Für Rachid Amekrane, Marcel Petke und Carsten Brenning aus der niedersächsischen Stadt Syke ist es Beruf, Berufung und Abenteuer zugleich: Artemis heißt das Projekt der US-Raumfahrtbehörde NASA, das in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern erstmals seit Apollo 17 – also seit 1972 – wieder Astronauten zum Mond bringen soll.

Das Herzstück dafür ist das Raumschiff Orion. Nein, nicht das aus der legendären TV-Serie aus den 60er Jahren, sondern das Raumfahrzeug der NASA, das in Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA gebaut wird.

Ein Servicemodul von der Weser

Ein zentrales Element dieser Konstruktion stammt aus Bremen: Das Europäische Servicemodul (ESM) mit 33 Raketenmotoren, neun Tonnen Treibstoff sowie Luft, Wasser, Strom und Wärme für die Astronauten wurde von Airbus Defence and Space (ehemals Astrium) in der Hansestadt gebaut.

Nachdem das ESM von Norddeutschland zum Weltraumbahnhof Kennedy Space Center (KSC) in Florida gebracht wurde, soll es nun für die Mondmission startklar gemacht werden – mithilfe der drei Experten aus Niedersachsen: Rachid Amekrane und Carsten Brenning von Airbus und Marcel Petke von der ArianeGroup.

Die drei Syker kennen sich seit vielen Jahren

„Dass wir jetzt tatsächlich mit drei Sykern hier in Florida sind, ist reiner Zufall“, sagt Amekrane. „Aber wir kennen uns alle schon seit Jahren. Die ArianeGroup und Airbus waren ja lange Zeit eine Firma.“ Der 59-Jährige ist mit der Geschichte des Unternehmens bestens vertraut, er arbeitet seit vielen Jahren als Ingenieur für Luft- und Raumfahrt bei Airbus und managt den Bau des Servicemoduls.

Der Start der Mission wird mit großer Spannung erwartet, denn eigentlich hätten schon längst wieder Menschen zum Mond fliegen sollen. Aber US-Präsident Barack Obama hatte das Programm im Jahr 2009 aus Kostengründen eingestellt. Sein Nachfolger Donald Trump hatte die NASA angewiesen, ein neues Programm aufzulegen, das nun unter dem aktuellen Präsidenten Joe Biden fortgeführt wird.

Der Mond ist nur eine Zwischenetappe

Die ersten Ergebnisse liegen bereits vor: Im November 2022 wurde eine unbemannte Orion-Kapsel ins All geschossen, die erfolgreich den Mond umrundete und wohlbehalten zur Erde zurückkehrte. 2024 folgt die erste bemannte Mondumrundung, und anschließend soll bei der dritten Mission ein Astronauten-Team auf dem Mond landen.

Der Erdtrabant ist aber nur eine Zwischenetappe, denn die NASA plant einen bemannten Flug zum Mars, der rund 200 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist. Ermöglichen könnten dies eine Basis auf dem Mond und eine Raumstation in seiner Umlaufbahn, die als Startplatz und Zwischenstation für Reisen zum Mars dienen würde. Das wäre sinnvoll, vor allem wegen der niedrigeren Schwerkraft auf dem Mond. Die Raumstation mit dem Namen „Lunar Gateway“ ist bereits in Arbeit.

Strikte Sicherheitsvorschriften auf dem NASA-Areal

Zu schaffen ist ein Vorhaben dieser Art wohl nur mit vereinten Kräften. Rachid Amekrane: „Das Servicemodul für die Orion-Kapsel hat die NASA bei der ESA bestellt, und die ESA ist wiederum unser Auftraggeber. Das ist das erste Mal, dass sich die NASA bei so wichtigen Elementen auf einen Partner aus dem Ausland verlässt.“ Und er ist durchaus stolz, dass er dabei mitwirken darf, hier vor Ort im Kennedy Space Center.

Der Komplex ist quasi eine abgeriegelte Stadt für sich auf der nördlichen Spitze einer Insel vor der Küste von Florida. Der Zutritt zum Gelände ist eingeschränkt. In die Fertigungshallen dürfen nur registrierte Personen.

Wer hier arbeitet, muss flexibel sein

In der gleichen Halle, in der die Syker am Servicemodul arbeiten, steht auch das Crewmodul, die eigentliche Raumkapsel. Dort dürfen aber auch die Syker nur in Begleitung hin. Für die drei kein Problem, denn „die amerikanischen Kollegen sind sehr nett“, wie Maschinenbau-Ingenieur Carsten Brenning betont. Und man geht auch abends mal zusammen essen.

Nicht besonders oft allerdings, denn niemand ist zum Vergnügen hier. „Die Arbeitszeiten sind sehr unterschiedlich“, erklärt Marcel Petke, der als Mechatroniker bei der ArianeGroup arbeitet. „Wir müssen sehr flexibel sein“, sagt der 45-Jährige. „Es kann vorkommen, dass man eine Zeit lang im Drei-Schicht-Betrieb arbeitet. Es kann aber auch sein, dass wir tageweise aussetzen müssen.“ Und es kann sein, dass abends um 22 Uhr noch ein Anruf kommt: Wir brauchen dich. Komm sofort her!

Das Leben im Hotel gehört dazu

Die nächste Stadt ist eine halbe Autostunde entfernt. Alle drei leben im Hotel, es gibt nur wenig Freizeit, und alles ist sehr geregelt. Rachid Amekrane ist im Management tätig und hat einen etwas anderen Arbeitsrhythmus als die zwei anderen. „Normal von 9 bis 19 Uhr“, sagt er.

Und Marcel Petke legt noch selber Hand an. „Rachid und Carsten dürfen nur gucken, und ich darf’s anfassen“, sagt er lachend mit Blick auf das Raumschiff.

Dauerpendler zwischen Syke und Florida

Alle drei sind quasi Dauerpendler zwischen Florida und Syke, da könne es auch schon mal vorkommen, dass man morgens aufwacht und erst mal überlegen muss, wo man jetzt eigentlich gerade ist.

„Die Arbeit macht wirklich Spaß“, sagt Rachid Amekrane. „Ständig starten Raketen. Es sind so viele, dass wir uns eine Tafel gemacht haben, um den Überblick nicht zu verlieren. Wir picken uns auch nur noch die wirklich interessanten Starts aus und schauen uns die vom Büro-Parkplatz an.“

Das Kennedy Space Center ist auch so etwas wie ein internationaler Treffpunkt. „Wer in der Raumfahrt arbeitet, kommt irgendwann mal hierher“, sagt Rachid und erzählt: „Ich treffe hier regelmäßig meinen Kommilitonen Hans Königsmann, der es bei SpaceX bis zum Vizepräsidenten geschafft hat. Ich habe sogar meinen Kameraden aus der Grundschule in Marokko hier wiedergetroffen. Guy Limouzin ist heute Präsident der Airbus OneWeb Satellites.“

Sicherheit ist die oberste Maxime

Gerade war der 20. Jahrestag der Columbia-Katastrophe, bei dem das Space Shuttle beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühte. Hat man so etwas im Kopf? „Ja, immer“, sagt Carsten Brenning. „Wir bauen hier ein Raumschiff, in dem Menschen sitzen und sich darauf verlassen, dass wir das Richtige tun.“

Rachid Amekrane nickt: „Wir alle wissen, an welch seidenem Faden der Erfolg hängt. Mit Artemis 2 werden das erste Mal Menschen befördert. Täglich fragen wir uns mindestens dreimal, ob wir alles richtig gemacht haben, und lassen es dann auch von anderen nochmals prüfen und testen alle Systeme durch.“

Mit dem Artemis-Projekt und dem Orion-Raumschiff hat für ihn ein neues Kapitel der bemannten Raumfahrt begonnen. „Wir sind noch ganz am Anfang“, sagt er, „aber bald wird es regelmäßigen Verkehr zum Mond geben und in ferner Zukunft auch bemannte Flüge zum Mars. Und Syke war dabei!“

Traumjob Raumfahrtingenieurin

aktiv besuchte jüngst das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Standort Lampoldshausen bei Heilbronn. Fast alles dreht sich hier um Prüfstände, mit denen die Triebwerke von Raketen getestet werden. Hier geht's zum Video:

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