Bayern. Mehr als eine Million Elektroautos wurden weltweit im vergangenen Jahr verkauft. Der Bestand ist damit auf mehr als drei Millionen Fahrzeuge gestiegen. Auch für Deutschland meldet das Kraftfahrt-Bundesamt eine Verdoppelung der neu zugelassenen E-Mobile: von 11 410 auf inzwischen 25 056  Fahrzeuge.

Ein großer Sprung, doch im Vergleich zu anderen Nationen noch wenig. So ist etwa Norwegen aufgrund massiver staatlicher Förderung mit knapp 40  Prozent Nummer eins beim Marktanteil: 74 000 neue E-Autos rollten dort im vergangenen Jahr auf den Straßen. In absoluten Verkaufszahlen führt China: Rund 400 000 Stromer wurden 2017 abgesetzt.

Für die Automobil-Industrie im Freistaat lohnt es sich, in alternative Antriebe wie die Elektromobilität zu investieren. Kraftwagen- und Maschinenbau zählen zu den mit Abstand wichtigsten Einzelbranchen in Bayern – was Produktion, Forschung und Entwicklung angeht. Als die größten Exporteure sichern sie zudem Bayerns wirtschaftlichen Erfolg.

Der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft hat das Potenzial der Technologie erkannt: Sie sei für den motorisierten Individualverkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit die Technologie der Zukunft. Es sei nur folgerichtig, hier auf lange Sicht einen Schwerpunkt zu setzen, empfiehlt das Gremium von Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien.

In Bayern tüfteln sowohl Hersteller als auch Zulieferer intensiv an neuen Lösungen zur E-Mobilität

Jedes fünfte Elektrofahrzeug weltweit stammt von einem deutschen Hersteller. Das ist der gleiche Marktanteil von 20 Prozent wie bei Autos mit Verbrennungsmotor. So steht es in einer aktuellen Untersuchung des Fraunhofer-Instituts zu „Perspektiven des Wirtschaftsstandorts Deutschland in Zeiten zunehmender Elektromobilität“.

Besonders stark sind die deutschen Produzenten bei Plug-in-Hybriden: Bei den Fahrzeugen unterstützt ein elektrischer Antrieb den Verbrennungsmotor. Im Jahr 2016 kamen bereits 30 Prozent der weltweit verkauften Hybrid-Modelle von deutschen Herstellern.

Je leichter das Auto, desto länger reicht der Strom

Einer der Zulieferer im Freistaat, der sich damit beschäftigt, ist etwa Continental. Der Konzern entwickelte den weltweit ersten Hybrid-Antrieb, der mit einer Spannung von 48 Volt arbeitet. Er wird in Nürnberg für Serienfahrzeuge produziert. Bis zu 200.000 Fahrzeuge im Jahr kann das mittelfränkische Werk mit den Anlagen ausrüsten.

Über den 48-Volt-Motor hinaus schuf Continental etwa E-Antriebe, kabellose Ladesysteme und Leichtbauteile. Denn je leichter das Auto, desto länger reicht der gespeicherte Strom.

Der Zulieferer ZF bündelt seine Aktivitäten in E-Mobilität in Schweinfurt. Seine Plug-in-Hybridsysteme ermöglichen es, durchschnittliche Tagesdistanzen rein elektrisch zu bewältigen. Darüber hinaus macht ZF per Elektrifizierung Getriebe, Lenkung, Bremsen und Antriebselemente effizienter und bereit für autonome Fahrfunktionen.

Die Steuerung für das Herzstück der Elektroautos – die Batterie – liefert zum Beispiel die Preh GmbH aus Bad Neustadt an der Saale. Batteriemanagement, Anzeigen für den Ladestand, Steuerung von Spannung und Temperatur hat das Unternehmen im Fokus. Durch die jüngste Übernahme des schwedischen Hightech-Spezialisten ePower baut man dort nun auch Kompetenzen in Onboard-Ladegeräten auf.

Auf die fortschreitende Elektrifizierung der Fahrzeuge hat Brose aus Coburg seine Antriebe ausgerichtet. Dank standardisierter Komponenten lassen sich Bordnetzarchitekturen von 12 bis 810 Volt bedienen. Ab 2020 steigt Brose außerdem in die Serienfertigung eines elektrischen Kältemittelverdichters ein. Das Mittel ist aufgrund seiner hohen Leistungsdichte gut für E-Mobile geeignet.

Bei Elektrofahrzeugen immer die Temperatur im Blick haben

Das Kälte- und Wärmemanagement ist gerade bei den Elektroautos entscheidend: Anders als bei den Verbrennern nämlich produziert der Elektromotor keine Abwärme. Gleichzeitig jedoch muss die Batterie gut gekühlt werden, um leistungsfähig zu sein. Der Zulieferer Valeo stellt im Werk Bad Rodach Batterie-Kältemittelkühler für Plug-in-Hybride von BMW her.

Auch der Autodach- und Heizsysteme-Hersteller Webasto aus dem oberbayerischen Stockdorf widmet sich dem Thermomanagement. Eine neu gegründete Unit kümmert sich darum. Künftig will der Zulieferer zudem Hochvolt-Batterien sowie Ladesäulen für Elektrofahrzeuge anbieten.

Seit Jahresbeginn hat der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler aus Herzogenaurach einen neuen Unternehmensbereich E-Mobilität etabliert. Dort werden Produkte für hybride und rein elektrische Fahrzeuge gebündelt. Dazu zählt die elektrische Achse, eine modulare Baukastenlösung sowohl für Hybridautos als auch für reine Stromer. Dieser Antrieb kann nach Wunsch an Vorder- und Hinterachse, gleichachsig oder parallel installiert werden.

Zur wichtigsten Produktgruppe von Weiss Kunststoffverarbeitung aus Nabburg gehören bislang Kettenspanner für Benzin- und Dieselmotoren. Die sucht man bei E-Autos vergebens. Also forscht man an Leichtbaumaterial aus Kunststoff sowie neuen Gehäuse- und Verbindungskomponenten für den elektrischen Antriebsstrang von Hybridfahrzeugen. So begegnet man höheren Anforderungen an elektronische Isolierung und Sicherheit gegenüber Stromdurchschlägen.

Sicherheit beim Stromtanken und bei der hochsensiblen Elektronik spielt auch beim Spezialisten für Blitz- und Überspannungsschutz Dehn aus Neumarkt in der Oberpfalz eine Rolle. Er bietet für E-Fahrzeuge spezielle Schutzkonzepte.

 

BMW setzt auf hochkarätige Stromer und Hybridautos

BMW: Der kompakte i3 ist ein Verkaufsschlager. Foto: Werk
BMW: Der kompakte i3 ist ein Verkaufsschlager. Foto: Werk

Bereits im Jahr 2013 rollte der erste vollelektrische BMW i3 vom Band – und entwickelte sich zum Verkaufsschlager bei den Stromern in Deutschland. Mehr als 4 400 Exemplare wurden im vergangenen Jahr neu zugelassen, ein Plus von 54  Prozent gegenüber 2016.

Insgesamt war jedes fünfte zugelassene elektrifizierte Auto in Deutschland ein Modell der Marke BMW oder Mini, die ebenfalls zur BMW-Gruppe gehört.

Acht Elektro- und Hybridfahrzeuge hat der Autohersteller derzeit im Portfolio. An der Erfolgsgeschichte insbesondere des i3 sind die niederbayerischen Werke Dingolfing und Landshut als Kompetenzzentren für E-Mobilität und Leichtbau maßgeblich beteiligt.

Während der Hochvoltspeicher, das E-Getriebe sowie das Aluminium-Chassis aus Dingolfing kommen, steuert Landshut den Elektromotor, das Cockpit sowie Strukturbauteile aus Leichtmetall bei. In Dingolfing laufen zudem elektrifizierte Varianten der BMW-5er- und 7er-Reihe vom Band.

Um in Zukunft möglichst flexibel Elektro- oder Verbrennungsmodelle herstellen zu können, gestaltet BMW das Produktionssystem an seinen Standorten so, dass beide Optionen gleichzeitig realisiert werden können.

Audi steigt mit einem Elektro-SUV ein

Bei Audi wird das Stammwerk in Ingolstadt ab 2021 zwei ausschließlich elektrisch angetriebene SUVs produzieren. Insgesamt 20  elektrifizierte Modelle will der Hersteller bis 2025 auf den Markt bringen. Zehn davon sollen rein mit Strom laufen, die restlichen sind Hybridfahrzeuge, die einen herkömmlichen Verbrenner mit einem Stromantrieb kombinieren.

Noch im Herbst dieses Jahres baut Audi den ersten elektrischen Geländewagen im Werk in Brüssel, einige Monate später soll der erste Sportback mit Elektroantrieb vom Band rollen. Die Größe des SUV Coupés orientiert sich am A7.

Neben eigenem Know-how bei E-Mobilität, das Audi intern aufbaut, will das Unternehmen auch auf Erfahrungen des Mutterkonzerns VW zurückgreifen: im Premium-Segment zum Beispiel durch Zusammenarbeit mit Porsche. Im Kompaktsegment wird der modulare Elektrifizierungsbaukasten von VW genutzt.

Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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