München. Spätestens seit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine letztes Jahr spüren wir, wie teuer Energie in Deutschland ist. Die Preise für Strom und Gas sind in die Höhe geschossen. Das betrifft nicht nur private Verbraucher, auch die Industrie zahlt mehr für Energie.
Ein gutes Jahr nach diesem anfänglichen Preisschock hat die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) in einer aktuellen Studie vergleichen lassen, wie hoch die Strompreise für die Industrie inzwischen weltweit sind.
Das Ergebnis des Forschungsinstituts Prognos: Für industrielle Großabnehmer sind die Strompreise in Deutschland nicht wettbewerbsfähig! Firmen in Industrienationen wie USA und China zahlen nicht einmal die Hälfte des hiesigen Strompreises. Aber auch in europäischen Nachbarstaaten wie Frankreich oder Polen ist Energie günstiger. Und auch wenn es innerhalb Europas große Schwankungen zwischen eher günstigen und teureren Ländern gibt, sind die europäischen Strompreise im internationalen Vergleich insgesamt zu hoch.
Effizienter Brückenstrompreis für energieintensive Betriebe
Ähnlich beim Gas: In Deutschland werden pro Kilowattstunde etwa 8 Cent fällig, Firmen in China oder Japan zahlen 5 Cent, in den USA kostet Gas nur 1 bis 2 Cent.
Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw, sieht das mit Sorge: „Angesichts des hohen Strompreises drohen Verlagerungen an kostengünstigere Standorte im Ausland“, sagt er. Das setze eine Kettenreaktion in Gang: „Eine Verlagerung energieintensiver Unternehmen würde nachgelagerte Branchen schwerwiegend treffen und hätte gravierende Auswirkungen auf Wertschöpfung, Beschäftigung und Wohlstand insgesamt.“ Auch die Entwicklung des Gaspreises sieht Brossardt kritisch – insbesondere dann, wenn Erdgas künftig durch den anfänglich noch teureren, aber klimafreundlicheren Wasserstoff ersetzt werden muss.
Er plädiert für Entlastungen bei den Strompreisen, dazu zählt er einen effizienten Brückenstrompreis für energieintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb, und zwar unabhängig von der Größe, sowie eine Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum. „Diese Maßnahme kann einen Brückenstrompreis nicht ersetzen, von ihr kann aber die Wirtschaft in ihrer ganzen Breite direkt profitieren.“ Zudem müsse Tempo in den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Stromnetze kommen, damit das Stromangebot klimafreundlich ausgeweitet wird.
Strom aus erneuerbaren Energien ist günstiger
Denn dies ist ein weiteres Ergebnis der Studie: Schaut man in die Zukunft im Jahr 2030, sinken laut Prognose in fast allen europäischen Ländern die Strompreise. Je mehr Strom ein Land aus Erneuerbaren gewinnt, desto günstiger fällt der Strompreis aus, auch für die Industrie. Ein Grund: Es muss kein fossiler Rohstoff eingekauft und kein Geld für CO2-Kompensationen gezahlt werden, wenn Strom klimafreundlich produziert wird. So wird etwa der Strompreis in Norwegen günstig sein, weil das Land viel Wasserkraft nutzt. Polens Strom wird mehr kosten, da er weiterhin überwiegend aus Kohle stammt.
Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.
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