Brüssel. Beim Klimaschutz will Europa noch schneller vorankommen. Dafür wurden Ende 2022 die Regeln im EU-Emissionshandel verschärft. Teurer wird vor allem das Verbrennen von Kohle, Öl oder Gas.
Auf das „größte Klimaschutz-Gesetz aller Zeiten“ hätten sich die EU-Staaten geeinigt, freute sich Peter Liese (CDU), Verhandlungsführer für das EU-Parlament. Der Reformbeschluss stärkt insbesondere den Emissionshandel. „Der trägt 25-fach mehr zur Drosselung des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes bei als das umstrittene Aus für den Verbrennermotor“, lobt Liese.
Der Ausstoß von CO2 hat heute einen Preis
Was macht den Emissionshandel zum Klima-Joker? Seine Grundidee ist einfach und wirksam: Der Markt regelt, wo es am günstigsten ist, Treibhausgas einzusparen. Pro Tonne Kohlendioxid, die beim Einsatz fossiler Brennstoffe entsteht, benötigen große Industriebetriebe, Kraftwerke und der innereuropäische Flugverkehr ein entsprechendes Zertifikat.
13,2 Milliarden Euro zahlten Firmen und Verbraucher 2022 für ihren CO2-Ausstoß.
Diese sogenannten Verschmutzungsrechte werden staatlich zugeteilt, versteigert – oder sie können anderen abgekauft werden, die mehr Anrechte besitzen, als sie noch benötigen. Obendrein hat die EU die Zahl verfügbarer Verschmutzungsrechte im Laufe der Jahre verknappt. So verteuerte sich der CO2-Ausstoß immer weiter. 2022 waren im Schnitt bereits 80 Euro pro Tonne fällig, dreimal mehr als zwei Jahre zuvor.
Die aktuelle Reform führt unter anderem dazu, dass noch weniger Verschmutzungsrechte auf den Markt kommen als bislang vorgesehen – ihr Preis steigt also noch schneller. Kostenlose Zertifikate für einzelne Firmen werden bis 2034 abgeschafft. Außerdem wird der Emissionshandel ausgeweitet: auf kleinere Betriebe, die Schifffahrt sowie – als dickster Brocken – auf Gebäude und den Straßenverkehr.
Was Letztere betrifft, ist Deutschland schon vorausgeeilt: Bei uns gibt es seit 2021 eine CO2-Abgabe auf Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas. 2022 machte sie etwa bei Treibstoffen rund 8 bis 10 Cent je Liter aus.
Unterm Strich kamen hierzulande rund 13,2 Milliarden Euro aus dem Verkauf von CO2-Verschmutzungsrechten zusammen – ein Rekordwert. Das Geld fließt vollständig in den Klima- und Transformationsfonds. Daraus werden unter anderem die Weiterentwicklung der Elektromobilität, der Aufbau der Wasserstoff-Industrie sowie weitere saubere Technologien gefördert.
Rekordkosten für Energie treffen Verbraucher und Betriebe
Doch die Sache hat ein paar Haken – vor allem die ohnehin rekordhohen Energiepreise. Da soll noch mehr obendrauf kommen? Jörg Drittrich, Präsident des Handwerkverbands ZDH, ist alarmiert: „Uns droht, dass die Energiewende scheitert, weil die Betriebe die Energiepreise nicht mehr stemmen können.“
Um Mehrausgaben für die Verbraucher abzumildern, will die EU einen Klimasozialfonds einrichten. Und energieintensive Branchen – etwa Stahl, Aluminium, Zement – sollen künftig mit einem „Klimazoll“ vor Billiganbietern aus Ländern ohne vergleichbare Umweltziele geschützt werden. Das stellt in Europa Wettbewerbsgleichheit her. Was aber passiert im Rest der Welt, etwa wenn unsere Betriebe in die USA verkaufen wollen? Die fehlende Lösung für Exporte führt zu Planungsunsicherheit und bremst Investitionen, sagt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Das Reformergebnis sei „nicht ausreichend“.
Das Ringen um den richtigen Weg zu mehr Klimaschutz geht also weiter. Fest steht: Dass Europa im Jahr 2050 klimaneutral sein will, reicht nicht aus. Unser Kontinent muss dieses Ziel mit einer blühenden Wirtschaft erreichen. Nur dann werden sich auch andere Länder für mehr Klimaschutz begeistern.
Nach seiner Redakteursausbildung absolvierte Stephan Hochrebe das BWL-Studium an der Universität zu Köln. Zu aktiv kam er nach Stationen bei der Funke-Mediengruppe im Ruhrgebiet und Rundfunkstationen im Rheinland. Seine Themenschwerpunkte sind Industrie und Standort – und gern auch alles andere, was unser Land am Laufen hält. Davon, wie es aussieht, überzeugt er sich gern vor Ort – nicht zuletzt bei seiner Leidenschaft: dem Wandern.
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