzieren – inklusive einer professionellen Imker-Ausbildung für die Mitglieder.“
Und so wurden im Spätsommer 2020 tatsächlich mehrere Bienenvölker angeschafft, die nun auf einer lauschigen Lichtung unweit des Unternehmens stehen. Denn Grundfos hat – auch das dürfte ziemlich einmalig in der deutschen Firmenwelt sein – in Wahlstedt einen eigenen Wald, der 168 Hektar groß ist. Das entspricht einer Fläche von 1,68 Millionen Quadratmetern oder rund 235 Fußballfeldern.
Honig-Verkauf: Der Erlös geht an ein Charity-Projekt
Perfekte Bedingungen also für die Bienen, die sich mit einer unermüdlichen Honigproduktion erkenntlich zeigen. Malin Kroschel: „Die zehn Völker, die auf unserer Lichtung stehen, waren wirklich fleißig. Allerdings war auch die Nachfrage innerhalb der Belegschaft riesig, wir hätten locker die doppelte Menge absetzen können.“
Ihre Kollegin Ruth Kerschhaggl ergänzt: „Die Resonanz aus der Belegschaft unserer Standorte rührt mich manchmal fast zu Tränen. Kürzlich schickte uns der 85-jährige Vater eines belgischen Kollegen ein Glas Honig, als Dank für unsere Arbeit. Und aus Dänemark kam ein Dankesbrief von dem elfjährigen Sohn einer Kollegin, der unseren Honig als den besten der Welt bezeichnete. Rückmeldungen dieser Art entschädigen allemal für den hohen Aufwand, den wir zu Anfang offen gestanden komplett unterschätzt haben.“
„Die Resonanz aus dem Kollegenkreis ist einfach großartig.“
Ruth Kerschhaggl, Grundfos
Ein Teil der Einnahmen aus dem Honigverkauf wird reinvestiert, um den Bienen auch künftig ein gutes Zuhause bieten zu können. Der Großteil aber fließt in ein Hilfsprogramm, das sich „Water 2 Life“ nennt. Es handelt sich um ein ebenfalls von Grundfos-Mitarbeitern initiiertes und betriebenes Projekt, das weltweit dabei hilft, Kommunen mit sauberem Trinkwasser zu versorgen.
Nachhaltigkeit: Ökologie hat eine hohe Priorität für Grundfos
Kein Zufall, denn Grundfos hat auch geschäftlich viel mit Wasser zu tun. Die Pumpenfabrik in Wahlstedt ist spezialisiert auf die Herstellung und Montage großer Umwälzpumpen für die Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik sowie Abwasserhebeanlagen und Druckerhöhungsanlagen für die Wasserversorgung.
Das Thema Ökologie stand da schon früh auf der Agenda. So wurde Grundfos unter anderem 2003 und 2007 als „Umweltfreundlicher Betrieb“ ausgezeichnet, da der Pumpenbauer die Jury mit der „Vielfalt und Nachhaltigkeit seiner Umweltaktivitäten“ beeindruckte.
An dieser Philosophie hat sich bis heute nichts geändert, wie Standortleiter Josef Horber kürzlich auf der (wegen Corona nachgeholten) 60-Jahre-Feier des Unternehmens betonte. „Nachhaltigkeit und Energieeffizienz haben für uns oberste Priorität“, so Horber. „Wir haben es geschafft, unseren Energiebedarf in den vergangenen Jahren deutlich zu senken, obwohl wir die Produktion sogar ausgebaut haben. Bis 2030 wollen wir klimaneutral wirtschaften.“
Der Ausbau der Produktion lässt sich auch an der Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze festmachen. Als das Werk Anfang der 60er Jahre von dem dänischen Unternehmen Poul Due Jensen gegründet wurde und seinen Betrieb aufnahm, hatte es einen Umsatz von 1 Million Mark (rund 500.000 Euro) und weniger als 20 Mitarbeiter. Heute sind dort rund 550 Menschen beschäftigt.
Einer von ihnen ist Andreas Krause, der seit 35 Jahren bei Grundfos arbeitet und zu den alten Hasen im Vertrieb zählt. Er hat nicht nur Erfahrung im Umgang mit Kunden, sondern auch mit Bienen, weil er seit Langem auch als Imker tätig ist. Daher bot er seine Hilfe an, als die Bienen-AG immer größer wurde, und die Kollegen nahmen ihn sofort in ihre Runde auf.
„Wir sind mittlerweile 20 Personen in der AG“, erzählt Krause, während er die Bienenkästen auf der Lichtung winterfest macht. „Der Andrang ist so groß, dass wir eine lange Warteliste haben. Freie Plätze gibt es eigentlich nur, wenn jemand in Elternzeit geht oder das Unternehmen verlässt.“
Engagiert: Schon 24 Kollegen wurden zu Imkern ausgebildet
Sein Kollege Jens Krüger aus der Produktionstechnik nickt. „Die AG ist ein Thema, das uns alle verbindet. Das hätte man vielleicht nicht unbedingt erwartet, aber genauso ist es. Bei uns sind Beschäftigte aus allen Altersklassen, Abteilungen und Bereichen des Unternehmens vertreten.“
Begünstigt wird das Projekt dadurch, dass Grundfos mit der Imkerschule Schleswig-Holstein eine optimale Ausbildungsmöglichkeit direkt vor der Haustür hat. Die Einrichtung ist eine der ältesten Imkerschulen Deutschlands und sitzt seit 1930 in Bad Segeberg. 24 Grundfos-Kollegen wurden dort bereits ausgebildet.
Und wie ist die Erntebilanz der bisherigen Imker-Arbeit? Ruth Kerschhaggl muss nicht lange überlegen. „Wir haben seit dem Start vor zwei Jahren rund 800 Kilo Honig geerntet“, sagt sie, „fast 600 Gläser Waldhonig und etwa 1.000 Gläser Rapshonig. Das ist wirklich ein gutes Ergebnis und zeigt, dass die Bienen sich bei uns wohlfühlen.“
Und ihre Kollegin Malin Kroschel ergänzt: „Wir freuen uns über jedes Glas Honig, aber am Ende geht es nicht nur darum. Die Beschäftigung mit den Bienen hat etwas Meditatives. Das ist Entschleunigung pur.“
Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht für das Magazin „aktiv im Norden“ in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.
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