Die Produktion von vier Wochen würde reichen, die Insel Helgoland darin einzupacken. Rund 1,5 Millionen Quadratmeter hauchdünne, glänzende Metallfolie entstehen Monat für Monat in Hagen-Vorhalle. Das wäre was für Verpackungskünstler Christo. Aber die Produkte des Unternehmens MK Metallfolien können viel mehr: Sie helfen mit, die Luft sauber zu halten.

Der extrem dünn gewalzte Stahl steckt, eng aufgewickelt und mit Edelmetallen beschichtet, in den Katalysatoren von Verbrennungsmotoren, vom Pkw bis zum Rasenmäher. Mit ihnen können die Schadstoffe verringert werden – je größer die Oberfläche des Wabenkörpers, durch den die Abgase strömen, desto wirkungsvoller. Das heißt im Umkehrschluss: Je dünner die Metallfolie, umso mehr passt bei gleicher Baugröße in den Katalysator, desto größer der Effekt.

Stahl halb so dünn wie menschliches Haar

„Wir können den Stahl auf bis zu 0,025 Millimeter walzen, halb so dünn wie ein menschliches Haar. Das ist unsere Spezialität“, sagt Gerd Cloppenburg, geschäftsführender Gesellschafter der MK Metallfolien: „Andere machen Tonnen, wir machen Fläche.“ Die wird hier natürlich nicht an einem Stück in Helgoland-Größe verarbeitet. Bis zu einem halben Meter Breite schafft das 20 Rollen-Walzgerüst: Eine Acht-Stunden-Schicht braucht es, bis aus beispielsweise 0,3 Millimeter dickem Stahl 0,04 Millimeter werden.

Bis zu einem Meter breit kann das hauchdünne Material sein, das auf der Längsteilanlage geschnitten wird. „Da ist Fingerspitzengefühl gefragt“, sagt Verfahrensmechaniker Rocco Brancato, der die filigranen Metallbänder kontrolliert.

Das Unternehmen deckt mehr als 40 Prozent des Marktes für Katalysatorfolien ab

Dabei sind die Folien robuster als sie aussehen – und extrem hitzebeständig: Bei bis zu 1.200 Grad Celsius sind sie form- und korrosionsstabil. „Das ist bei den Katalysatoren wesentlich. Sie müssen dauerhaft das häufige Anschalten aushalten und schnell auf die Betriebstemperatur kommen“, erklärt Cloppenburg. Der hohe Anteil an Aluminium und Chrom in Kombination mit Seltenen Erden garantiere das.

Viele Jahre Kaltwalzerfahrung und eigene Entwicklungen haben die Hagener zu einem Weltmarktführer gemacht: Mehr als 40 Prozent des Marktes für Katalysatorfolien decken sie ab. Damit machen sie 70 Prozent ihres Umsatzes, die Hälfte davon entfällt auf Asien und die USA. Produziert wird in Hagen und Schwerte mit 80 Mitarbeitern sowie seit 2008 in Duncan, USA. Seit sieben Jahren arbeitet ein Service-Center in Wujiang, China.

Hagener Produkte stecken in jeder Harley Davidson

Die Standorte in Übersee sind wichtig für das noch nicht ganz 20 Jahre alte Unternehmen. „In den USA macht diesen Werkstoff sonst keiner“, sagt Cloppenburg. Die MK Metallfolien stecken unter anderem in jeder Harley Davidson. Zweiräder sind auch das große Thema in Asien. „Da sind 60 Millionen Motorräder unterwegs, und alle brauchen einen Katalysator“, erklärt sein Geschäftsführerkollege Jörg Giersbach. Oder besser gesagt: zwei kleine.

Auch Photovoltaik ist für die Westfalen ein Thema – etwa um Handys aufzuladen

Das Gros wird in Autos verbaut. „Da haben wir ein nicht ganz so zukunftsträchtiges Produkt“, sagt Giersbach. Das Unternehmen versuche daher, sich breiter aufzustellen. Einsatzbereiche für Folien in Sonderlegierungen gibt es reichlich. Sie stecken in Sicherheitswesten, Heizkörpern für Ceranfelder, Berstscheiben für Airbags oder Produkten der Medizintechnik.

Auch Photovoltaik sei ein Thema. Das dünne Metall eröffnet einige Möglichkeiten, als Solarzellen in Jalousien am Fenster oder auf eine mobile Trägerdecke geprintet, die, auseinandergefaltet und in die Sonne gelegt, ein Handy aufladen kann.

Die beiden Chefs sehen aber auch bei Kats einen stabilen Markt: Größere Chancen als den E-Autos geben sie derzeit Hybrid-Fahrzeugen. „Beim Umschalten des Antriebssystems muss der Kat vorglühen und schnell auf Betriebstemperatur kommen. Das geht nur mit Metall“, so Giersbach.

Dazu rücken Kreuzfahrtschiffe in den Blick oder stationäre Motoren. „Und auch Brennstoffzellen brauchen Folien“, ergänzt Cloppenburg: „Wir sind an einigen Forschungsprojekten beteiligt.“

Begegnung mit...

Stina Cloppenburg: Die 31-Jährige wird künftig kaufmännische Chefin von MK Metallfoloen sein. Foto: Roth
Stina Cloppenburg: Die 31-Jährige wird künftig kaufmännische Chefin von MK Metallfoloen sein. Foto: Roth

Stina Cloppenburg: Die Chefin in spe

Die Finanzexpertin bereitet sich auf die Nachfolge im Familienunternehmen vor. Als ihr Vater die Firma gründete, war Stina Cloppenburg zwölf Jahre alt. „Ich habe viel mitbekommen“, sagt die heute 31-Jährige: „Der Bezug war immer da.“ In den Ferien und während des Studiums (International Management) jobbte sie dort, sammelte Praxiserfahrung. Beruflich orientierte sie sich zunächst dennoch anders. 

Der Gedanke, die Firma in andere Hände zu geben, hat mich gestört

Sie arbeitete an der Frankfurter Börse und bei einer Bank – bis ihr Vater vor fünf Jahren fragte, ob eines der drei Kinder sich wohl vorstellen könne ...? „Der Gedanke, die Firma in andere Hände zu geben, hat mich gestört“, erinnert sich Stina Cloppenburg: „In der Bank hat es mir gut gefallen. Aber es nicht im eigenen Betrieb zu probieren, wäre schade gewesen.“ 

Einen Tag in der Woche bleibt ihr Vater mittlerweile zu Hause

Also sattelte sie um. Zunächst war sie für Controlling und Materialwirtschaft zuständig, die Aufgaben sind stetig gewachsen. „Wir arbeiten eng zusammen, ich bin überall involviert“, sagt die kaufmännische Chefin in spe: „Es gibt immer mehr eigenständige Bereiche, ich werde zunehmend direkt von Kunden, Zulieferern oder Mitarbeitern angesprochen.“ Einen Tag in der Woche bleibt ihr Vater mittlerweile zu Hause, ein festes Ausstiegsdatum gibt es noch nicht.

Praktika in Singapur und New Jersey, ein Auslandssemester in Argentinien und jetzt wieder Hagen? „Das ist okay“, sagt sie. Besuche der Auslandsstandorte oder Abenteuerreisen wie nach Nepal öffnen den Blick, auch für anstehende Probleme. Der Fachkräftemangel, die Zukunft der Verbrennungsmotoren oder die Digitalisierung: „Es ist spannend.“

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Job?

Ich bin da hineingewachsen, habe die Firma seit ihrer Gründung ständig begleitet.

Was reizt Sie am meisten?

Das Mitgestalten und dass ich mit sehr unterschiedlichen Fragestellungen und Menschen konfrontiert werde.

Worauf kommt es an?

Wichtig ist der Spaß an der Arbeit und sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, dazu Flexibilität und ein offenes Ohr haben.

Hildegard Goor-Schotten
Autorin

Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, Hagen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie außerdem bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten

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