Neunkirchen. Die zwei „Kollegen“, um die sich Marco Butzen gerade kümmern muss, sind ein paar Köpfe größer als er – und echte Profis am Schweißgerät. Normalerweise arbeiten sie in ihrer Schweißzelle selbstständig rund um die Uhr. Doch gerade bewegen sich die zwei Roboter exakt so, wie Butzen es ihnen vorgibt.
aktiv ist zu Besuch in der Werkhalle von Purem by Eberspächer in Neunkirchen. Und sieht Programmierer Butzen dabei zu, wie er etwas in ein kleines Bedien-Tablet, die sogenannte Teachbox, tippt. Erwünschte Folge: Der Roboterarm bewegt sich.
Der 29-Jährige und seine 20 Fachkollegen sind so etwas wie die digitalen Ersthelfer im Werk des Abgastechnologie-Herstellers. Meldet einer der rund 300 Roboter in der Halle eine Störung, werden sie herbeigerufen.
In der Abgasanlage entsteht der Sound eines Fahrzeugs
Butzens Spezialgebiet sind die Schweißroboter. Andere Programmierer haben sich etwa auf die Handling-Roboter spezialisiert, die Teile von einem Fertigungsschritt zum nächsten transportieren. Wenn etwas hakt, müssen die Programmierer vor allem schnell sein. Denn die Produktion bei Purem by Eberspächer ist eng getaktet.
„Wir arbeiten für alle großen Automobilhersteller“, sagt Tobias Grün, der Produktionsleiter am Standort Neunkirchen. Zum Portfolio gehört das komplette Abgassystem eines Fahrzeugs: vom Katalysator über den Partikelfilter und die verbindenden Rohre bis hin zu Abgaskrümmer und Schalldämpfer.
Diese Produkte entstehen in der 48.000 Quadratmeter großen Produktionshalle in verschiedenen Fertigungslinien. „In jeder wird für ein anderes Modell gefertigt“, erklärt Grün. „Denn jede Abgasanlage ist spezifisch.“ Das liegt auch an den Soundvorgaben der Hersteller. Ein Premium-Sportwagen soll schließlich anders klingen als ein kleiner SUV. Und das Geräusch, das ein Motor macht, wird eben vor allem durch die Abgasanlage bestimmt. „Gerade im Premium-Segment ist der Sound extrem wichtig“, sagt Grün. Welcher es sein soll, das wird im Akustikprüfstand in der Eberspächer-Zentrale in Esslingen entwickelt. Und dann hier in Neunkirchen in geformtes Blech übersetzt.
„In fast jedem Auto steckt ein Teil von uns. Das macht einen schon stolz“
Marco Butzen
Als Schweißroboter-Programmierer kümmert sich Marco Butzen nicht nur um Parameter und Instruktionen. Sein Ziel ist immer die perfekte Schweißnaht. „Programmierer kann man sich ja auf der ganzen Welt mieten“, sagt Produktionsleiter Grün. „Aber einen Roboter so bewegen zu können, dass er eine präzise Schweißnaht setzt – das findet man nicht oft.“ Um Theorie und Praxis optimal zu verbinden, bildet Purem by Eberspächer deshalb seine Azubis in einer Werkstatt direkt in der Produktionshalle aus. Im September starten wieder sechs neue.
Sein spezielles Know-how hat Butzen sogar schon an anderen Purem-by-Eberspächer-Standorten angewandt. Der gelernte Industriemechaniker war mit seiner Robotik-Kompetenz bereits dreimal beruflich in den USA: zweimal im Werk in Kentucky, einmal in Michigan. „Das war definitiv eine coole Erfahrung“, sagt er.
Motivation zieht der Robotik-Fachmann auch aus den Produkten, die in den Schweißzellen von Purem by Eberspächer entstehen. „In fast jedem Auto steckt ein Teil von uns“, sagt er. „Das macht einen schon stolz.“
Abgas, Klima, Elektronik
- Die Eberspächer Gruppe mit Hauptsitz in Esslingen teilt sich in drei Bereiche.
- Purem by Eberspächer ist der größte: Hier geht es um Abgas- und Akustiklösungen für Autos und Nutzfahrzeuge.
- Climate Control Systems produziert Klimalösungen für Pkws und Spezialfahrzeuge wie etwa Wohnmobile.
- Automotive Controls entwickelt elektronische Komponenten, die im Auto etwa den Spurhalteassistenten oder das Batteriemanagement regeln.
Michael Aust berichtet bei aktiv als Reporter aus Betrieben und schreibt über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach seinem Germanistikstudium absolvierte er die Deutsche Journalistenschule, bevor er als Redakteur für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Mitarbeiter-Magazine diverser Unternehmen arbeitete. Privat spielt er Piano in einer Jazz-Band.
Alle Beiträge des Autors