„Eins – zwo – drei!“, die jungen Männer wuchten den dicken Turbolüfter ins Feuerwehrauto. Seit 2021 bildet Axalta, Spezialist für Pulverlack und Beschichtung in Wuppertal, wieder Werkfeuerwehrleute aus, die auf die besonderen Gefahrensituationen in den Chemiebetrieben spezialisiert sind.

Mit schwerer Ausrüstung hantieren, in voller Montur die Drehleiter rauf: Fitness ist wichtig für diesen Beruf. Höhenangst darf man auf der knapp 30 Meter langen Leiter auch nicht haben! Dazu braucht’s handwerkliches Geschick, Verständnis für Naturwissenschaften und eine ausgeprägte Bereitschaft, anderen zu helfen.

Für die zwei Ausbildungsplätze pro Jahr bekommt der führende Lackhersteller rund 60 Bewerbungen aus ganz Deutschland. Daniel Weritz (21) und René Adams (25) sind dabei. Weritz absolvierte nach dem Abi den freiwilligen Dienst als Rettungssanitäter, sein älterer Kollege war vier Jahre bei der Bundeswehr und arbeitete danach als Kfz-Mechatroniker.

Helfen, schützen, sich aufeinander verlassen

Was die angehenden Werkfeuerwehrleute eint: Sie wollen helfen, schützen und sich blind aufeinander verlassen können. Kameradschaft wird großgeschrieben. Beide sind ehrenamtlich in der freiwilligen Feuerwehr und werden oft zu Einsätzen gerufen, auch nachts. Sie wissen, dass sie kein normaler Job erwartet: „Man ist 24 Stunden auf der Wache mit den Kollegen, man begibt sich in Gefahr, und man geht das Risiko ein, Dinge zu erleben, die man nicht erleben möchte.“ Wachabteilungsleiter Johann Jürgensen nickt: „Wir üben und kontrollieren viel. Alles für den einen Fall, den keiner haben will!“ Wenn der Gong losgeht, hat man 60 Sekunden, um die Ausrüstung anzulegen und loszufahren: Jeder Handgriff muss sitzen.

Doch das oberste Ziel der Wehr ist, den Notfall zu vermeiden. Daraus folgen viele Aufgaben im Werk: Brandschutzposten müssen bei Flex- oder Schweißarbeiten vorab die Baustelle abchecken und später anwesend sein, damit Funken keinen Brand oder keine Explosion auslösen. Werden Tanks gereinigt, stehen Feuerwehrleute parat, um die Kollegen herauszuholen – sollten sie darin ohnmächtig werden.

Sicherheitsübungen und Feuerlöschtrainings für die Belegschaft

Sie helfen, wenn jemand im Fahrstuhl stecken bleibt oder wegen der Sommerhitze umkippt. Sie schauen, ob die Feuerlöscher voll, die Fluchtwege frei und die Sprinkler einsatzbereit sind. Und für alle rund 2.000 Beschäftigten am Standort machen sie regelmäßige Sicherheitsübungen und Feuerlöscher-Trainings. Der Gesetzgeber schreibt den Unternehmen mit Gefahrenpotenzial eine bestimmte Mannschaftsstärke vor: Sonst muss die Produktion stillstehen.

Die solide technische Grundlage ist das A und O für den Beruf. Die jungen Leute lernen Metallbearbeitung, Elektrotechnik, Holz und Sanitär, so haben sie in jedem Bereich den Überblick. Sie wissen, wie sich verschiedene Materialien bei hohen Temperaturen verhalten. „Wir rechnen viel, zum Beispiel die Dehnung und Zugfestigkeit von Metall“, erzählt Weritz. Und für große Löschfahrzeuge machen die Azubis den Lkw-Führerschein. Sie lernen Erste Hilfe, wie man eingeklemmte Personen aus dem Unfall-Auto schneidet und mit ABC-Verseuchung umgeht (ABC steht für Atom, Bio, Chemie).

Heißer Einsatz auf dem Lehrgang

Adams, Azubi im dritten Jahr, hält zusammen mit den Kollegen regelmäßig 24-Stunden-Wachen ab: acht Stunden Arbeit, acht Stunden Bereitschaft, acht Stunden Ruhezeit, die man auch im Betrieb verbringt. „Wir lernen, sind im Fitnessraum, kochen, essen Kuchen, gucken fern, schlafen“, erzählt er. Kein Tag ist wie der andere: „Ich saß gemütlich auf dem Bett, da ging der Gong los – war aber zum Glück nur Fehlalarm. Mein Plan für den Tag kann innerhalb von Sekunden über den Haufen geworfen werden, aber diese Abwechslung reizt mich.“

Das Highlight seiner Ausbildung? Die „heißen“ Lehrgänge in Düsseldorf und Rotterdam: „Da wurden zig Liter Benzin in Brand gesteckt und eine Gasflasche angezündet“, schildert er begeistert: „Wir gingen zweimal mit Atemschutzgerät in Brandcontainer bei 600 Grad rein, um uns an diese Temperatur zu gewöhnen. Das vergisst man nicht!“

Die Werkfeuerwehren

  • Die Werkfeuerwehren sind auf die spezifischen Gefahren in einem bestimmten Unternehmen ausgerichtet, verfügen über Spezialfahrzeuge und besondere Löschmittel und sind schnell vor Ort.
  • Bei Bedarf können sie die öffentliche Feuerwehr hinzurufen. Die duale Ausbildung zum Werkfeuerwehrmann dauert drei Jahre.
  • Der Schwerpunkt der Werkfeuerwehr ist die Prävention: Sie wird bei der Planung von Neubauten, Löschvorrichtungen, Lüftungs- und Meldeanlagen hinzugezogen, führt regelmäßige Übungen und Begehungen mit der Belegschaft durch, überwacht potenziell gefährliche Arbeiten und erstellt Brandschutzkonzepte, um Produktionsausfall zu minimieren.
Matilda Jordanova-Duda
Autorin

Matilda Jordanova-Duda schreibt für aktiv Betriebsreportagen und Mitarbeiterporträts. Ihre Lieblingsthemen sind Innovationen und die Energiewende. Sie hat Journalismus studiert und arbeitet als freie Autorin für mehrere Print- und Online-Medien, war auch schon beim Radio. Privat findet man sie beim Lesen, Stricken oder Heilkräuter-Sammeln.

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