Hannover. Die Autozulieferer geraten immer mehr unter Druck. Das zeigen die Ergebnisse der Konjunkturumfrage von NiedersachenMetall, für die 600 Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie befragt wurden. „Was wir derzeit erleben, ist keine Mini-Rezession und auch keine konjunkturelle Delle. Der Strukturwandel ist mit dem Begriff Strukturbruch durchaus treffend umschrieben“, fasste Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Schmidt die Erkenntnisse bei der Präsentation in Hannover zusammen.

Die Auto-Industrie ist das wirtschaftliche Herz Niedersachsens. Über 60 Prozent der Industrie-Beschäftigten arbeiten dort – so viele wie in keinem anderen Bundesland. Zwei Drittel der industriellen Wertschöpfung Niedersachsens entstehen hier. In dieser industriellen Kernbranche Niedersachsens finde derzeit so etwas wie eine Operation am offenen Herzen statt, sagt Schmidt. Gründe dafür sind die Transformation und die Energiekostenkrise.

Viele Unternehmen können ihre Kosten nicht weitergeben

So räumen 60 Prozent in der Befragung der Autozulieferer ein, die massiv gestiegenen Kosten für Energie und Vorleistungen nicht oder nur stark eingeschränkt in den Preisen weitergeben zu können. Das habe mit fehlender Marktmacht und oft langfristigen Lieferverträgen zu tun, so Schmidt.

„Beim Verbrenner droht Europa den Anschluss zu verlieren.“

Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer NiedersachsenMetall

Weil zudem die Absatzmärkte in den vergangenen Jahren stark geschrumpft seien, fehlten Anschlussaufträge. Neuentwicklungen fänden nicht mehr statt. „Wie sollen Betriebe auch in die Transformation investieren, wenn Energiekosten gewaltig steigen und Märkte schrumpfen?“, fragte Schmidt.

Die Energiepreisbremse ist für viele Betriebe zu bürokratisch

Die Umfrage zeigt auch: Die Energiepreisbremse wirkt in weiten Teilen der Industrie nicht. Die Hilfen wurden an so viele Voraussetzungen geknüpft, dass in der Zulieferbranche nicht einmal jeder zehnte Betrieb davon ausgeht, von der Preisbremse spürbar zu profitieren.

Zur jüngsten Entscheidung des Europäischen Parlaments, ab 2035 Neuzulassungen von Verbrennerfahrzeugen in der EU zu verbieten, erklärt Schmidt: „Auch Abgeordnete des EU-Parlaments müssen zur Kenntnis nehmen, dass über 90 Prozent des Welt-Automobilmarkts technologieoffen aufgestellt sind.“

Weltweit seien über 1,1 Milliarden Verbrennerfahrzeuge zugelassen: ein Riesenmarkt, der ständig wachse. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine technologische Lösung marktgängig ist, die quasi den weltweiten Bestand an Fahrzeugen kostengünstig CO2-neutral stellen kann“, sagt Schmidt. Die EU-Entscheidung berge das Risiko, dass Europa hier den technologischen Anschluss verliere

Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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