Der junge Mann wirkte doch so nett und seriös – doch jetzt zahlt er die Miete nicht mehr, am Telefon heißt es „Kein Anschluss unter dieser Nummer“, die E-Mails kommen als unzustellbar zurück und in der Mietwohnung ist auch nie jemand.

Ein klarer Fall von Mietnomade? Nein! „Auch wenn es anders aussieht, könnte es ja sein, dass der Mieter nicht auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist, sondern sich beispielsweise nur längere Zeit im Ausland aufhält“, sagt Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland.

Egal, wie der Mieter sich verhält: Eine Kündigung des Mietvertrags ist immer nötig

Aber auch wenn es sich tatsächlich um einen Mietnomaden handelt, besteht der Mietvertrag weiter. Es ist also egal, wo sich der Mieter aufhält, ob er ans Telefon geht oder auf E-Mails reagiert. „Selbst wenn der Mieter seine Miete nicht bezahlt hat, endet der Mietvertrag nicht automatisch, sondern der Vermieter muss ihn ausdrücklich kündigen“, erklärt die Juristin.

Fristlose Kündigung: Da geht nur unter folgender Bedingung

Die Grundregel lautet: Sobald der Mieter zwei Monate nacheinander mit insgesamt mehr als einer Warmmiete im Rückstand ist, darf man fristlos kündigen. Zahlt der Mieter beispielsweise seine 500 Euro Monatsmiete ab März nicht mehr, ist er im März ja nur genau eine Monatsmiete und keinen höheren Betrag im Rückstand. Erst im April ist er dann mit Ausbleiben der zweiten Miete mehr als eine Miete im Rückstand, und damit darf der Vermieter fristlos kündigen.

Diese Grundregel gilt auch, wenn der Mieter innerhalb aufeinanderfolgender Monate noch Teilbeträge überweist. Zahlt er beispielsweise im März 200 Euro und im April 250 Euro, ist er damit insgesamt 550 Euro im Rückstand, und dann darf der Vermieter noch im April fristlos kündigen. Hätte er dagegen im März und April jeweils 400 Euro gezahlt, läge der Rückstand erst bei 200 Euro und damit wäre noch keine Kündigung möglich.

Zahlt der Mieter allerdings völlig unregelmäßig, also mal einen Teilbetrag, mal alles, mal gar nichts, darf man fristlos kündigen, sobald sich die Rückstände auf insgesamt mindestens zwei Warmmieten aufsummiert haben.

Bei jeder fristlosen Kündigung sollte man dem Mieter allerdings etwa ein bis zwei Wochen Schonzeit zur Räumung der Wohnung zugestehen, rät die Expertin.

Betreten der Wohnung durch den Vermieter: Erst nach wirksamer Kündigung und offizieller Übergabe

„Der Vermieter darf die Wohnung erst betreten, wenn der Vertrag wirksam gekündigt ist und der Mieter ihm die Räume offiziell wieder übergeben hat“, warnt die Expertin für Mietrecht.

Wer eine zwar bereits gekündigte, aber noch nicht geräumte Mietwohnung also einfach selbst aufschließt und leer räumt, begeht möglicherweise Hausfriedensbruch, und der ist bekanntlich strafbar. Zum anderen macht man sich gegenüber dem Mieter schadenersatzpflichtig, denn Möbel und Hausrat sind ja dessen Eigentum.

Der Mieter ist verschwunden. Wie stellt man dann die Kündigung wirksam zu?

Bei der Kündigung steht man allerdings gleich vor dem nächsten Problem. „Ist der Mieter nicht auffindbar, kann man die Kündigung nicht zustellen und damit wird sie nicht wirksam“, erläutert Julia Wagner.

Vor allem, wenn Mieter nicht polizeilich gemeldet sind, genügt es nicht, das Schreiben persönlich in den Briefkasten zu werfen oder per Einschreiben zu verschicken. Die Lösung ist eine sogenannte „öffentliche Zustellung“, die man beim örtlichen Amtsgericht beantragt. Erst wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist, gilt die Kündigung als zugestellt, und damit ist der Mieter rechtlich einwandfrei gekündigt.

Räumungsklage durch den Vermieter einreichen

Zieht der Mieter trotzdem nicht aus – was in solchen Fällen erfahrungsgemäß praktisch immer der Fall ist – muss man die Räumung der Wohnung einleiten. Auch jetzt darf man aber nicht einfach aufschließen und alles leer räumen. „Der Vermieter muss beim zuständigen Amtsgericht eine Räumungsklage einreichen“, erklärt die Expertin.

Öffnen der Wohnung nur mit Gerichtsvollzieher

Wird dieser Klage stattgegeben erhält man einen sogenannten „Titel“ zur Vollstreckung. „Auch mit einem Titel darf der Vermieter die Wohnung nicht selbst öffnen, sondern muss dazu einen Gerichtsvollzieher einschalten“, warnt Julia Wagner. Gemeinsam mit dem Gerichtsvollzieher wird die Wohnung dann endlich geöffnet.

Wenn die Wohnung geöffnet wird: Gerichtsvollzieher lagert Möbel ein, oder Schlösser werden ausgetauscht

Nach der Öffnung gibt es für den Vermieter zwei Möglichkeiten. Entweder sorgt der Gerichtsvollzieher dafür, dass die Mietwohnung geräumt wird und lagert die Möbel des Mieters vorschriftsmäßig ein. „Der Vermieter muss die Kosten dafür vorstrecken, und kann sie sich hinterher von dem verschwundenen Mieter erstatten lassen“, erklärt Julia Wagner.

Die andere Möglichkeit ist, dass der Gerichtsvollzieher nur die Schlösser austauscht und dem Vermieter die Wohnung offiziell wieder übergibt. Anschließend darf der Vermieter die Wohnung dann selbst leer räumen.

„In diesem Fall darf man das Mobiliar und den Hausrat aber nicht gleich entsorgen, sondern muss diese Dinge für mindestens einen Monat aufbewahren“, sagt die Juristin. Kam der Gerichtsvollzieher beispielsweise am 5. Juni, müsste man das Wohnungsinventar also bis zum 5. Juli einlagern.

„Dinge, an denen der Mieter offensichtlich kein Interesse mehr hat, darf man aber schon vorher wegwerfen“, erläutert Wagner. Das wäre beispielsweise bei verdorbenen Lebensmitteln oder völlig vertrockneten Zimmerpflanzen der Fall. Der Wert der Gegenstände spielt dagegen nicht unbedingt eine Rolle, denn auch völlig wertlose Dinge wie beispielsweise alte Fotos können für den Mieter eine große Bedeutung haben.

Am besten die Wohnung noch einen weiteren Monat im vorgefundenen Zustand halten

In der Praxis bedeutet das meist, dass man die Wohnung einfach noch einen weiteren Monat so stehen lässt, wie sie ist, und höchstens verdorbene Lebensmittel oder Ähnliches entsorgt.

Ist diese Wartezeit endlich abgelaufen, darf man den Hausrat und die Möbel aber trotzdem nicht einfach auf den Müll werfen. „Der Vermieter muss den Wohnungsinhalt verwerten“, erklärt die Mietrechts-Expertin. Auch dabei muss man wieder verschiedene komplizierte Spielregeln beachten.

Tipp von der Expertin: Nicht lange mit der Kündigung warten

Alles in allem kann es sich locker ein Jahr oder länger hinziehen, bis das gesamte Verfahren endlich abgeschlossen ist. Das kostet jeden Vermieter nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch viel Geld. „Auch wenn man sich alle Kosten und die Mietausfälle theoretisch vom verschwundenen Mieter wiederholen kann, ist das in der Praxis meist aussichtslos, und der Vermieter bleibt auf seinem Schaden sitzen“, so die Erfahrung der Juristin.

Vermieter, die glauben, dass ein säumiger Mieter abgetaucht ist, sollten deshalb nicht allzu lange abwarten, sondern umgehend kündigen, damit sich die Räumung der Wohnung nicht noch länger hinzieht, als es aufgrund der zahlreichen vorgeschriebenen Fristen sowieso schon unvermeidlich ist.

Übrigens: Die Angst vor solchen Mietnomaden ist meistens unbegründet. „Es gibt dazu zwar keine offiziellen Zahlen, aber rein statistisch handelt es sich um seltene Einzelfälle, auch wenn so etwas für den betroffenen Vermieter natürlich immer eine sehr schwierige Situation ist“, beruhigt die Expertin für Mietrecht.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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