Immer mehr Bäcker, Metzger und Handwerker schließen – aber auch mittelständische Industriebetriebe: einfach, weil es in der Chefetage keine Nachfolgerin oder keinen Nachfolger gibt. Betroffen sind Tausende Unternehmen und ihre Beschäftigten. Tendenz: steigend.

Die oftmals erfolglose Suche nach einem Nachfolger sorgt für Alarm im Mittelstand. „Ungewollte Stilllegungen von Unternehmen werden uns häufiger begegnen“, befürchtet Fritzi Köhler-Geib, die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW. „In naher Zukunft wird es voraussichtlich jeden vierten Nachfolgewunsch treffen.“

36.500 Betriebe allein in Bayern vor Generationswechsel

Laut KfW-Umfrage wollen schon bis Ende 2026 rund 560.000  der insgesamt 3,8  Millionen mittelständischen Unternehmer ihre Firma an einen Nachfolger übergeben – oder sie verkaufen. Bedenklich: Weitere 190.000 Inhaber planen, „ohne eine Nachfolgeregelung aus dem Markt auszutreten“.

Allein in Bayern werden zwischen 2022 und 2026 nahezu 36.500 Betriebe mit rund 618.000 Mitarbeitenden vor einem Generationswechsel stehen, ergab eine Studie im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Das sind etwa 7.000 Unternehmen und 120.000 Beschäftigte mehr als zwischen 2017 und 2021. Die rasante Dynamik und diese Größenordnung verdeutlichen: „Erfolgreiche Unternehmensübergaben sind nicht nur für betroffene Unternehmer und Mitarbeitende, sondern auch gesamtwirtschaftlich für Bayern von hoher Bedeutung“, so das Ministerium. 

190.000 Betriebe dürften bis 2026 vom Markt verschwinden – weil es keine Nachfolgeregelung gibt

Das Problem: Für einen Großteil der Studienabgänger ist soziale Sicherheit attraktiver als Unternehmertum, hat sich in der jüngsten Zeit herausgestellt. Helfen könnte hier, wenn Unternehmensnachfolger mehr Planungssicherheit für die Zukunft bekommen – und nicht ein Plus an gesetzlicher Regulatorik.

Die mit Abstand größte Hürde für eine Übernahme ist laut Förderbank KfW für 79 Prozent der fast 11.000  Befragten der Mangel an geeigneten Kandidaten. Hintergrund: Auf die geburtenstarke Babyboomer-Generation folgen deutlich kleinere Jahrgänge. Es fehlt also schlicht an Menschen, die einen Betrieb übernehmen könnten. Zugleich steigt der Bedarf an Nachfolgern. Schon fast ein Drittel der Unternehmer ist 60 Jahre oder älter. Dazu kommt das allgemeine Umfeld. Immer wieder gestörte Lieferketten, Krieg in der Ukraine, jüngst die Coronapandemie und dann auch noch der Fachkräftemangel.

Die Nachfolge-Suche gestaltet sich noch viel schwieriger als vor Corona im Jahr 2019

„Die sich kumulierenden Krisen und Probleme haben deutliche Auswirkungen auf die Unternehmensnachfolge im Mittelstand“, weiß Marc Evers, der sich bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer  (DIHK) um das Thema kümmert. „Nach unseren Zahlen hatten wir 2021 fast dreimal so viele Unternehmen, die einen Nachfolger suchten, wie Interessenten an einer Übernahme. 2019, also vor Corona, lag dieses Verhältnis noch bei knapp zwei zu eins.“

Immerhin: Junge Menschen stehen Existenzgründungen und dem Unternehmertum grundsätzlich recht positiv gegenüber – das hat die DIHK in Studien festgestellt. Vorausgesetzt allerdings, den jungen Leuten wurde das Thema im Schulunterricht nähergebracht. Vielerorts war – oder ist – das aber leider nicht der Fall, wie Evers bedauert.