Waltershausen. Jörg Schachtler übt mit Ausbildungsleiter Christian Laue in der Werkstatt schon mal für den großen Tag. Erstmals wird der Trainer des konzerneigenen „Continental Institute of Technology and Transformation“ (CITT) am Kautschuk-Standort Waltershausen (Thüringen, 1.300 Beschäftigte) bald real vor den Leuten stehen, die er seit Ende März unterrichtet. Das ist Corona geschuldet.

Freiwillig qualifizieren nützt Unternehmen und Beschäftigten

„Wir qualifizieren 20 Beschäftigte im Alter von 28 bis 51 Jahren, die keinen Abschluss in diesem Beruf haben, zu Verfahrensmechanikern für Kunststoff- und Kautschuktechnik“, berichtet Schachtler. Aufgrund von Lockdown und strengen Hygiene-Regeln geschah das bislang ausschließlich online. Die erste Lektion: „Die Kollegen haben ihr iPad bekommen, mussten selbst die Software aufspielen, das Gerät ins Netz bringen und sich aus dem Homeoffice zuschalten“, erzählt der 54-Jährige. Auch er arbeitete von zu Hause aus.

Zwei Jahre wird der CITT-Kurs dauern, er endet mit einer IHK-Prüfung und dem Facharbeiterbrief. Die Kollegen haben sich freiwillig zur Weiterbildung entschlossen, sie erhalten weiterhin ihren Lohn. Schachtler bringt den Teilnehmern nach dem von ihm ausgeklügelten Konzept Mathe und Physik sowie Wirtschaft und Soziales nahe, zudem Theorie zu Kautschuk und Kunststoffen. Und bald vermittelt er in der eigens eingerichteten Werkstatt praktische Fähigkeiten wie Feilen, Bohren oder das Zusammenwirken von Mechanik und Elektronik. Unterstützung gibt es von der Ausbildungsabteilung, die im Jahr rund 25 Azubis zu Fachleuten formt.

„Aufgabe des 2019 gegründeten CITT ist der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der Konzern-Belegschaft“, weiß Ines Braunholz, seit April Personalchefin in Waltershausen. Das Institut wurde in Zusammenarbeit mit dem Konzernbetriebsrat und den Gewerkschaften konzipiert.

Rasanter Technologiewandel etwa, Industrie 4.0 und Digitalisierung seien nur einige Trends, die dazu führten, dass einfache Tätigkeiten immer mehr durch komplexe Aufgabenstellungen ersetzt würden. „Diesen Transformationsprozess begleiten wir mit unserer Weiterbildungsoffensive.“ Der Konzern mit Sitz in Hannover hat 58.000 Beschäftigte in Deutschland.

Liegt der Fokus aktuell auf der Qualifizierung von An- und Ungelernten, werden parallel vom CITT entsprechende Kurse entwickelt, in denen die Mitarbeiter wichtige Fähigkeiten und Wissen erwerben. „Die Personalabteilungen identifizieren jeweils die individuellen Voraussetzungen, darauf aufsetzend werden die Kurse entwickelt“, so Braunholz.

Corona war insofern eine hilfreiche Erfahrung, denn: „Über Online-Kurse erreichen wir gleichzeitig Mitarbeiter an verschiedenen Standorten“, konstatiert die Personalchefin. Das spare Kosten, denn Weiterbildung ist eine teure, wenn auch mit Blick auf die Zukunft lohnende Angelegenheit.

Einer, der gerne mal was Neues macht

Trainer Schachtler freut sich auf den Praxisstart und darauf, seine Truppe endlich persönlich kennenzulernen. Er selbst ist übrigens ein prima Beispiel dafür, wie weit Wissensdurst einen bringen kann.

Der gelernte Mechatroniker hat sich über die Jahre zum Elektromeister und Techniker qualifiziert, versteht sich auf Automatisierung und das Programmieren von Maschinen. Und da er auch den Ausbilderschein hat, ist er nun Dozent geworden. „Ich bin halt ein Typ, der gerne mal was Neues macht.“