Wasserstoff (H₂) spielt eine bedeutende Rolle bei der Dekarbonisierung der Wirtschaft: Bis 2040 will Rheinland-Pfalz klimaneutral sein. Wichtige Grundlage für die weitere Entwicklung ist der Ausbau der erneuerbaren Energien: „Unser Ziel ist, dass Rheinland-Pfalz weiterhin ein erfolgreiches Industrieland bleibt“, betont Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Jetzt hat die Landesregierung eine „Wasserstoffstudie mit Roadmap“ vorgestellt: Sie zeigt, wo sich Potenziale im Land befinden.

Nur mit regenerativer Energie umweltfreundlich

H₂, häufigstes chemisches Element im Universum, eignet sich zur Energiespeicherung: Seine Nutzung ist erprobt vom Raketenantrieb bis zur mit Wasserstoff befeuerten Brennstoffzelle in Zügen, Bussen und Pkws. In Raffinerien und der chemischen Industrie wird Wasserstoff als Grundstoff bei vielen Prozessen verwendet und meist aus Erdgas hergestellt. Als „Champagner im Energiemix“ bezeichnete Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck ihn einmal. Denn die energieintensive Herstellung macht das Gas teuer. Dazu kommt: Umweltfreundlich ist es nur, wenn man es mit regenerativen Energien erzeugt.

Deshalb will das Land die Kapazitäten von Wind- und Solarenergie jährlich um jeweils 500 Megawatt ausbauen. „Ambitioniert, aber machbar“, meint Studienleiter Martin Robinius vom Aachener Beratungsunternehmen Umlaut Energy. Es wurden bereits die Abstandsregeln für Windenergieanlagen gesenkt und eine Verordnung für Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen erlassen. Ab 2023 gilt die Solarpflicht auf neuen Gewerbegebäuden und großen Parkplätzen.

Die Studie analysiert, wo bereits H₂-Aktivitäten laufen. So gibt es etwa starke Netzwerke wie das „Kompetenzzentrum Brennstoffzelle Rheinland-Pfalz“ mit Forschungsschwerpunkten in Bingen und Birkenfeld, das „H₂BZ Netzwerk Rheinland-Pfalz“ oder das junge Netzwerk „HyCoVe – Die Region H2-basierter Nutzfahrzeugmobilität“. Firmen sind ebenfalls engagiert dabei, allen voran die BASF in Ludwigshafen. Der Konzern ist der größte Nutzer von Wasserstoff für die chemische Synthese von Lösungsmitteln, Polymeren und anderen wichtigen Grundstoffen.

Mit H₂ befassen sich aber auch Cyrotherm in Kirchen, Mercedes-Benz in Wörth oder KST Motorenversuch in Bad Dürkheim. Für den Transport von H₂ verfügt Rheinland-Pfalz über Binnenhäfen und ein gut ausgebautes Wasserstraßennetz, welches das Land mit den größten europäischen Häfen Rotterdam und Antwerpen verbindet. Fraunhofer-Institute in Mainz und Kaiserslautern forschen an immer besserer Technik, und im Energiepark Mainz stehen schon Elektrolyseure für die H₂-Produktion, die seit einigen Jahren grünen Wasserstoff erzeugen. Weitere sind in der Planung.

Vor allem die Industrie benötigt Wasserstoff

„Wir werden in Rheinland-Pfalz gut klarkommen“, sagt Wasserstoff-Forscher Professor Gregor Hoogers, der an der Studie mitgearbeitet hat. Die Studie zeige, wo man Wasserstoff braucht, wo nicht, wo man Dinge elektrisch umsetzen könnte und wo zusätzliche Energieträger benötigt werden. Sein Fazit? „Wir werden künftig rein elektrisch Auto fahren und überwiegend elektrisch heizen, etwa mit Wärmepumpenheizungen“, meint der Wissenschaftler. Darüber hinaus werde H₂ vor allem in der Industrie benötigt, sowohl in der Produktion als auch als Energiespeicher.

Grünen Wasserstoff gewinnen und speichern

Anders als eine Batterie, die sich nach und nach entlädt, taugt Wasserstoff auch als langfristiger Speicher ohne großen Energieverlust. Energie aus erneuerbaren Quellen bleibt also nutzbar und könnte zeitlich unabhängig eingesetzt werden – auch dann, wenn die Windräder ruhen oder Wolken den Himmel bedecken. Wie man den begehrten Energieträger herstellt und speichert, erklärt die obige Grafik: Das Wasser wird mithilfe elektrischen Stroms in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Der benötigte Strom für die sogenannte Elektrolyse kommt ausschließlich aus erneuerbaren Energien. Der Wasserstoff kann gespeichert und anschließend direkt zu den Anwendern transportiert und dort verbraucht werden, zum Beispiel in Brennstoffzellen-Heizungen, in Fahrzeugen oder in der Industrie.

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Sabine Latorre
Bis 2024 Leiterin aktiv-Redaktion Rhein-Main

Dr. Sabine Latorre war bei aktiv 22 Jahre lang die Spezialistin für Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie – bis zu ihrem Rentenbeginn im April 2024. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Außerdem schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.

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