Harald Grüne sprüht vor Ideen. Am Whiteboard zeichnet er Kreise, zeigt Schnittmengen und unterstreicht Botschaften. „Wir müssen die digitalen Möglichkeiten nutzen, wann immer es sinnvoll ist“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter der Robot Food Technologies Germany mit Sitz in Wietze nahe Celle. Das gilt auch für die Suche nach Auszubildenden. Zeitungsanzeigen bringen nichts, so Grüne. „Schüler wollen schnell und direkt, vor allem aber authentisch und emotional angesprochen werden.“

Sie bewegen sich vor allem auf Social Media, und dort dreht sich heute fast alles um Bewegtbilder: kurze Videos, die vor allem glaubwürdig sein müssen. Deshalb lässt Grüne in seinem 70-Mitarbeiter-Betrieb immer diejenigen vor die Kamera, die auf Augenhöhe mit der Zielgruppe sind. „Unsere Auszubildenden stellen sich und unsere Arbeitsumgebung vor. Sie gehen durch die Produktion oder zeigen die Büros in der Verwaltung.“

Fachkräfte und Azubis: Für Empfehlungen gibt es eine Prämie

Hochprofessionell müssen die Aufnahmen nicht sein. Der Sympathiefaktor sei viel wichtiger. „Bewerber spüren innerhalb von Sekunden, ob sie das Unternehmen cool finden.“ Dann entscheiden sie: „‚Will ich Teil des Teams werden?‛ Die Chemie muss stimmen, schließlich verbringen die jungen Leute mehr Zeit am Arbeitsplatz als mit ihren Freunden.“

Denn die Zeiten haben sich geändert. „Nicht die Schüler bewerben sich bei uns, sondern wir bewerben uns um die Schüler.“ Für Robot Food Technologies heißt das: Wann immer sich die Chance bietet, versucht das Unternehmen, in Kontakt mit jungen Leuten zu kommen – in der Schule, im Sportverein oder bei Ausbildungsmessen. „Ich belohne unsere Azubis und Mitarbeiter auch gern mal mit 500 Euro, wenn sie uns einen neuen Auszubildenden weiterempfehlen – für Facharbeiter und höhere Qualifikationen sind es dann schon 1.000 Euro.“

Wer Leistung fordert, muss Sinn bieten – auch das ist eine Botschaft von Grüne. So führt er das Maschinenbau-Unternehmen, dessen Anlagen vor allem von der Lebensmittel- und Kosmetik-Industrie gekauft werden. Schon in der Schule hat er erfahren, wie wertvoll Niederlagen sein können: „Daraus lernt der Mensch am meisten.“

„Bewerber spüren innerhalb von Sekunden, ob sie das Unternehmen cool finden“

Harald Grüne, geschäftsführender Gesellschafter

Grüne war 18 Jahre alt, als er direkt nach dem Abitur seine Ausbildung zum Industriemechaniker begann. Die Begeisterung für das Unternehmen und die Produkte ließ ihn nicht mehr los. Anschließend ging es zwar zum Studium (Wirtschaftsingenieurwesen) nach Lübeck. Doch die Theorie war nicht das Richtige für den dynamischen Macher. Die Liebe zur Praxis ist stärker. Vor allem Sonderlösungen haben es ihm angetan. „Es hat mich immer fasziniert, mit unseren Maschinen die Aufgaben unserer Kunden zu lösen.“ Deshalb ist der Kontakt nie abgebrochen. Und deshalb hat Harald Grüne geholfen, als sein früherer Ausbildungsbetrieb zum Kauf stand. „Ich konnte Investoren davon überzeugen, dass diese Branche Zukunft hat und unser Betrieb eine zweite Chance verdient“, sagt Grüne.

Viele Mitarbeiter halten dem Betrieb über Jahrzehnte die Treue

Schließlich sind die Maschinen aus Wietze unkaputtbar. „Manche Anlagen arbeiten seit 50 oder 60 Jahren. Sie sind extrem zuverlässig.“ Das sei Fluch und Segen zugleich Denn was nicht kaputtgeht, benötigt keinen Service. Auf der anderen Seite sei Zuverlässigkeit freilich ein Qualitätssiegel. Das gelte auch für guten Service. Deshalb ist es Grüne so wichtig, sich mit guten Fachkräften von den Wettbewerben abzusetzen – gerade auch wegen der fortschreitenden Digitalisierung: „Denn je digitaler die Welt wird, umso vergleichbarer und kopierbarer werden die Produkte.“

Unverwechselbar werde das Unternehmen dagegen auch durch seine Mitarbeiter. Ihnen will er ein gutes Betriebsklima bieten. Damit auch in Zukunft vielen von ihnen Robot Food Technologies über Jahrzehnte die Treue halten.

Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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