Mannheim. Sein Herz schlägt für Dioden, Transistoren und Sensoren – schon lange: schon seit er als Kind einen Elektronik-Experimentierkasten bekam. Inzwischen ist Gunther Kegel oberster Chef des Mannheimer Elektronik-Spezialisten Pepperl+Fuchs. Und seit Kurzem ist der promovierte Manager ehrenamtlicher Präsident des wichtigen Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, kurz ZVEI. aktiv sprach mit ihm kurz nach der Wahl.

Als Geschäftsführer haben Sie viel zu tun. Warum arbeiten Sie auch noch ehrenamtlich beim Verband?

Um mit Gleichgesinnten Dinge voranzubringen. Ich genieße die Vorstandssitzungen beim ZVEI richtig – hier kann man mit Unternehmensvertretern und Verbandsmitarbeitern spannende Themen mit unterschiedlichen Herangehensweisen voranbringen. Mittelständler wie wir sind nicht in der Lage, große Marktforschungsabteilungen aufzubauen, sondern darauf angewiesen, mit anderen zusammenzuarbeiten. Der Zeitaufwand ist also ein ziemlich gutes Investment. Und macht mir Spaß: Ich bin ein Typ, der Informationen aufsaugt wie ein Schwamm.

Abgesehen von solchem Nutzen für einzelne Firmen – warum braucht unsere Gesellschaft solche Verbände?

Weil Politik und Gesellschaft allein sich nicht ausreichend um alle Detail-Belange kümmern können, die für die Wirtschaft wichtig sind. Wenn es schlecht läuft, werden Gesetze gemacht, die zu völlig unerwünschten Effekten führen – weil Politiker die Industrie nur mit einem Helikopterblick sehen können.

Haben Sie dazu mal ein griffiges Beispiel?

Klar. Der induktive Näherungsschalter, den übrigens Pepperl+Fuchs erfunden hat: Davon gibt es in jedem automatisierten Lager Tausende. Weil solche Schalter ein Magnetfeld aufbauen, verleiten die Gesetze immer wieder dazu, Näherungsschalter sollten nach der Radiofrequenzrichtlinie zugelassen werden müssen. Das ist aber absurd, weil sie nur ein Nahfeld generieren. So ein Gesetz wäre für die Industrie eine Katastrophe.

Warum?

Die Hersteller müssten jeden einzelnen Schalter nach der Radiofrequenzrichtlinie zulassen und unsere Kunden diese Lizenz nachhalten. Das wäre extrem teuer und würde Jobs gefährden. Als Verband kann man solche Fehlentscheidungen oft verhindern.

Dieser Näherungsschalter scheint in der Industrie also sehr wichtig zu sein?

Absolut. Das, was Pepperl+Fuchs 1958 erfunden hat, hat die moderne Automatisierung erst möglich gemacht! Es ging darum, dass mechanische Schalter schnell verschleißen. Der induktive Näherungsschalter wird ohne Berührung ausgelöst, verschleißt also nicht und kann auch nicht korrodieren.

Wie sind Sie eigentlich zur Elektronik gekommen?

Seit ich als Kind einen Elektronik-Baukasten geschenkt bekam, war es um mich geschehen. Später habe ich Elektrotechnik studiert und promoviert. Die Entscheidung dafür war leicht. Ich dachte mir: Das macht Spaß, und in diesem Bereich verhungert man sicher nicht.

Na ja, jetzt herrscht Krise … Wie steht die Branche denn da?

Insgesamt noch relativ gut. Denn die Elektrotechnik ist der Wegbereiter für alle Innovationen rund um den Klimaschutz und auch in vielen anderen Zukunftsbereichen unverzichtbar. Sie ist unser Schlüssel zur Zukunft! Auch wenn einige Segmente derzeit natürlich sehr zu kämpfen haben.

Wie wettbewerbsfähig ist die deutsche Elektrotechnik?

Wir haben bestimmte Sektoren wie die Unterhaltungselektronik längst an Hersteller aus dem asiatischen Bereich verloren. Aber auch asiatische Unternehmen sind Mitglied im ZVEI und leisten ihren Beitrag zu Wertschöpfung und Wachstum. Und wir haben in Deutschland einen sehr starken Kern etwa in der Industrie-Elektrotechnik und Industrie-Elektronik. In der elektrischen Automatisierungstechnik sind wir beispielsweise Weltspitze, hier exportieren wir doppelt so viel nach China, wie wir von dort importieren. Und ich bin sicher, dass wir 2021 wieder auf einen Wachstumspfad zurückkehren können.

Von der Radiowerkstatt zum Weltmarktführer

Das Unternehmen Pepperl+Fuchs mit Hauptsitz in Mannheim entstand 1945 als kleine Radiowerkstatt. Mit der Erfindung des induktiven Näherungsschalters revolutionierte die Firma die Automatisierungstechnik.
Heute ist der Mittelständler mit 5.700 Beschäftigten eines der weltweit führenden Unternehmen der industriellen Sensorik und des Explosionsschutzes.

Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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