Stuttgart. Mit Inbrunst Lieblingslieder trällern – das machen Umfragen zufolge knapp ein Drittel der Männer und fast die Hälfte der Frauen. Aber viele trauen sich das nur unter der Dusche oder allein im Auto. Also da, wo sie sicher sind, dass sie niemand hört. Denn sie sind überzeugt: Ich kann nicht singen.
Aus voller Kehle für die Seele
„Völlig egal“, meint Pianist und Chorleiter Patrick Bopp. Gerade Menschen, die von sich behaupten, überhaupt nicht singen zu können, sind bei seinen Veranstaltungen „Aus voller Kehle für die Seele“ genau richtig. Hier treffen sich Gleichgesinnte, die gern mal ihre Stimme auf volle Phonstärke aufdrehen würden, aber eben nicht allein. Das sind immerhin 29 Prozent der Männer und ein Fünftel der Frauen: So viele bedauern, dass sie niemanden haben, der mit ihnen singt.
Falsch singen ist ausdrücklich erlaubt
Die Teilnehmer bilden einen zufällig zusammengewürfelten Chor – ein paar Hundert Menschen können da schon mal zusammenkommen. In der Masse finden viele eher den Mut, „die eigene Stimme angstfrei und mit viel Spaß auszuprobieren und im Gesamtklang zu baden“, sagt Bopp. Anstatt bei Live-Events singt er derzeit online auf Youtube vor, am Klavier und auch mit Band-Begleitung. Per E-Mail vorab oder im Live-Chat können sich die Teilnehmer Lieder wünschen. Alles geht, vom Kinderlied bis zum Rock- oder Pop-Song – immer ohne Noten, die Texte erscheinen auf dem Monitor.
Das Gute: Falschsingen ist bei „Aus voller Kehle für die Seele“ ausdrücklich erlaubt! aktiv hat es ausprobiert und ist sich mit Sing-Veteranin Andrea P. aus Leonberg einig: „Das macht mega Spaß! Man kann sich so richtig austoben, ohne sich Gedanken zu machen, ob man den Ton überhaupt trifft. Das hört sowieso keiner.“
Online-Termine im Januar und Februar 2021
Bühnen-Profi Patrick Bopp versteht es, die Leute auch am Bildschirm mitzunehmen und Stimmung zu machen. Im Live-Chat ist Platz für Kommentare und Grüße an alle anderen, die dabei sind. So kann man sich selbst allein oder zu zweit zu Hause am Computer mit der Welt da draußen verbunden fühlen. Am 12. Januar sowie am 7. und 16. Februar hat Bopp wieder Online-Termine im Programm und – sofern möglich – sogar ein Open Air am 9. Februar im Waldbiergarten am Sudhaus in Tübingen.
In Backnang und Stuttgart treffen sich „Ich kann nicht singen“-Chöre
Sich tunen lassen, das können Stimmband-Grobmotoriker auch in speziellen „Ich kann nicht singen“-Chören. Zum Beispiel mit Chorleiterin und Musikpädagogin Jeschi Paul bei monatlichen Terminen in Stuttgart, die hoffentlich bald wieder stattfinden können.
Der „Ich kann nicht singen“-Chor des Chorverbands Friedrich Schiller plant – unter Vorbehalt – ab Mitte Februar in Backnang wieder Abende vor Ort. Es wird gesungen, worauf man Lust hat. Jeder ist willkommen – vor allem diejenigen, die sich nicht zu den besonders Talentierten zählen, aber den Klang ihrer Stimme als Teil eines Ganzen erleben möchten.
Per Live-Stream im Rudel singen
Von Schlager bis Pop, vom aktuellen Radio-Hit bis zum klassischen Evergreen reicht das Repertoire von „Rudelsingen“. Insgesamt zehn Teams füllen deutschlandweit in über 100 Städten Hallen, Sportstätten oder Konzertsäle mit Singbegeisterten. Seit April 2020 ist das Format ins Internet ausgewichen. Zu festen Zeiten werden regelmäßige Online-Events angeboten, gegen ein kleines Entgelt. Dann werden gemeinsam Lieder angestimmt, begleitet von Klavier, Gitarre und anderen Instrumenten.
Mehr Informationen unter:
patrickbopp.de
jeschipaul.de
chorverband-f-s.de
rudelsingen.de
Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.
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