Augsburg. Schnell, bloß raus hier! Bricht im Gebäude ein Feuer aus, denken die meisten Menschen an Flucht – durchs Treppenhaus. „Das ist ganz natürlich“, sagt Frank Habermaier. „Doch leider ist die Reaktion oft genau die falsche.“ Ein Besuch in der neuen „Feuerwehr Erlebniswelt“ in Augsburg zeigt, warum. aktiv hat sich da mal umgeschaut.

Die erst in diesem Frühjahr eröffnete Attraktion in Schwaben ist bundesweit einzigartig. Auf zwei Etagen raucht’s, brennt’s und kracht’s, alles live, aber dennoch völlig ungefährlich. Habermaier ist Macher des interaktiven Museums. Der ehemalige Branddirektor der Berufsfeuerwehr hat selbst viele Einsätze miterlebt. Sein Wissen um die Gefahren hat er in die spannende Ausstellung gepackt. Die Tipps können Leben retten. „Man muss einfach selbst sehen, was passiert“, so Habermaier, „damit man im Ernstfall richtig reagiert.“ 

Empfohlener externer Inhalt: YouTube

Dieser Artikel wird an dieser Stelle durch einen externen Inhalt von YouTube bereichert, den unsere Redaktion ausgewählt hat. Bevor wir diesen Inhalt anzeigen, benötigen wir Ihre Einwilligung. Natürlich können Sie das Element eigenhändig wieder deaktivieren oder Ihre Cookies löschen.

Im Erdgeschoss, hinter der Original-Rutschstange aus der Feuerwache, warten ein paar Schritte weiter die „verbrannten Räume“. Sie zeigen das Ergebnis der häufigsten Unglücksursachen wie des Kabelbrands. „Defekte Elektrogeräte, Stecker und Kabel immer austauschen“, legt Habermaier Besuchern deshalb ans Herz. Sonst sieht das am Ende so aus: Schwarz verkohltes Sofa, die Schrankwand nur noch Schrott, in der Ecke ein schwarzer Klumpen, das war mal ein – na? – Staubsauger mit Kurzschluss.

Am Boden robben, um lebend rauszukommen

Mit Wärmebildkameras suchen die Retter in so einem Fall nach vermissten Personen. Im Museum werden die Gestalten als grüne Umrisse auf einem Bildschirm angezeigt. Theaternebel simuliert an der Station normalerweise dichten Qualm. Aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen wird der Raum derzeit nur verdunkelt. Doch das reicht, um die Orientierung zu verlieren. Der Trick, um lebend rauszukommen, sollte das „in echt“ passieren: auf allen Vieren krabbeln oder auf dem Boden robben. Dort ist meist noch etwas frische Luft, Brandrauch zieht immer zur Decke.

Den giftigen Qualm gilt es um jeden Preis zu meiden. Er ist noch gefährlicher als Flammen. „Schon wenige Atemzüge genügen, um das Bewusstsein zu verlieren“, so Habermaier. Das droht übrigens auch bei der Flucht durch ein verrauchtes Treppenhaus, wie eingangs beschrieben. Hier sei es besser, in der Wohnung zu bleiben, den Türschlitz abzudichten (nasses Handtuch) und am Fenster auf die Feuerwehr zu warten. „Die hat Drehleitern und holt Sie sicher raus.“ 

Spektakulär und bis zu 1.000 Grad heiß wird’s beim Flashover, den Sie sich auch im Video oben anschauen können. Das lebensgefährliche Phänomen kennen nur wenige Laien. Im Museum lässt es sich aus sicherer Entfernung mitverfolgen. Auf Knopfdruck des Personals schießt an der Decke eine riesige Feuerwalze über die Köpfe der Besucher hinweg. Wow, so muss es sich anfühlen, wenn man vor einem feuerspeienden Drachen steht. Die heiße Stichflamme aus brennenden Gasen ist im echten Leben tödlich. Sie kann entstehen, wenn bei Feuer in einem geschlossenen Raum der Sauerstoff aufgebraucht ist und dann jemand die Tür öffnet. „Das darf man auf keinen Fall tun, sonst kommt es zu schlimmen Verletzungen“, warnt Habermaier. Unbedingt der Feuerwehr überlassen, sie hat Schutzausrüstung.

Und noch mehr gibt es auf den zwei Etagen zu entdecken. Auch einen Handfeuerlöscher kann man ausprobieren und damit ein – digitales – Feuer auf dem Bildschirm löschen. Ganz schön schwer, das Ding. Der Trick ist draufhalten, am besten mit mehreren Geräten gleichzeitig, so vorhanden. Habermaier empfiehlt für zu Hause Fettbrandlöscher. „Sie sind effektiv, schnell und gehen im Haushalt für alles“, so der Museumsleiter. Eine Schaumschicht erstickt rasch das Feuer.

Und im Betrieb? Da übernimmt das erste Löschen meist die Sprinkleranlage, auch ihre Funktionsweise wird im Museum erklärt, nebst allerhand Wissenswertem rund um das Thema Arbeitsschutz in den Unternehmen.

Fitness-Training auf der Endlos-Leiter

Auch über Gefahren im Haushalt, in der Natur (Orkan, Erdbeben, Hochwasser) sowie im Straßenverkehr werden die Besucher informiert. Etwa wie man nach einem Unfall eine Rettungsgasse bildet. Zahlreiche Ausstellungsstücke inklusive Anzügen und der 40 Kilogramm schweren Atemschutz-Ausrüstung zeigen zudem die Arbeit der Retter.

Und wie halten sich Feuerwehrleute fit? Zum Beispiel auf der Endlos-Leiter. Das Trainingsgerät darf jeder gerne ausprobieren. Oben angekommen, drückt man einen Knopf, die Sprossen rotieren und immer weiter geht die Kletterei. „Das ist ein Riesenspaß, nicht nur für Schulklassen“, sagt Museumsleiter Habermaier.

Neue Attraktion seit Frühjahr 2021

  • Wissen marsch: Die „Feuerwehr Erlebniswelt“ in Augsburg (Halle E3, Martinipark) informiert Familien und Fachleute rund um Brandschutz und weitere (Natur)Gefahren. Das Museum in Bayern ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet (Dienstag Ruhetag).
  • Mitmachen: An interaktiven Stationen dürfen Kinder und Erwachsene alles ausprobieren. Etwa einen Feuerlöscher bedienen oder in der nachgebauten Leitstelle einen (fiktiven) Notruf entgegennehmen und den Rettungseinsatz koordinieren.
  • Arbeitsschutz: Ein eigener Parcours widmet sich der Sicherheit im Betrieb. Auch Seminare und Schulungen für Brandschutzhelfer werden in dem Museum angeboten.
Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

Alle Beiträge der Autorin