München. Eine Stellenanzeige – das allein reicht längst nicht mehr, um Auszubildende zu gewinnen. Jugendliche, die auf Jobsuche sind, informieren sich heute anders. Und es ist gar nicht so leicht, in der Masse der Angebote aufzufallen.

Überraschend, witzig, authentisch: Unternehmen, die sich so präsentieren, haben bessere Chancen, sich geeignete Bewerber zu angeln. Der berufliche Nachwuchs ist begehrt, längst schon gibt es mehr offene Ausbildungsstellen als Bewerber.

Doch wie fängt man es am besten an? Die bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbände bayme und vbm engagieren sich seit Jahren mit diversen Aktionen, von der Kita und Grundschule bis zu praktischen Projekten für die Berufswahl von Jugendlichen. Und auch die Unternehmen in der Branche lassen sich einiges einfallen, um die junge Generation individuell anzusprechen und Nachwuchs gerade in den wichtigen Technik-Berufen aufzutun.

„Richtig angesprochen sind die meisten Kandidaten nur wenige Klicks von einer Bewerbung entfernt“, weiß Louise Christensen von Rohde & Schwarz. Der Elektronikkonzern entwickelt neue Formate, bringt jugendlichen Azubis etwa Programmier-Codes bei – mithilfe eines virtuellen Ameisenbaus, dessen Bewohner es zu steuern gilt.

Mit Kinotrailer werben

Jugendliche gehen gern ins Kino. Für einige Unternehmen ein guter Ort, um Fachkräfte von morgen anzusprechen. Auf der Leinwand hat beispielsweise der Pumpenhersteller Netzsch aus Selb nach Azubis gesucht. Auch die bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbände bayme und vbm werben dort. „Nichts geht ohne Metall und Elektro“ heißt der 30-sekündige Spot, der zum Beispiel vor dem neuen „Spider-Man“ läuft und Jugendlichen Lust auf eine Ausbildung in der Metall- und Elektroindustrie machen soll.

Im Blog den Job beschreiben

Auch Blogs sind beliebt, bei den Unternehmen wie bei Jugendlichen. Auszubildende erzählen dort frei heraus, was sie in der Ausbildung alles tagtäglich erleben. Heraus kommen meist spannende und persönliche Einblicke in Werkstatt, Berufsschule und die Abteilungen im Betrieb. Kommunikation auf Augenhöhe, das kommt bei den Gleichaltrigen an, so die Idee dahinter. Jannik berichtet von einer Ausbildung als Industriekaufmann beim Automobilzulieferer Continental, seine Kollegin Larissa bloggt darüber, wie sie einen beruflichen Auslandsaufenthalt in China plant.

Mitarbeiter im Recruiting einbinden

Viele Betriebe schicken ihre jüngsten Mitarbeiter in Klassenzimmer, um Schülern Orientierung zu geben. Oder stellen sie vor und hinter die Kamera: für kurze Filme über die Ausbildungsberufe. Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer in Würzburg zeigt zum Beispiel einen Tag als Zerspanungsmechaniker – in 3-D. Den Clip kann man online anschauen, er wird zur Berufsinformation mit VR-Brille an Schulen gezeigt. Bei Leoni in Kitzingen filmten Azubis das Zusammenspiel von Produktdesign, Industriekaufleuten und Technik-Berufen. Der Beitrag holte den ersten Preis im Nachwuchs-Wettbewerb „M+EINE Story“ der bayerischen Metall- und Elektro-Verbände (M+E).

Azubi-Aktionen im Internet posten

Youtube und Facebook, Snapchat und Instagram, das sind die Orte, an denen sich Jugendliche tummeln. Filme gucken, mit Freunden chatten, coole Bilder teilen – wer weiß, vielleicht findet sich daneben auch ein Job. Denn viele Unternehmen informieren auf den Plattformen über sich und ihr Ausbildungsangebot. Das muss nicht immer eine große Kampagne sein. Geklickt wird, was cool und witzig ist. Nutzfahrzeughersteller MAN etwa zeigt Trucker, Motoren und wie „echte Kerle“ Schnee schippen auf Instagram – oder Trainees beim Löwenstreicheln in Südafrika. Alles, um Bewerber emotional anzusprechen. Als Zugabe gibt’s was auf die Ohren: eine Playlist mit Songs für den Weg zur Arbeit.

Schnupper-Events anbieten

Informieren und unterhalten, auch das ist ein vielversprechender Ansatz, den viele Betriebe verfolgen, um Bewerber für sich zu gewinnen. Der Münchner Elektronikkonzern Rohde & Schwarz lädt Schüler zu „Research Days“ ein, etwa zum Thema Kryptografie. Zudem veranstaltet das Unternehmen seit 2004 einen Wettbewerb für Nachwuchs-Elektrotechniker. Dabei lösen die internationalen Uni-Teams spielerisch knifflige Aufgaben, haben Spaß und lernen so das Unternehmen von einer ganz anderen Seite kennen.

Bewerben einfacher machen

Hürden senken im Bewerbungsprozess. So ebnen Firmen dem Nachwuchs den Weg ins Unternehmen. Mit ein paar Klicks sein Profil bestücken und Unterlagen wie Zeugnisse einfach hochladen, statt sich mit Bewerbungsmappen herumzuschlagen: Autozulieferer ZF spricht junge Leute digital an, hat umgestellt auf Online-Bewerbungen über sein Karriereportal im Internet. Man hat damit gute Erfahrungen gemacht. Auf Papier verschickt wird am Ende nur noch der Vertrag. Und auch nach dem Ausbildungsstart geht es digital weiter, sämtliche Unterlagen werden elektronisch abgelegt, selbst das Berichtsheft wird online geführt.

Auch die Klassiker bedienen

Klassiker wie Zeitungsanzeigen oder das digitale Pendant, Online-Stellenbörsen, werden von Betrieben ebenfalls nach wie vor bedient. Der Vorteil ist die große Reichweite. Und: Hier lesen Eltern mit, die häufig ein Wörtchen bei der Berufswahl ihrer Kinder mitreden.

Kandidaten auf Messen ansprechen

Sich persönlich kennenlernen, schon vor dem ersten Bewerbungsgespräch? Das klappt immer noch gut auf Job- und Karrieremessen, die fast alle Unternehmen regelmäßig besuchen. Das Angebot zur direkten Kontaktaufnahme ist groß, es gibt im Jahresverlauf zahlreiche Veranstaltungen, auf denen sich Schülerinnen und Schüler in ihrer Region über mögliche Berufe und offene Stellen informieren können. Manche Berufsbildungsmessen bieten zudem Speed-Dating an, ein Format, bei dem sich Bewerber und Unternehmen in einem Blitz-Gespräch „beschnuppern“ können.

Bewerber haben die Wahl

  • Nach der repräsentativen Studie „Azubi-Recruiting Trends 2018“ erhalten 57 Prozent der Bewerber mehr als ein Ausbildungsangebot, im Schnitt sind es 2,01 Stellenangebote.
  • Für die Jugendlichen sind Eltern bei der Berufswahl am glaubwürdigsten (82 Prozent), gefolgt von Azubis (72 Prozent). Sogenannten Influencern im Internet vertrauen nur 6 Prozent.
  • Bewerber wünschen sich in Stellenausschreibungen mehr Information zu Vergütung und Perspektiven, Ausbildern sind dagegen Angaben zu den Anforderungen im Beruf wichtig.
Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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