Wertheim. Die Zehntklässlerin Lisa Stöger traut sich ran: Sie stellt eine Fräsmaschine ein, um ein Teil für eine Hydraulikpresse zu bearbeiten. Fasziniert guckt sie dann durchs Fenster der Anlage. „Das ist das erste Mal, dass wir mit der Schule in einem Unternehmen sind“, erzählt sie.
Die Firma heißt Eugen Woerner, hat 170 Mitarbeiter und ist Spezialist für Geräte, die Reibung und Verschleiß in anderen Maschinen minimieren. Personalleiterin Nicole Fabig sucht laufend Nachwuchs fürs duale Studium. „Seit wir eine feste Partnerschaft mit dem Gymnasium haben, bekommen wir vor allem aus der Region wieder mehr Bewerber“, freut sie sich.
Zwei Millionen Hochschulabsolventen in MINT-Fächern könnten bis 2030 fehlen, prognostiziert die Unternehmensberatung PWC
Wie hier in Wertheim klinken sich überall in Deutschland Betriebe in die Berufsorientierung an Schulen ein: Denn der Bedarf an Nachwuchs in den Bereichen Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (kurz MINT) ist riesig! Laut Prognose der Unternehmensberatung PWC könnten bis 2030 bundesweit zwei Millionen Hochschul-Absolventen in MINT-Fächern fehlen.
An diesem Tag dürfen die Wertheimer Schüler einen Schultag lang aus erster Hand erleben, was ein Ingenieur bei der Firma Woerner so macht: indem sie eine Hydraulikpresse bauen. aktiv guckt da gerne mal zu. Die geplante Presse müssen die Schüler erst mal mit einem CAD-Programm zeichnen. Nicolas Reif zeigt ihnen am Monitor, wie’s geht: „Jetzt fügen wir noch die Bohrungen ein“, sagt er, „und das funktioniert so …“ Reif hat selbst sein Abitur auf dem Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium gemacht und vor zwei Jahren sein duales Maschinenbau-Studium beendet, inzwischen ist er Versuchsleiter bei dem Mittelständler. Personalleiterin Fabig sagt: „Sehr viele unserer Mitarbeiter kommen vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium.“
Die Zusammenarbeit hilft bei der Nachwuchs-Sicherung
Im Anschluss erzählt Andreas Frank, der nach dem Abi Wirtschaftsingenieurwesen an der Dualen Hochschule Mosbach studiert hat, etwas über das duale Studium. „Mosbach ist natürlich nicht München“, sagt er. Einige Schüler lachen. „Aber überall, wo Studenten sind, wird natürlich auch gefeiert, ein Studium ist hier genauso aufregend!“
Im dualen Studium wechseln sich Theorie-Phasen mit Praxis-Phasen im Betrieb ab. Wer das bei Woerner macht, kann zum Beispiel auch eine Zeit in Korea verbringen, wo der Mittelständler wie in vielen anderen Ländern eine Vertretung hat. Von Wertheim aus gibt’s also auch Einblicke in die weite Welt.
„Mir hat vor allem der Praxisbezug gefallen“, sagt Ingenieur Frank im Rückblick. „Ich wollte einfach nicht jahrelang nur im Hörsaal sitzen, sondern das Gelernte immer gleich anwenden.“
Die Jugendlichen stellen selbst eine Hydraulikpresse her
Was Ingenieure in diesem Betrieb zum Beispiel machen, erklärt er ganz einfach: „Es geht immer darum, ein Problem zu lösen.“ Zum Beispiel entwickeln die Woerner-Mitarbeiter eine Schmierlösung für ein Windrad, damit es sich immer reibungsarm drehen kann.
Dann fliegen in der Ausbildungswerkstatt die Funken. Die Schüler produzieren selbst die Teile für ihre Hydraulikpresse. Am Ende ist sie fertig, und die Klasse bestaunt ihr Werk. Auch Lehrer Philipp König findet den Tag sehr gelungen: Die Partnerschaft zwischen Schule und Betrieb baue Berührungsängste ab, sagt er. „Wenn man ein Unternehmen schon kennt, fällt es einem auch viel leichter, später mal eine Bewerbung hinzuschicken.“
Der nächste Termin ist schon geplant: Wenn wieder Schüler bei Woerner zu Gast sind, werden sie einen Prägestempel mit dem Firmenlogo herstellen – und damit dann Einkaufswagen-Chips produzieren.
Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.
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