Nach langer Zeit im Krankenhaus oder nach einer schweren Operation sind viele Patienten zunächst noch nicht gesund genug, um ihr Leben wieder selbstständig zu meistern. Um die Patienten auch zu Hause weiterhin bestmöglich zu versorgen, wurde deshalb 2017 das Entlassmanagement von Krankenhäusern und Reha-Kliniken eingeführt. „Das soll für die Patienten eine lückenlose Anschlussversorgung sicherstellen, wenn die Behandlung im Krankenhaus abgeschlossen ist“, erklärt Petra Heinevetter, Beraterin für Sozialversicherungsrecht bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) in Berlin.

Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf das Entlassmanagement

Wer kann das Entlassmanagement beanspruchen? „Darauf haben alle gesetzlich Versicherten Anspruch, sofern die Kosten für die stationäre Behandlung von der Krankenkasse getragen wurden“, erklärt die Expertin. Anders sieht es beispielsweise bei Reha-Maßnahmen aus, die von der Rentenkasse bezahlt werden: Dann haben die Patienten keinen gesetzlich definierten Anspruch auf ein Entlassmanagement. Auch für Privatpatienten gilt dieser Anspruch nicht.

Neben der Sicherung einer durchgängigen medizinischen Versorgung soll das Entlassmanagement den Patienten und seine Angehörigen von Organisationsaufgaben entlasten und ausführlich über die Erkrankung, ihre Folgen und die Weiterbehandlung informieren. Auch Kommunikationsdefizite zwischen Krankenhaus und weiterbehandelnden Stellen sollen so vermieden werden.

Für jeden Patienten wird ein genauer Plan erstellt, wie es weitergeht

Zunächst findet ein sogenanntes Assessment statt, indem der individuelle Bedarf für die Weiterbehandlung des jeweiligen Patienten festgestellt wird. Dann wird in der Klinik zusammen mit dem behandelnden Arzt ein konkreter Plan erarbeitet, der den reibungslosen Übergang in die nächste Phase der Behandlung sicherstellen soll.

Dieser Entlassplan gehört zu den Patientendaten und ist anschließend in der Behandlungsakte dokumentiert. Praktisch, wenn auch andere Ärzte darauf zugreifen müssen. Wichtig zu wissen: Dem geordneten Entlassmanagement muss der Patient ausdrücklich zustimmen, „weil unter Umständen hierbei auch Dritte im Namen des Patienten kontaktiert werden müssen“, sagt die Expertin. Das können zum Beispiel die Kranken- oder Pflegekasse sein, weiter behandelnde Ärzte oder Reha-Einrichtungen. Diese Einwilligung muss der Patient bereits vor dem Assessment abgeben.

Große Bandbreite an Maßnahmen

Das Entlassmanagement selbst umfasst eine ganze Reihe von Maßnahmen, die die Klinikärzte für den Patienten veranlassen können. Ist etwa eine Weiterbehandlung beim niedergelassenen Arzt notwendig? Dann ist das Klinikpersonal verpflichtet, das Gespräch mit dem Kollegen aufzunehmen und ihn über die anstehenden notwendigen Maßnahmen zu informieren.

„Bei komplexen Fällen soll zudem von Klinikseite aus darauf geachtet werden, dass der Patient zeitnah einen Termin für die ambulante Behandlung erhält und keine lange Wartezeit hat“, erklärt Heinevetter. Dazu zählen etwa Patienten, die nach der Entlassung zunächst noch Unterstützung im alltäglichen Leben oder Hilfe durch einen Pflegedienst benötigen. Auch die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) für bis zu sieben Tage oder Rezepte für Medikamente gehören dazu. „So soll es dem Patienten erspart bleiben, nach der Entlassung als Erstes zum Hausarzt gehen zu müssen, um eine AU oder Rezepte für die benötigten Medikamente zu organisieren“, erläutert die Expertin.

Heilmittel wie eine Physio-, Logopädie- oder Ergotherapie, Verbandsmaterial und Ähnliches dürfen die Ärzte im Krankenhaus ebenfalls verordnen. Diese therapeutischen Behandlungen müssen innerhalb von zwölf Tagen abgeschlossen – aber auch rechtzeitig angefangen werden: Startet der Patient nicht innerhalb von sieben Tagen mit der Therapie, verfällt die Verordnung. Schließlich sollen keine Lücken entstehen.

Krankenkassen müssen Anträge unverzüglich bearbeiten

Da manche Verordnungen erst von der Kranken- oder Pflegekasse genehmigt werden müssen, zum Beispiel ein Pflegebett, eine Haushaltshilfe oder eine Kurzzeitpflege, ist das Krankenhaus verpflichtet, diese rechtzeitig bei den Kassen zu beantragen. Auch die Kassen dürfen solche Anträge nicht hintanstellen. Heinevetter: „Die Kranken- oder Pflegekasse muss diese Anträge schnellstmöglich und prioritär bearbeiten, damit noch genug Zeit bleibt, um zum Beispiel eine Pflegestelle zu finden.“

Wenn der Prozess mal ins Stocken gerät und der Patient oder seine Angehörigen den Eindruck haben, dass die poststationäre Versorgung nicht ausreichend organisiert wird, rät Heinevetter dazu, die Klinikärzte direkt anzusprechen: „Am besten so früh wie möglich, aber spätestens drei Tage vor der geplanten Entlassung“. Auch der Sozialdienst oder das Beschwerdemanagement der Klinik können dem Patienten in solchen Fällen weiterhelfen. „Wenn das nichts nützt, sollte die Kranken- oder Pflegekasse kontaktiert werden“, sagt Heinevetter. Diese ist ebenfalls verpflichtet, ihre Patienten zu beraten und zu unterstützen.

Ohne sichergestellte Versorgung muss man seiner Entlassung nicht zustimmen

Keinesfalls sollten Patienten, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, allein klarzukommen, ohne geeignete Maßnahmen einer Entlassung zustimmen – ein Problem, das immer wieder auftritt, berichtet Heinevetter: Besonders vor Wochenenden komme es regelmäßig zu spontanen Entlassungen. In dem Fall sollten die Patienten oder ihre Angehörigen direkt das Gespräch mit der Klinik suchen und nachdrücklich sagen, dass sie nicht allein zurechtkommen. Auf eine geregelte Anschlussversorgung sollte man bestehen, damit zu Hause die richtige Weiterbehandlung gewährleistet ist.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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