Berlin. Einmal Parship – immer Parship?! So kommt es wohl vielen Nutzern der bekannten Online-Partnerbörse vor. Grund dafür ist eine Klausel, die festlegt, dass sich der Vertrag automatisch um ein Jahr verlängert, wenn er nicht spätestens zwölf Wochen vor Ende der Erstlaufzeit gekündigt wird (diese kann 6, 12 oder 24 Monate dauern).

Das benachteiligt die Verbraucher unangemessen – findet jedenfalls Henning Fischer, Rechtsreferent beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, kurz VZBV. Nach dessen Ansicht müssten Kunden solche Verträge sogar fristlos kündigen dürfen, da zwischen Partnerbörse und Nutzer ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehe.

Bei einer Musterfeststellungsklage ist das ganze Verfahren für die Verbraucher kostenlos

Um gegen die Parship-Klauseln vorzugehen, hat der Verband gegen die zuständige Firma PE Digital beim Hanseatischen Oberlandesgericht eine Musterfeststellungsklage eingereicht. Das ist ein in Deutschland noch recht neues Instrument, dass es Verbraucherschützern erlaubt, stellvertretend für die Kunden zu klagen, wenn diese durch bestimmte Klauseln benachteiligt werden. Etwa von Partnerbörsen, Fitnessstudios, Energieversorgern oder aktuell auch etlichen Sparkassen.

„Verbraucher gehen kein eigenes Prozessrisiko ein – und sie verhindern, dass ihr Fall verjährt.“

Henning Fischer, Rechtsreferent des VZBV

Für die Verbraucher hat so ein Musterfeststellungsverfahren mehrere Vorteile: „Sie gehen zum einen kein eigenes Prozessrisiko ein“, erklärt Fischer, „und sie verhindern zum anderen, dass ihr Fall verjährt.“ Das passiere sonst durchaus häufig, weil es Jahre dauern könne, bis eine Rechtslage abschließend geklärt sei. Und schließlich ist das ganze Verfahren für die teilnehmenden Verbraucher kostenlos.

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Zum Verfahren kommt es nur, wenn sich mindestens 50 Betroffene der Musterfeststellungsklage anschließen

Damit von einem klageberechtigten Verbraucherverband eine Musterfeststellungsklage erhoben werden kann, muss es zunächst eine Mindestzahl von zehn potenziell Geschädigten geben. Weitere Betroffene können sich dann einfach an das Verfahren anhängen. „Dafür führt das Bonner Bundesamt der Justiz das Klageregister, in dem sich Verbraucher eintragen können.“ In einer Liste der Behörde sind sämtliche derzeit anhängigen Verfahren aufgeführt: bundesjustizanstalt.de/klageregister.

Zum Musterfeststellungsverfahren selbst kommt es dann allerdings nur, wenn es nach zwei Monaten mindestens 50 Einträge von Betroffenen gibt. Für weitere Verbraucher ist der Beitritt anschließend noch bis zum Tag vor der ersten mündlichen Verhandlung möglich – danach nicht mehr. Bis zum ersten Verhandlungstag ist es übrigens auch möglich, sich wieder aus dem Verzeichnis austragen zu lassen.

Wer bei einer Musterfeststellungsklage mitmacht, ist dann an das Urteil gebunden

Wer rechtzeitig im Klageregister eingetragen ist, ist dann allerdings auch an das Urteil gebunden! „Wenn das Ergebnis nicht gefällt, kann der Teilnehmer also nicht nochmals ein eigenes Gerichtsverfahren anstreben“, sagt der Rechtsexperte.

Außerdem begründet eine Musterfeststellungsklage keinen unmittelbaren Anspruch auf einen Schadenersatz oder auch die Rückzahlung beispielsweise von zu viel gezahlten Gebühren. „Diese Ansprüche müssen die Verbraucher dann noch selbst mit Berufung auf das Urteil bei den beklagten Anbietern geltend machen“, erklärt Fischer.

Waltraud Pochert
Autorin

Waltraud Pochert hat bei aktiv vor allem Verbraucherthemen aus dem Bereich der privaten Finanzen sowie Recht und Steuern im Blick. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Köln startete sie ihre berufliche Laufbahn bei einem großen Wirtschaftsmagazin, bevor sie als freie Journalistin tätig wurde. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad.

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