München. In der modernen Arbeitswelt von heute ist vieles gefragt. Was wirklich zählt, ist jedoch vor allem Flexibilität. Kunden erwarten das, Vorgesetzte fordern das, Mitarbeiter wissen das – und alle haben sich damit längst arrangiert. Nur der deutsche Gesetzgeber hinkt bislang mit seinen starren Vorschriften da immer noch ein wenig hinterher.
Das deutsche Arbeitszeitgesetz entspricht jedenfalls nicht den Anforderungen in der betrieblichen Realität. So sehen es die Arbeitgeberverbände der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie bayme vbm. Sie und die von ihnen vertretenen Unternehmen hoffen darauf, dass sich das bald ändert.
Das Ziel: Individuell einteilbare Wochenarbeitszeit
Auftragsspitzen, mobiles Arbeiten, Vernetzung mit Kollegen in anderen Ländern, Kontinenten und Zeitzonen, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Um das alles zu bewerkstelligen, benötigen die Unternehmen und ihre Mitarbeiter ein flexibles Regelwerk und Freiräume, die ihnen offiziell bislang verwehrt sind. Das stört nicht nur die Betriebe, sondern hindert auch Mitarbeiter daran, ihre Arbeitszeit individuell zu gestalten.
„Das Wichtigste ist, dass wir weg von der täglichen Betrachtung der Arbeitszeit gehen“, fordert Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer von bayme vbm. „Heute ist nach zehn Stunden immer automatisch Ende, das entspricht nicht unseren Realitäten.“
Den Arbeitgebern geht es ausdrücklich nicht um eine Erhöhung der Gesamtstundenzahl, sondern lediglich um eine flexiblere Aufteilung der Stunden. Ziel ist eine mögliche Arbeitszeit von durchschnittlich maximal 48 Stunden in der Woche. Das lasse die Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union zu. Die Aufteilung der Arbeitsstunden müsse dabei die Belange des Arbeitgebers im Blick haben, könne zugleich aber auch die Wünsche der Arbeitnehmer insgesamt besser berücksichtigen.
Schwierig für den Arbeitsalltag in vielen Unternehmen ist zudem die gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause von elf Stunden, die zwischen zwei Arbeitseinsätzen liegen muss. Denn in der Praxis bedeutet das: Wer abends um 23 Uhr noch einmal in seine E-Mails schaut oder mit Kollegen in den USA telefoniert, der darf am nächsten Tag offiziell erst wieder um 10 Uhr am Schreibtisch sitzen oder im Betrieb sein.
Moderne IT-Lösungen schaffen Freiräume für Arbeitnehmer
Entsprechende Regelungen streuen nicht nur in den Unternehmen Sand ins Getriebe, sondern berauben auch die Arbeitnehmer ihrer Flexibilität. Dabei müsse man gerade die Chancen viel stärker nutzen, die die neuen technischen Möglichkeiten bieten würden, heißt es dazu von den Arbeitgebern.
Zu beachten ist natürlich: Moderne IT-Lösungen schaffen Freiräume für Arbeitnehmer, erhöhen aber auch das Maß an Eigenverantwortung, das man ihnen dann bei deren Nutzung zugestehen muss. Für Brossardt ist dieses Argument jedoch kein Hindernis für ein neues und modernes Arbeitszeitgesetz, das sich an dieser Leitlinie orientiert: „Wir brauchen mehr Freiheit.“
Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.
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