Wie gewinnen Unternehmen ihren Nachwuchs und dringend benötigte Fachkräfte? In aller Regel so: Sie sind auf Jobportalen wie Xing oder Linkedin unterwegs oder schalten – ganz herkömmlich – eine Stellenanzeige in der Tageszeitung oder Fachzeitschrift, um dann, oft vergeblich, auf Resonanz zu warten.

Mit dem digitalen Wandel eröffnen sich dagegen effektivere und zielgenaue Möglichkeiten der Personalgewinnung, sagt der Wirtschaftspsychologe Professor Tim Warszta von der Fachhochschule Westküste in Heide. Er stellte Mitte Oktober in Hamburg rund 40 Personalverantwortlichen und Unternehmensvertretern aus überwiegend mittelständischen Betrieben die Möglichkeiten des Personalmarketings in Zeiten der Digitalisierung vor.

Unterstützung für die Mitgliedsunternehmen

Gemeinsam mit Professor David Scheffer von der Nordakademie, Hochschule der Wirtschaft, gab er einen Überblick über den aktuellen Stand der Wissenschaft. Die Veranstaltung war zugleich der Startschuss für die von den Arbeitgeberverbänden Nordmetall und AGV Nord ins Leben gerufene „Community e-Recruiting“.

„Wir unterstützen unsere Mitgliedsunternehmen seit vielen Jahren bei der Gestaltung des digitalen Strukturwandels und haben unter anderem themenspezifische Communities ins Leben gerufen. Sie richten sich an alle Wissensträger in den Unternehmen unabhängig von Hierarchie und Funktion. Die ersten beiden Communities beschäftigen sich mit Start-up-Kultur und Innovation sowie mit dem digitalen Recruiting“, erklärt Thomas Küll, Abteilungsleiter Weiterbildung und Personalentwicklung bei Nordmetall.

Computer-Programme nehmen Lebensläufe unter die Lupe

Fest steht: Die klassische Personalgewinnung über Stellenanzeigen und herkömmliche Auswahlverfahren reicht in Zeiten des immer drängender werdenden Fachkräftemangels nicht mehr aus. Unternehmen sollten vielmehr aktiv nach Talenten suchen und diese gezielt ansprechen. „Natürlich eröffnen uns Algorithmen, also kleine Rechenprogramme, die Möglichkeit, mehr als 50 soziale Netzwerke nach Fachkräften zu durchsuchen“, sagt Professor Warszta.

Wichtiger aber noch sei, eine starke Arbeitgebermarke nach außen zu tragen. „Sie ist die Grundlage jedes erfolgreichen Personalmarketings“, betont der Wirtschaftspsychologe. Das klassische Prinzip „Tue Gutes und rede darüber“ gelte daher noch immer. „Ein Arbeitgeber, der sich von den Mitbewerbern positiv abhebt, ein gutes Image hat und authentisch ist, hat’s leichter am Markt“, so Warszta.

Er rät den Personalern, je nach Zielgruppe verschiedene Wege der Fachkräftegewinnung zu beschreiten. Neben Positionen, die noch über den klassischen Stellenmarkt zu besetzen sind, lohnt sich der Einsatz von Algorithmen vor allem dann, wenn der angesprochene Bewerberkreis besonders groß ist. Auch bei der Analyse von Lebensläufen sei der Einsatz von Computer-Programmen sinnvoll. „Sie kommen zu ähnlichen Einschätzungen wie Personaler. Die können sich dann auf ihre sozial-kommunikativen Fähigkeiten konzentrieren.“ Bei der Endauswahl geeigneter Bewerber rät der Wirtschaftspsychologe zum Einsatz von Testverfahren mit Spielelementen oder Elementen von Arbeitsproben. „Sie haben sich je nach Zielgruppe bereits bestens bewährt.“

Lothar Steckel
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Als Geschäftsführer einer Bremer Kommunikationsagentur weiß Lothar Steckel, was Nordlichter bewegt. So berichtet er für aktiv seit mehr als drei Jahrzehnten vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie, Logistik- und Hafenwirtschaft, aber auch über Kultur- und Freizeitthemen in den fünf norddeutschen Bundesländern.

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