Neu-Ulm. Michael Pflum bereitete sich im April gerade auf ein paar ruhige Wochen vor: Sein Arbeitgeber, die Daimler-Bussparte EvoBus in Neu-Ulm, stoppte die Omnibus-Produktion wegen der Corona-Krise und kündigte Kurzarbeit an. „Dann bekam ich einen Anruf von meinem Vorgesetzten“, erzählt Pflum. Und es begannen drei unvergessliche Wochen.

Denn sein Chef fragte ihn, ob er ein spezielles Projekt übernehmen wolle. Der örtliche Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hatte angefragt, ob man in der Lage sei, einen Passagierbus umzubauen. Die Idee: Aus einem Mercedes-Benz Citaro Überlandbus (45 Sitzplätze) sollte ein Krankentransport-Fahrzeug werden! Für vier Intensivpatienten, vor allem Corona-Kranke. Um Kliniken zu entlasten, wenn Intensivbetten knapp werden – länderübergreifend.

„Was sonst Monate und Jahre dauert, wurde mit Daimler Buses innerhalb von Wochen umgesetzt.“

Professor Bernd Kühlmuß, DRK

„Als ich das hörte“, erzählt Pflum im Gespräch mit aktiv, „war mir sofort klar: Das Ding will ich machen!“ Allerdings: So ein Umbau war absolutes Neuland. Pflum: „Ich musste innerhalb kürzester Zeit erst mal überlegen, welche Kollegen ich ins Boot holen könnte, um dieses Projekt erfolgreich zu bewältigen.“ An dem Standort arbeiten rund 3.600 Leute.

Die Kollegen gingen hoch motiviert an den Umbau des Omnibusses heran

Der 48-Jährige ist Teamleiter Montage Finish. Er führt ein Team mit 100 Mitarbeitern, die sich um die letzten Arbeiten an den Bussen kümmern. Er ist gelernter Elektriker, begann seine Karriere hier vor 28 Jahren – erst als Mitarbeiter am Band, seit zwölf Jahren ist er Führungskraft in unterschiedlichen Positionen. „Welche Kollegen ich für die Planung benötige, war mir sofort klar: ein Team aus drei Meistern“, so Pflum. Diese organisierten dann die weiteren Mitarbeiter. „Am Ende hatten wir für das Spezialprojekt ein zwölfköpfiges Team mit Spezialisten aus verschiedenen Bereichen zusammen.“

Dann ging’s los. Die Mannschaft begutachtete den Citaro in puncto Ausstattung. Zudem kam der Rettungsdienst Heidenheim-Ulm mit einem Rettungswagen vorbei und zeigte, was da alles drin ist. Der erste Auftrag: Das brauche man in vierfacher Ausfertigung! Beatmungsgeräte, Patientenliegen, Beleuchtung, Platz für die Ausrüstung – was sich im Lauf des Projekts noch um einiges erweiterte. Pflum: „Nach dem Entkernen des Busses begannen wir mit der Planung der größten Komponenten, das waren die Liegen.“ Dann wurde klar, dass erst eine ebene Unterkonstruktion geschaffen werden musste.

Alle Beteiligten waren vom Ergebnis beeindruckt

„Bei den täglichen Planungsgesprächen haben wir uns ständig mit den Kollegen vom DRK abgestimmt und uns dann nach und nach vorgearbeitet, vom Schienensystem für die Liegen bis zum Design der Folienbeschriftung“, erzählt Pflum. Fast wie im Zeitraffer wandelte sich in der folgenden Zeit der Bus zum größten Intensivtransportwagen der Republik. Neben elektrohydraulischen Fahrtragen und Beatmungsgeräten beherbergt er etwa Überwachungsmonitore, ein Sonografiegerät, ein Blutanalysegerät und viel Stauraum. Die Fahrerkabine ist abgetrennt, der Patientenraum kann per Vernebelungsgerät desinfiziert werden.

Dann die Übergabe! „Ein tolles Gefühl“, sagt Pflum. Alle Beteiligten waren beeindruckt. Etwa der ärztliche Verantwortliche des DRK-Rettungsdienstes, Professor Bernd Kühlmuß: „Was sonst Monate und Jahre dauert, wurde mit Daimler Buses in beispielloser Art und Weise innerhalb von Wochen umgesetzt.“ Wie das gelang? Pflum: „Durch phänomenale Teamarbeit und das Ziel aller Beteiligten, das Projekt erfolgreich abzuschließen.“

Teamarbeit

Der größte Intensiv-Krankentransporter Deutschlands ist eine Gemeinschaftsleistung: Die Idee hatte der Rettungsdienst Heidenheim-Ulm des Deutschen Roten Kreuzes.

Daimler Buses übernahm den Umbau und stellt dem DRK den Spezial-Transporter zunächst für ein halbes Jahr zur Verfügung.

Die Uniklinik Ulm stellt die Ärzte. Mit an Bord sind auch die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm: Sie beteiligen sich mit Fahrern und Wartungspersonal.

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Barbara Auer
aktiv-Redakteurin

Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.

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