Seit dem 1. Januar 2019 gibt es die neue Brückenteilzeit. Welche Spielregeln das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) dabei vorsieht, erläutert eine Expertin: Juristin Kerstin Plack, Referentin in der Abteilung Arbeits- und Tarifrecht bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Berlin.

Was unterscheidet die Brückenteilzeit von der „klassischen“ Teilzeit?

Bei der bisherigen, unbefristeten Teilzeit kann der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit zwar reduzieren, dies ist aber auf Dauer angelegt. Bei der Brückenteilzeit dagegen kann er nach einer gewissen Zeit wieder zu seiner ursprünglichen Stundenzahl zurückkehren.

Ersetzt die Brückenteilzeit den Anspruch auf die klassische Teilzeit?

Nein, auch die klassische Teilzeit mit dauerhafter Reduzierung der Arbeitszeit ist weiterhin möglich.

Darf ich bei der Brückenteilzeit meine Stundenanzahl beliebig wechseln?

Nein, bei der Brückenteilzeit kann der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit nur für eine gewisse Zeit reduzieren und muss anschließend wieder zurück auf die ursprüngliche Arbeitszeit gehen. Man kann beispielsweise von 30 Stunden auf 20 Stunden reduzieren und muss dann hinterher wieder auf 30 Stunden hochgehen.

Kann ich als Arbeitnehmer über die Rückkehr auf die ursprüngliche Arbeitszeit spontan entscheiden?

Nein, die gesamte Brückenteilzeit muss von Anfang an komplett durchgeplant werden. Es wird also verbindlich festgelegt, von wann bis wann der Beschäftigte seine Arbeitszeit um wie viele Stunden reduziert und ab wann er wieder auf die ursprüngliche Stundenzahl hochgeht. Will der Mitarbeiter später noch etwas an der Planung ändern, darf er das nur, wenn der Chef einverstanden ist.

Wie lange kann ich Brückenteilzeit nehmen?

Die Arbeitszeit muss für mindestens ein Jahr und darf für höchstens fünf Jahre reduziert werden.

Welche Voraussetzungen gelten bei Brückenteilzeit?

Es gelten folgende drei Bedingungen: Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestehen. Außerdem muss das Unternehmen mindestens 46 Arbeitnehmer haben. Desweiteren muss der Mitarbeiter den Arbeitgeber mindestens drei Monate vor Beginn der Arbeitszeitreduzierung informieren und die Zumutbarkeitsregelungen müssen eingehalten werden.

Was sind das für Regeln?

Unternehmen mit bis zu 200 Mitarbeitern dürfen einen Wunsch nach Brückenteilzeit ablehnen, wenn pro 15 Mitarbeitern mehr als eine Person in Brückenteilzeit arbeiten will. Bei bis zu 60 Mitarbeitern wären das beispielsweise vier Kollegen in Brückenteilzeit, bei bis zu 75 Mitarbeitern fünf Kollegen, bei bis zu 90 Mitarbeitern sechs Kollegen usw. Einen Antrag, der darüber hinaus geht, darf der Arbeitgeber ablehnen. Dabei geht es ausschließlich nach Beschäftigten in Brückenteilzeit, andere Teilzeitkräfte zählen nicht mit. Hat das Unternehmen mehr als 200 Mitarbeiter, ist die Anzahl der Brückenteilzeitkräfte kein Ablehnungsgrund mehr.

Wie wird die Anzahl der Mitarbeiter gezählt?

Ausschlaggebend ist die Mitarbeiterzahl des Gesamtunternehmens, es werden also die Beschäftigten an allen Standorten zusammengerechnet. Dabei geht es nach Köpfen, d.h. auch Teilzeitkräfte und Minijobber zählen voll. Befristet Beschäftigte werden mitgerechnet, wenn sie mindestens sechs Monate pro Jahr im Unternehmen tätig sind. Saisonkräfte oder Aushilfen, die nur wenige Wochen im Jahr arbeiten, werden nicht berücksichtigt. Auch Azubis werden nicht mitgezählt. Zeitarbeitskräfte zählen ebenfalls nicht, da sie beim Zeitarbeitsunternehmen angestellt sind, also einen anderen Arbeitgeber haben.

Wie muss der Mitarbeiter den Arbeitgeber informieren?

Bei einem Antrag auf Brückenteilzeit muss der Arbeitnehmer zum einen angeben, von wann bis wann die Brückenteilzeit laufen soll. Zum anderen muss der Arbeitgeber informiert werden, wie viele Stunden der Mitarbeiter während der Brückenteilzeit arbeiten möchte. Außerdem sollte der Beschäftigte angeben, wie er seine Arbeitszeit verteilen möchte. Grundsätzlich sollen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über den Zeitraum, den Umfang und die Lage der reduzierten Arbeitszeit einigen. Deshalb ist es sehr zu empfehlen, bei Teilzeitwünschen zunächst das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen. Außerdem muss der Arbeitgeber in Textform informiert werden. Das bedeutet, dass die Brückenteilzeit schriftlich angezeigt werden muss, aber keine Original-Unterschrift notwendig ist. Ein formloses Schreiben, ein Fax oder eine E-Mail genügen also. Ob eine WhatsApp oder eine SMS ausreichen, ist umstritten.

Darf der Arbeitgeber die Brückenteilzeit ablehnen?

Ja, das ist möglich, wenn die Zumutbarkeitsregeln überschritten sind oder es betriebliche Gründe gibt. Letzteres ist aber ziemlich kompliziert und muss immer im Einzelfall entschieden werden. Denn hinsichtlich der Ablehnungsgründe, die ein Arbeitgeber einem Anspruch auf Teilzeitarbeit entgegenhalten kann, legen die Gerichte einen sehr strengen Maßstab an. Obwohl das Gesetz von „betrieblichen Gründen“ spricht, worunter ursprünglich rational nachvollziehbare Gründe zu verstehen sein sollten, verlangen die Gerichte, dass diese Gründe darüber hinaus hinreichend gewichtig sind. Somit gestaltet sich die Ablehnung eines Teilzeitanspruchs tatsächlich als sehr schwierig.

Beispielsweise kann der Arbeitgeber nicht für sich entscheiden, ausschließlich mit Vollzeitkräften arbeiten zu wollen, weil sich dadurch etwa die Schichten unproblematischer besetzen lassen. Auch an den Wunsch, dass Kunden immer von demselben Mitarbeiter betreut werden sollen, stellen die Gerichte hohe Anforderungen. Dauern die Ladenöffnungszeiten länger als eine Vollzeittätigkeit, ist das Konzept des gleichbleibenden Ansprechpartners nicht vollumfänglich umsetzbar und daher nicht geeignet, um eine Teilzeitwunsch abzulehnen.

Genauso ist der Verweis auf die Betriebslaufzeiten von Maschinen und die davon abhängigen Schichtzeiten der Mitarbeiter allein nicht ausreichend, um Teilzeitarbeit zu verweigern. Mit Verweis darauf kann eine Teilzeit nur abgelehnt werden, wenn durch die Beeinträchtigung Maschinenlaufzeiten, Arbeitsablauf oder Sicherheit im Betrieb tatsächlich beeinträchtigt werden oder wenn komplexe Schichtsysteme betroffen sind. Dass Teilzeitarbeit die Sicherheit im Betrieb beeinträchtigen würde, ist aber kaum darzustellen.

Wie passen da die Zumutbarkeitsregeln rein?

Das alles gilt natürlich nur für solche Arbeitgeber, die so viele Mitarbeiter beschäftigen, dass sie die jeweiligen Schwellenwerte oder Zumutbarkeitsgrenzen überschreiten. Kleinere Arbeitgeber können einen Teilzeitwunsch auch ohne das Vorliegen betrieblicher Gründe ablehnen. Das ist deshalb sachgerecht und angemessen, weil die Umsetzung von Teilzeitansprüchen hohe Anforderungen an die betriebliche Organisation stellt. Denn für das freiwerdende Arbeitsvolumen muss eine Ersatzkraft gefunden werden, die die notwendige Qualifikation mitbringt, die der Arbeitnehmer hat, der in Teilzeit wechseln möchte. Die Ersatzkraft müsste außerdem regelmäßig bereit sein, in dem Zeitraum zu arbeiten, der frei wird.

Möchte der Mitarbeiter eines Ladengeschäfts oder eines anderen Betriebs mit Kundenkontakt sich etwa um seine Kinder kümmern, wird er seine verbleibende Arbeitszeit auf die Vormittage verteilen wollen, wenn die Kinder in Kita oder Schule sind. Eine Ersatzkraft müsste also die Nachmittage abdecken können. Wird keine entsprechende Ersatzkraft gefunden, könnte es dazu führen, dass die verbleibenden Mitarbeiter die durch den Teilzeitwunsch frei werdende Arbeit übernehmen müssten. Denn je kleiner der jeweilige Betrieb, desto schwieriger wird es, die Arbeitszeit anderweitig zu verteilen. Um solche Belastungen zu verhindern, werden kleinere Arbeitgeber durch das Gesetz geschützt.  

Kann man mehrere Brückenteilzeiten direkt hintereinander nehmen?

Nein, zwischen dem Ende einer Brückenteilzeit und dem Antrag auf eine Neue muss mindestens ein Jahr liegen.

Was, wenn die Regelungen in dem für mich geltenden Tarifvertrag von den gesetzlichen Vorgaben abweichen?

Tarifverträge dürfen von den gesetzlichen Vorgaben abweichen. Dies ist bei der Dauer der Brückenteilzeit und bei der Festlegung betrieblicher Ablehnungsgründe möglich, beispielsweise hinsichtlich der Quoten der Teilzeitkräfte. In diesem Fall haben die Regelungen des Tarifvertrages Vorrang. Das gilt auch dann, wenn die gesetzlichen Regelungen für den Mitarbeiter günstiger wären.

Weitere Infos und Studienergebnisse zur Brückenteilzeit lesen Sie auf iwd.de.

Was gilt in der der Metall- und Elektro-Industrie?

Leserin Evelin N. aus Altdorf: Laut Ihrem Bericht zur verkürzten Vollzeit geht diese tarifliche Regelung der gesetzlichen Brückenteilzeit vor. Was bedeutet das genau?

Wenn für ein Arbeitsverhältnis der Metall- und Elektro-Manteltarifvertrag gilt, bedeutet dieser tarifliche Vorrang: Man muss auf die geplante Dauer der befristeten Arbeitszeitabsenkung achten. Für Zeiträume bis zu zwei Jahren ist ausschließlich eine verkürzte Vollzeit möglich – und damit lediglich eine Absenkung auf bis zu 28 Wochenstunden. Wer für noch längere Zeit (oder aber unbefristet) seine Arbeitszeit verringern möchte, kann dies nach dem Gesetz tun, dann gilt keine Untergrenze.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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