Lotte/Osnabrück. In der Ausbildungsabteilung von Honeywell-Elster gab es vor Kurzem Grund zur Freude: Jacqueline Fortmann hat ihren Abschluss zur Industriemechanikerin als beste Auszubildende in ganz Niedersachsen gemacht. Ihr Kollege Tobias Westerkamp schloss in Zerspanungsmechanik als Bezirksbester ab. Anfang Oktober wurden die beiden Spitzen-Azubis des Gaszähler-Herstellers von der IHK geehrt. Jetzt sprach aktiv via Internet mit ihnen und ihrem Ausbilder Thomas Kaup.

Dabei zeigt sich: Jacqueline Fortmann hat schon neue Pläne. Nach ihrer Facharbeiterausbildung will sie an der Hochschule Osnabrück Maschinenbau studieren. „Mathe macht mir großen Spaß“, sagt sie. Zu dem Entschluss hat auch das Niedersachsen-Technikum beigetragen, das sie absolviert hat.

Auf dem Gymnasium machten ihr Naturwissenschaften besonders Spaß

Angefangen hat alles schon in ihrer Kindheit. „Mein Vater ist Informatiker und begeisterter Bastler. Das wirkte auf mich ansteckend“, erzählt sie. Früh kam sie mit Technik in Kontakt. „Auf dem Gymnasium haben mir Naturwissenschaften besonders Spaß gemacht.“ Ihr Lehrer förderte sie, berichtete ihr vom Niedersachsen-Technikum. 

Das sechsmonatige Orientierungsprogramm, das an der Hochschule Osnabrück entstand, macht jungen Frauen Lust auf MINT-Berufe, also Berufe in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Voraussetzung ist ein Fachabi oder ein Abitur. Einen Tag pro Woche ging es dann für Fortmann an die Hochschule, wo sie das Fach Konstruktion belegt hatte. Vier Tage in der Woche schnupperte sie bei Honeywell-Elster Werkstattluft. „Da hab ich gefeilt, gefräst, die Grundtätigkeiten geübt. Ich bin durch alle Abteilungen gewandert“, erinnert sie sich.

Honeywell macht mit Praktika Lust auf Technik

Honeywell ist eine von zahlreichen Metallfirmen in der Region Osnabrück, die das landesweit einmalige Projekt unterstützen und durch Praktika Lust auf Technik machen. Auch von der Stiftung NiedersachsenMetall wird es gefördert.

Aus Neugier wurde bei der jungen Frau Begeisterung. „Schnell wurde mir klar, dass ich erst eine Ausbildung zur Industriemechanikerin machen wollte und dann ein Studium.“ Wegen Top-Leistungen konnte sie in der Ausbildung ein Jahr überspringen. Am Ende schaffte sie in der Prüfung 97 Prozent – Note eins und Platz eins in Niedersachsen.

Arbeitgeber unterstützt Studium mit einem Stipendium

Mit der verbreiteten Meinung, MINT-Berufe seien nur etwas für Männer, kann die junge Frau nichts anfangen. Nun legt sie im Studium los. Ihr Arbeitgeber unterstützt sie dabei mit der Azubi-Vergütung fürs vierte Ausbildungsjahr als Stipendium. „Damit komme ich gut klar“, berichtet sie.

Tobias Westerkamp sieht das ähnlich. Der Zerspanungsmechaniker ist mit der Note eins (94 Prozent) Bezirksbester in der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim geworden. Auch für ihn geht es noch weiter. Denn er macht ein duales Studium. Dabei laufen Facharbeiterausbildung und Maschinenbau-Studium parallel. Der Facharbeiterabschluss ist da nur eine Zwischenstation. „Ich hatte schon im Abitur einen technischen Schwerpunkt. Ich wollte auch was Technisches studieren“, erzählt Westerkamp und schwärmt von seinem Ausbildungsweg. Bei Honeywell-Elster fand er beste Voraussetzungen. „Da hat alles gepasst.“

Das Unternehmen produziert Systeme zur Gasmessung und Gasdruckregelung, und das hochautomatisiert. „Dafür benötigen wir hoch qualifizierte Mitarbeiter“, sagt Ausbildungsleiter Thomas Kaup. Kein Wunder, dass auch der beste Elektroniker im Kammerbezirk, Lukas Möller, dort ausgebildet wurde.  

    Das Niedersachsen-Technikum

    • Zielgruppe: Junge Frauen, die sich noch nicht sicher sind, ob ein MINT-Studium für sie das Richtige ist.
    • Voraussetzung: Abitur oder Fachabi.
    • Beginn: Jedes Jahr Anfang September.
    • Aufbau: Ein Tag pro Woche an der Uni, jeweils vier Tage Praktikum im Betrieb.
    • Dauer: Insgesamt sechs Monate.

    Der Fachkräftemangel

    Fachkräfte in MINT-Berufen, also in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, sind weiterhin gesucht.

    • 109.000 MINT-Arbeitskräfte gab es im Oktober 2020 zu wenig.
    • 44.000 Menschen fehlen in Elektro- und Energieberufen.
    • 26.000 Fachleute fehlen in IT-Berufen.
    Werner Fricke
    Autor

    Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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