In der Pandemie kam der Retter in der Not aus Mainz: In Rekordzeit entwickelte das Biotechnologieunternehmen Biontech einen Impfstoff gegen Corona und produzierte ihn mit dem amerikanischen Partner Pfizer in riesigen Mengen. Milliarden Menschen können so einen Schutz vor dem Virus erhalten. Das Mittel ist ein genbasierter Impfstoff (mRNA): Bald könnte es andere Impfungen auf dieser Basis geben, etwa gegen Tuberkulose oder Aids.
Körper beseitigt Tumore nach Impfung selber
Laut Inhaber Ugur Sahin werden in 15 Jahren gut ein Drittel aller Arzneimittel weltweit auf der mRNA-Technologie basieren – eine Revolution im Kampf gegen üble Volksleiden.
Aktuell arbeiten die Mainzer an einer Impfung gegen Malaria. An der Tropenkrankheit sind 2019 gut 200 Millionen Menschen erkrankt, 400.000 starben daran. Geforscht wird zudem an neuen Therapien gegen Krebs. Das ersehnte Ziel: Nach einer Impfung kann der Körper selber Tumore und Metastasen beseitigen, ganz ohne Chemotherapie und Bestrahlung.
270 gentechnisch hergestellte Wirkstoffe bei uns zugelassen
Große Hoffnung setzen Wissenschaftler jetzt darauf, Menschen mithilfe der revolutionären mRNA-Technik auch vor Herzinfarkt und Alzheimer, Allergien oder Arthrose schützen zu können.
In Deutschland sind bisher über 270 gentechnisch hergestellte Wirkstoffe zugelassen, die in 313 Medikamenten stecken, so der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa). Beispiel Diabetes: Seit 1980 wird Humaninsulin von gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert. Aufgebaut ist es wie das natürliche, in der Bauchspeicheldrüse gebildete Insulin. Biotechnik-Arzneimittel helfen zudem bei Multipler Sklerose, Autoimmunkrankheiten wie rheumatoider Arthritis und Psoriasis, Krebs oder angeborenen Stoffwechsel- und Gerinnungsstörungen. Schutzimpfungen gibt es für Gebärmutterhalskrebs oder Hepatitis B.
Erfolge bei der Behandlung von Osteoporose
Neue Erfolge gibt es bereits bei der Behandlung von Osteoporose: Acht Millionen Frauen leiden in Deutschland an Knochenschwund. „Bisher verfügbare Medikamente konnten den Knochenabbau bremsen“, erklärt Frank Mathias, Vorsitzender des Verbands vfa bio. Doch ein neuer, im Labor künstlich hergestellter Antikörper (Romosozumab) kann mehr: „Er bildet darüber hinaus neue Knochensubstanz.“
Von den jährlich neu eingeführten Wirkstoffen werden bereits 50 Prozent gentechnisch hergestellt. Branchenexperten schätzen, dass der weltweite Markt allein für die mRNA-Technologie bis 2030 auf 75 Milliarden Euro pro Jahr wächst.
Dr. Sabine Latorre war bei aktiv 22 Jahre lang die Spezialistin für Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie – bis zu ihrem Rentenbeginn im April 2024. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Außerdem schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.
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