Gegen Ende des vergangenen Winters keimte in der norddeutschen Metall- und Elektro-Industrie (M+E) die leise Hoffnung, dass der Corona-Einbruch der zurückliegenden zwei Jahre bald überwunden sein könnte. Denn die Pandemie verlor an Fahrt, die Lockdowns schienen international zurückzugehen, die angespannten und teilweise sogar gerissenen Lieferketten begannen sich etwas einzurenken.

Jetzt, zu Beginn des Sommers, sind wir alle auf ernüchternde Art und Weise in die harte Realität zurückgeholt worden. Das beweist die neueste Konjunkturumfrage der norddeutschen Metall- und Elektroarbeitgeber. Die Lage unserer Industrie bleibt schwierig, die Aussichten haben sich gegenüber dem Winter sogar wieder deutlich eingetrübt. Und die Gründe dafür sind vielfältig.

Wir sollten eher zurückhaltend sein, was unsere Ansprüche und unsere Erwartungen angeht

An erster Stelle auf der Liste der negativen Impulse für unsere Konjunktur steht jetzt der Überfall Russlands auf die Ukraine: Explodierende Preise für Energie und Vorprodukte, die Suche nach versorgungssicheren Alternativen, erneut beschädigte Lieferketten und der Abnabelungsprozess von langjährigen Geschäftsverbindungen nach Russland – all das frisst Zeit, Geld und Nerven in vielen Unternehmen.

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Gleich danach folgt eine Art ökonomischer Long-Covid-Effekt: Der erneute totale Lockdown in wichtigen chinesischen Industriezentren und Häfen bringt Liefertermine und Frachtraten drastisch durcheinander. Die massive Verbreitung der jüngsten Virusvariante lässt die Krankenstände in unseren Werkhallen bis in diese Tage steigen. Und auch das medizinische Long-Covid-Syndrom bei manchen Mitarbeitern macht sich für viele Firmen bemerkbar.

Die Lage wird womöglich im Herbst, wenn der Ukraine-Krieg fortdauern und das Virus mit neuen Mutationen intensiver zurückkehren sollte, noch schwieriger werden. Das darf uns nicht die Hoffnung auf bessere, normale Zeiten nehmen. Aber das sollte uns vorsichtig bleiben lassen, was unsere Ansprüche angeht.