Hildesheim. MIG: So nennen Lehrer und Tausende Schüler das Management Information Game (MIG) kurz. Viele haben das Spiel in besonderer Erinnerung, in dem sie eine Geschäftsidee für ein Produkt entwickeln, eine Marketingstrategie spielerisch erarbeiten und diese einem fachkundigen Publikum präsentieren. Zu ihnen zählte auch Hasan Kayki. Er war Schüler auf dem Scharnhorst-Gymnasium in Hildesheim. Seine Klasse nahm für eine Woche an dem Planspiel des Arbeitgeberverbands NiedersachsenMetall in einem benachbarten Unternehmen teil. Hasan schlüpfte das erste Mal in die Rolle eines Vorstandsvorsitzenden und konnte seine Ideen zumindest spielerisch umsetzen. „Damals, das ist jetzt sechs Jahre her, ist der Funke endgültig übergesprungen, und ich wusste: Marketing ist mein Ding“, sagt er.

Der 20-Jährige weiß, wie Arbeitgeber bei seiner Generation besser ankommen können

Inzwischen ist aus dem Ex-Schüler ein erfolgreicher Branding-Experte geworden, der für Geschäftsführer, Führungskräfte und Personalverantwortliche Konzepte erarbeitet, wie sie ihre Marke verjüngen können. Der 20-Jährige berät die Unternehmen, wie sie sich neu ausrichten sollten. „Damit sie vor allem beim jüngeren Publikum besser ankommen“, erzählt er. Kayki gehört zum Expertenkreis von X4B, der Serviceagentur für die Wirtschaft. Die Agentur ist eine Marke von NiedersachsenMetall. Sie will dem industriellen Mittelstand helfen, sich zukunftsfähig aufzustellen.

Denn die Unternehmen müssen sich umstellen. Die jungen Leute haben andere Ansprüche. Die Jugendlichen von heute ticken anders. Viele der Generation Z, das sind die 1997 bis 2012 Geborenen, stecken gerade im Studium oder machen die ersten Schritte auf dem Arbeitsmarkt. Kayki zufolge hinterfragen in der Generation Z die jungen Leute den Sinn hinter der Aufgabe stärker als andere. Für sie sind eine angenehme Arbeitsatmosphäre, Flexibilität und Freiheit wichtiger. Darin unterscheiden sie sich von der Generation ihrer Eltern, die auch mal Arbeit mit nach Hause nimmt.

Je mehr Eigenbeteiligung, desto attraktiver ist ein Unternehmen

„Mit der Freiheit geht auch die beschriebene Eigenbestimmung einher“, so der Marketingexperte. Es sei wichtig zu wissen, dass die jungen Leute, die gerade 20 oder jünger sind, heute traditioneller denken, nicht so begeistert auf die sogenannte 24/7-Gesellschaft reagieren, für die der Job im Mittelpunkt steht. Je mehr Mitbestimmung, je mehr Eigenbeteiligung, desto stärker kommt die junge Generation zum Zuge. „Unternehmen sind am besten beraten, hierfür die richtige Ansprache zu finden.“

Vor allem bei der Personalsuche kommt es heute mehr denn je darauf an, dass Firmen dies berücksichtigen, weiß Kayki. „Das tun aber viele Betriebe nicht. Sie fallen bei der Zielgruppe oftmals gleich durch den Rost, weil sie auf junge Leute total verstaubt wirken und nicht wahrgenommen werden, da sie auf anderen Kanälen unterwegs sind.“ Zehn Firmen, die bei der Generation Z gut ankommen möchten, gehören aktuell zu seinem Kundenstamm.

Eigentlich studiert Kayki den Studienzweig „General Management“ an der Private Business School in Göttingen. „Ich müsste im Moment meine Bachelor-Arbeit schreiben“, erzählt er. Doch dazu kommt er nur selten. Viel lieber kümmert er sich um seine große Leidenschaft – das Marketing für seine Kunden, seine Unternehmen und Start-ups. Und natürlich die Kfz-Werkstatt seines Vaters. Auch da öffnet er gern seine persönliche Werkzeugkiste: „Wir verkaufen Sicherheit, nicht eine Autoreparatur.“

Die Kunden bekommen per Whatsapp die Informationen über den aktuellen Stand des Werkstattaufenthalts ihres Autos. „Das kommt vor allem bei unseren Kundinnen gut an. Sie haben schon viel von überteuerten Werkstattbesuchen gehört und entwickeln Vertrauen, wenn sie gut informiert werden.“ Längst hat der Marketingprofi Kooperationen mit örtlichen Partnern geschlossen: Gutscheine für ein Fitnessstudio oder eine Eisdiele gehören dazu. Ein Hotel, dessen Gäste dringende Reparaturarbeiten an ihrem Auto brauchen, bekommt auch am Wochenende Hilfe. Der Marketingprofi nennt dies eine Win-win-Situation: „Wir schicken Kunden zu denen, unsere Partner schicken ihre Kunde zu uns.“

Die erste Werkstatt seines Vaters war in einer kleinen Wellblechhütte

Früh, erzählt Kayki, habe seine Familie gelernt, dass Service und Dienstleistung eine wichtige Voraussetzung im Geschäftsleben seien. Er zeigt das Foto einer kleinen Wellblechhütte in einer einsamen Landschaft: „Das war die erste Werkstatt von meinem Vater im Südosten der Türkei. Hier hat er schon als 14-Jähriger Traktoren repariert. Er wusste, dass der Wunsch des Kunden immer im Mittelpunkt stehen sollte.“ Und ganz nebenbei kommt Kayki wieder auf seine Schulzeit und das MIG zu sprechen: „Die Firma, in der wir damals unser Planspiel hatten, möchte ihre Marke auch verjüngen. Sie gehört inzwischen auch zu meinen Kunden.“

Für Unternehmen: X4B

  • Präsenz-, Online-, Inhouse-Seminare – X4B ist die Serviceagentur für die Wirtschaft
  • Sie unterhält ein Netzwerk an Experten, mit deren Hilfe vor allem mittelständische Unternehmen beim Wandel in der Arbeitswelt und der digitalen Transformation in den Unternehmen unterstützt werden.

Für Jugendliche: MIG

  • Material einkaufen, Preise kalkulieren und Personal einplanen – das ist MIG. Das Management Information Game macht aus Schülerinnen und Schülern der Oberstufe Führungskräfte auf Zeit.
  • Fünf Tage schlüpfen sie in die Rolle von Vorstandsmitgliedern konkurrierender Aktiengesellschaften.
  • Das Planspiel ist seit vielen Jahren Teil der Nachwuchsarbeit von NiedersachsenMetall.
Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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