Großheringen. Seit Monaten geht das nun schon so, Tag um Tag wieder: Zeichnungen lesen – Bauteile fräsen, drehen, bohren – Teile montieren, verschalten, prüfen – Steuerung programmieren. Und dann wieder von vorne. „Langweilig? Nein, langweilig wird das nie“, sagt Franz Radestock (19) locker. Zumal er auf allerhöchstem Niveau arbeitet. Derzeit nicht für einen Kunden, sondern für Ruhm und Ehre: Der junge Mann trainiert für die Weltmeisterschaft der Berufe.
Über 1.600 WorldSkills-Teilnehmer werden im russischen Kasan erwartet
Im Januar hat der Industriemechaniker im Viega-Werk in Großheringen (Thüringen) ausgelernt. Ende August vertritt er Deutschland bei den WorldSkills im russischen Kasan. Über 1.600 junge Teilnehmer aus mehr als 60 Ländern werden dann antreten in 56 Berufen, den „Skills“.
In Sachen „Polymechanik“ bekommt Radestock es mit einem Dutzend Konkurrenten zu tun. Favorit: die Brasilianer. Doch er ist selbstbewusst: „Klar will ich gewinnen. Schon, um den Kollegen und dem Unternehmen für ihre Unterstützung etwas zurückzugeben.“
Die Firma Viega fördert ihren Wettkämpfer nach Kräften
Wegen der WorldSkills ist der junge Viega-Mann vorübergehend von seinem Job als Ausbilder freigestellt, kann also gut bezahlt üben, üben, üben … Voraussetzung dafür war der Sieg im nationalen Wettbewerb 2018. Bei Viega hat Radestock sogar einen persönlichen Trainer: Robert Erdmann, ebenfalls Ausbilder. Auch er war schon bei den WorldSkills dabei, 2007 in Japan, kam als Siebter zurück. „Beim viertägigen Wettkampf entscheidet neben der Routine immer auch die Tagesform“, sagt Erdmann. „Stress oder Panik, wenn etwas mal nicht klappt – das darf man sich nicht leisten.“
Die Aufgabe in Kasan ist komplex, der Ausbildung eines Industriemechanikers angemessen: Man bekommt einen Ordner mit Zeichnungen und Vorgaben, muss die Einzelteile herstellen und montieren, Motoren integrieren, die Baugruppe elektrifizieren, automatisieren und ein Steuerungsprogramm schreiben.
„An den WorldSkills teilzunehmen – das ist die beste Nachwuchswerbung!“ Robert Erdmann, Ausbilder bei Viega
Radestock kennt einige seiner Wettbewerber schon. Im Mai trat er, außer Konkurrenz, bei den russischen Staatsmeisterschaften an. Die Brasilianer wiederum waren mal zum gemeinsamen Training im Betrieb in Großheringen zu Gast.
Wie auch immer Radestock abschneidet – allein von der Teilnahme werden er und seine künftigen Azubis profitieren. Rund 15 fangen pro Jahr im Werk an, in dem über 800 Beschäftigte „Fittinge“ (Verbindungsstücke für die Installationstechnik) in rund 7.000 Varianten herstellen. Dass der Nachwuchs knapper wird, merkt man auch in diesem Betrieb. Umso wichtiger, so Erdmann, sei die Teilnahme an den WorldSkills: „Sie ist das beste Marketinginstrument für unsere Ausbildung.“