Soest. Klimaneutralität ist nicht nur eine Sache der Großkonzerne. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssen sich damit auseinandersetzen. Märkisch aktiv sprach darüber mit Christian Kail. Der Professor für Energietechnik und Thermodynamik an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest organisiert unter anderem seit 2003 den Südwestfälischen Energietag.
Welche Relevanz hat das Thema?
Die Vorgaben der Politik sind die Treiber des Wandels der Energieversorgung in Richtung Klimaneutralität. So werden etwa über CO2-Preise entsprechende wirtschaftliche Anreize gegeben. Bis 2050 soll alles klimaneutral sein, ein sehr kurzer Zeitraum für so eine Umstellung. Das betrifft jedes Unternehmen und jede Privatperson – und wird vor allem im Wärmebereich mit erheblichen Mehrkosten verbunden sein.
Wie ist die Energiewende zu schaffen?
Die Umstellung der Energieversorgung wird in Deutschland vor allem durch den Ausbau von Windenergie und Photovoltaik erfolgen. Andere erneuerbare Energien wie Wasserkraft und Biomasse bieten nur beschränkte Ausbaupotenziale. Elektrische Energie wird damit die neue Ausgangsenergie für sämtliche Anwendungen. Jede weitere Umwandlung der elektrischen Energie, zum Beispiel in Wasserstoff, ist verlustbehaftet und erhöht die Kosten.
Welche Probleme bringt das mit sich?
Die starke Fluktuation des Wind- und Solarstroms ist das Problem der Umstellung auf erneuerbare Energien und dürfte zu deutlich schwankenden Strompreisen führen. „Dunkelflauten“ von zwei Wochen sind immer wieder möglich. Deutschland wird auf Energieimporte angewiesen sein. Erneuerbare Energie kann zum Beispiel in Form von grünem Wasserstoff aus dem Ausland importiert werden. Ohne Wasserstoff als Speichertechnologie wird es nicht gehen.
Was heißt das für die Unternehmen?
Klar ist: Wärme wird deutlich teurer. Im Hochtemperaturbereich kann elektrische Energie oder Wasserstoff zur Wärmeerzeugung eingesetzt werden. Bei Wasserstoff ist die Effizienz deutlich geringer, und die Wärme ist drei- bis viermal teurer als bei Erdgas. Bei Einsatz von elektrischer Energie ist die Wärme rund doppelt so teuer. Jedes Unternehmen ist daher gut beraten, sich darauf vorzubereiten.
Was können sie machen?
Die hohen Kosten lassen Effizienzmaßnahmen wie eine Wärmerückgewinnung zukünftig eher wirtschaftlich sein. Bei hoher Wind- und Solarstromproduktion kann günstiger Strom in Wärme umgewandelt und gespeichert werden. Eine Anlage zur Kraft-Wärme-Kopplung kann sich bei entsprechendem Bedarf schon nach rund vier Jahren amortisieren. Wer aktuell einen Umbau plant, sollte die Wasserstofftechnologie im Blick haben – auch wenn sie jetzt noch nicht zum Einsatz kommt.
Können Sie die Betriebe dabei unterstützen?
Die Fachhochschule Südwestfalen ist im Bereich Energie stark aufgestellt. Die Studenten werden praxisorientiert an zukunftsfähigen Technologien ausgebildet. Sie bringen ihr Wissen bereits während des Studiums und in Abschlussarbeiten in die Betriebe, zum Beispiel bei einer energetischen Optimierung der Produktion. Auch die Professoren werden da beratend tätig.
Die studierte Politikwissenschaftlerin und Journalistin ist für aktiv vor allem im Märkischen Kreis, in Hagen und im Ennepe-Ruhr-Kreis unterwegs und berichtet von da aus den Betrieben und über deren Mitarbeiter. Nach Studium und Volontariat hat sie bei verschiedenen Tageszeitungen gearbeitet und ist seit vielen Jahren als freie Journalistin in der Region bestens vernetzt. Privat ackert und entspannt sie am liebsten in ihrem großen Garten.
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