Nicht immer drehen sich die Gespräche in der Frühstücks- oder Mittagspause um die harmlose Freizeitbeschäftigung vom Wochenende. Womöglich sieht mancher politisch Aktive seinen Arbeitsplatz auch als legitimen Ort politischen Engagements. Was man dabei auf jeden Fall vermeiden sollte und welche Regeln dabei gelten, erklärt Michael Felser, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
aktiv: Darf man am Arbeitsplatz seine politische Gesinnung verbreiten?
Michael Felser: Grundsätzlich gilt am Arbeitsplatz das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und die Meinungsfreiheit, er darf auch wegen seiner politischen Einstellung nicht diskriminiert werden. Allerdings ist die Arbeitszeit in erster Linie zum Arbeiten da und nicht für private Zwecke, wozu auch die Politik gehört.
Wo liegen die Grenzen von politischer Betätigung und politischem Engagement?
Grenzen ergeben sich aus den Gesetzen und den Rechten anderer – also des Arbeitgebers und der Belegschaft. Wenn es im Betrieb zu politischen Streitigkeiten kommt und dadurch der Betriebsfrieden gestört ist, kann das auch zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.
Und natürlich dürfen die politischen Äußerungen auch nicht rassistisch oder diskriminierend sein, sondern müssen sich im Rahmen der Gesetze halten. Der Arbeitnehmer muss nicht zuletzt auf die Interessen des Unternehmens Rücksicht nehmen. Betreut er etwa einen konservativen Kunden, sollte er sich mit linken Kommentaren zurückhalten. Und umgekehrt.
Ist es problematisch, wenn ein Mitarbeiter in seiner Freizeit an einer politischen Demonstration teilnimmt und seine Dienstkleidung trägt?
Das sollte man nicht machen. Generell darf die Dienstkleidung nicht privat getragen werden. Auf einer Demo stellt sie zudem einen Zusammenhang mit dem Arbeitgeber her, der dem Chef unter Umständen nicht schmeckt. Dann sieht es so auch aus, als stehe das gesamte Unternehmen inhaltlich hinter der Demo.
Was ist mit Buttons am Revers, die man im Betrieb während der Arbeit trägt?
Es kommt immer darauf an, ob man damit den Interessen des Arbeitgebers zuwiderläuft. Eine Anti-Atom-Plakette wird bei einem Mitarbeiter von Greenpeace kaum zu arbeitsrechtlichen Problemen führen, bei einem Hersteller von Atomkraftwerken dagegen mit Sicherheit.
Die Meinungsfreiheit im Dienst gilt daher immer nur in Grenzen. Die Interessen des Arbeitgebers müssen gegebenenfalls beachtet werden, es sollte nicht zu Streit mit den Kollegen kommen, die Gesetze müssen gewahrt bleiben und Kunden darf man nicht vergraulen. Das ist das Wichtigste.
Dürfen sich Mitarbeiter von Tendenzbetrieben wie Gewerkschaften oder Kirchen für Parteien und Organisationen engagieren, die den Zielen ihres Arbeitgebers widersprechen?
Für Tendenzbetriebe gilt, dass Arbeitnehmer, die als Tendenzträger gelten, sich auch an der Tendenz, also der besonderen Ausrichtung des Betriebes zu orientieren haben. Das gilt umso mehr, wenn der Arbeitnehmer sein Unternehmen repräsentiert. Der Gärtner, der die Außenanlage der CDU-Zentrale in Berlin pflegt, darf durchaus SPD-Mitglied sein. Die Sekretärin der Parteivorsitzenden dürfte aber wohl eher nicht in einer konkurrierenden Partei sein.
Abmahnung, Kündigung: Welche Konsequenzen können Arbeitgeber bei einem Fehlverhalten ziehen?
Verstöße werden im Regelfall abgemahnt, bei gravierenden Verstößen mit Störung des Betriebsfriedens oder strafbaren Handlungen kann auch eine Kündigung erfolgen, unter Umständen sogar fristlos.
Gelten für Menschen, die im öffentlichen Dienst arbeiten, und für Beamte besonders strenge Regeln?
Bei Beamten ja, bei Angestellten eher nicht. Allerdings sollten auch Angestellte im öffentlichen Dienst eher zurückhaltend sein, was politische Betätigung am Arbeitsplatz angeht. Denn sie dienen dem ganzen Volk und nicht einer Partei oder politischen Gruppierung.
Allerdings hängt das Maß der Zurückhaltung auch hier von der Funktion ab und davon, ob Außenwirkung besteht oder nicht. Für Beamte gilt hingegen grundsätzlich ein Mäßigungsgebot, sie sollten sich also in jedem Fall neutral verhalten.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zum Beispiel 1990 entschieden, dass ein Lehrer während des Schuldienstes keine Anti-Atomkraft-Plakette tragen darf (2 C 50.88). Dies verstoße gegen das Gebot der Zurückhaltung bei politischer Betätigung. Beamte sollten sich übrigens auch in der Freizeit politisch neutral verhalten, vor allem, wenn es um besonders umstrittene Themen geht. Denn ein Beamter ist immer im Dienst.
Wie sieht es bei der politischen Betätigung von Betriebsräten aus?
Der Betriebsrat hat – wie übrigens auch der Arbeitgeber – jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen. Der Gesetzgeber will dadurch den Betriebsfrieden sichern. Dadurch wird zwar die Meinungsfreiheit eingeschränkt, aber in zulässiger Weise. Als Arbeitnehmer ist aber auch das Betriebsratsmitglied nicht anders zu behandeln als andere. Bei Fragen in Zusammenhang mit Arbeitnehmerrechten darf natürlich auch der Betriebsrat eine Meinung haben.
Welche Folgen für die Karriere beziehungsweise für die Bewerbung sollte man bei politischen Äußerungen im Internet bedenken?
Nun, man schränkt durch eine nach außen deutlich erkennbare politische Tendenz seine potenziellen Arbeitgeber natürlich ein. Wer sich sehr kritisch zur Migration äußert, wird sich sicher nicht erfolgreich im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder anderen Flüchtlings-Organisationen bewerben können. Andererseits erhöht eine bestimmte politische Ausrichtung die Chancen bei passenden Arbeitgebern auch.
Nach seinem Germanistik-Studium in Siegen und Köln arbeitete Tobias Christ als Redakteur und Pauschalist bei Tageszeitungen wie der „Siegener Zeitung“ oder dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Derzeit schreibt er als freier Journalist Beiträge für Print- oder Onlinemedien. Für aktiv recherchiert er vor allem Ratgeberartikel, etwa rund um die Themen Mobilität und Arbeitsrecht. Privat wandert der Kölner gern oder treibt sich auf Oldtimermessen herum.
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