Brake. Die Apfelbäume hängen voller verlockender Früchte, die Brombeerhecken quellen über – darf man sich da eigentlich einfach so bedienen? Was gilt, wenn Bäume und Sträucher am Straßenrand, im Wald oder auf Feldern und Wiesen stehen?
Zunächst muss man wissen: „Sind die Früchte agrarisch oder gärtnerisch angebaut, also von einem Bauern, ist das verboten.“ So erklärt es Tammo Gräper, Fachanwalt für Agrarrecht im niedersächsischen Brake. Sprich: Einfach einen Maiskolben abpflücken oder Obst aus Plantagenanbau mitnehmen – das ist juristisch betrachtet Diebstahl!
Obst, das noch an Nachbars Baum hängt, gehört allein dem Nachbarn
Genauso tabu sind Früchte, die auf dem Privateigentum anderer wachsen. Selbst wenn Zweige eines Obstbaums über den Zaun hinaus in den öffentlichen Raum ragen, dürfen die daran hängenden Birnen oder Kirschen nicht gepflückt werden! Anders ist das bei Fallobst: Liegen Früchte schon am Boden, ist das Aufsammeln erlaubt. Das gleiche Prinzip gilt für die Äste und Früchte aus Nachbars Garten. Fallobst ist stets dem Grundstück zuzuordnen, auf dem es gelandet ist.
„Erlaubt sind nur geringe Mengen für den eigenen Bedarf.”
Tammo Gräper, Fachanwalt für Agrarrecht
Öffentliche Flächen dürfen laut Gräper grundsätzlich betreten und Früchte dort abgeerntet werden. Dazu zählen etwa Parks und die Grünstreifen an Straßen oder Böschungen. Viele Städte und Gemeinden pflanzen mittlerweile auf ihren Flächen gezielt Obst und Gemüse an, wobei Abernten ausdrücklich erwünscht ist. So das rheinland-pfälzische Andernach, das Vorreiter dieser Bewegung war: An der Stadtmauer etwa wachsen unter anderem Pfirsiche und Birnen.
Das Naturschutzgesetz gibt Regeln fürs Pflücken und Sammeln vor
Auf nicht abgezäunten privaten Feldern oder Wiesen darf man, anders als im Wald, nicht immer herumspazieren. „Wiesen dürfen außerhalb der Aufzucht- und Weidesaison betreten werden“, sagt der Jurist, „Äcker vor der Aussaat und nach der Ernte.“
Wild wachsende Pflanzen dürfen überall gepflückt werden. „Das Bundesnaturschutzgesetz gestattet das ausdrücklich“, so Gräper – sofern die Pflanzen sich nicht in einem Naturschutzgebiet befinden oder unter Artenschutz stehen. „Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen“ darf man laut Gesetz „in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen.“
Ein Kilo Pilze pro Person – das geht gerade noch in Ordnung
Leider ist nicht genau definiert, was die „geringe Menge“ konkret bedeutet. Bei Pilzen etwa geht man von maximal einem Kilo pro Person aus. Im Zweifelsfall sollte man sich vor größeren Sammelaktionen bei der Naturschutzbehörde schlaumachen.
Übrigens: Wer nicht weiß, wo er Obst sammeln kann, findet Rat auf der bewährten Website Mundraub – dort gibt es eine deutschlandweite Karte mit Fundstellen und Erläuterungen. Als Nutzer kann man auch eigene Einträge machen – damit andere Spaziergänge sich auch über kostenlose und gesunde Mitbringsel freuen können.
Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.
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