Wetzlar. Hexagon in Wetzlar produziert die genaueste Messmaschine der Welt, fertigt Anlagen, auf denen selbst Flugzeugturbinen vermessen werden können, und sorgt so für Qualität in der Welt. Die Messdaten lassen sich zudem verwenden, Produkte noch effizienter und kostengünstiger herzustellen. aktiv sprach mit Geschäftsführer Jochen Mohn über die Herausforderung, auch im physikalischen Grenzbereich groß zu sein.

Was ist besonders an Hexagon?

Wir sind führend im Bereich der Messtechnik. Wir erzielen Messgenauigkeiten auf Bruchteile eines Mikrometers genau, das heißt, wir bewegen uns im physikalischen Grenzbereich. Unsere Leitz Infinity ist zum Beispiel das genaueste 3-D-Koordinatenmessgerät (KMG) der Welt, das vom einfachen Zylinder bis zum komplexen Schneckenradgetriebe alles vermessen kann, dank feinster Sensoren. Die mit unseren Maschinen festgestellte Qualität kann man dann nutzen, um Produktionsprozesse zu optimieren. Um diese „intelligente Fertigung“ aufzugreifen, haben wir unseren Namen 2015 geändert von Hexagon Metrology in Hexagon Manufacturing Intelligence. Er verkörpert unsere Vision für die langfristige Umsetzung echter datenbasierter Fertigung in Zeiten von Industrie 4.0.

Wie sorgt Qualität für mehr Produktivität in der Fertigung?

Früher ging es nur darum: Stimmt die Qualität? Ist der Motorblock okay? Inzwischen können wir gewonnene Daten viel besser auswerten. Wir haben große Erfahrung im Erfassen, Analysieren und aktiven Nutzen von Messdaten. Dank moderner Software können wir sie in aussagekräftige Informationen verwandeln und sogar sehen, wo es beim Produktionsprozess des Bauteils möglicherweise hakt. So können wir den Kunden dabei unterstützen, bessere Produkte effizienter und kostengünstiger zu entwickeln und herzustellen.

Wer sind Ihre Kunden?

Zulieferer und Global Player, Aktienkonzerne und Familienbetriebe. Unsere Lösungen finden weltweit in fast allen Branchen Verwendung, von Automotive, Elektronik und Medizintechnik bis zu Luftfahrt- und Schwerindustrie. Unsere Maschinen vermessen selbst winzige Bauteile für ein künstliches Kniegelenk. Auch beim Teilchenbeschleuniger Cern bei Genf steht eine Maschine von uns.

Was hat Hexagon mit dem Optik-Pionier Leitz zu tun?

Leitz ist, wie bei einigen anderen Unternehmen im Raum Wetzlar, auch unsere Keimzelle. Die Leitz-Messtechnik wurde 1927 gegründet und ging 2001 in Hexagon auf. Bis heute steht Leitz für höchste Qualität „made in Germany“ und hat in der ganzen Welt einen ausgezeichneten Ruf, dem wir uns verpflichtet fühlen. In den letzten zehn Jahren haben wir so die Anzahl unserer Mitarbeiter von 250 auf knapp 500 nahezu verdoppelt. Unser Mutterkonzern, die schwedische Hexagon-Gruppe mit weltweit 20.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 3,5 Milliarden Euro, will der weltgrößte Anbieter im Bereich Messtechnik werden. Und dabei helfen wir.

Also keine großen Sorgen?

Doch. Die Handelsbeschränkungen werden zum Beispiel immer mehr zum Problem. Waren es früher wenige Wochen, kann es bei manchen Ländern viele Monate dauern, bis die deutsche Behörde ihr Okay zur Ausfuhr gibt, weil dort zu wenige Mitarbeiter zu viel zu tun haben.

Wo sehen Sie die größte Herausforderung für die Zukunft?

Noch genügend geeignete Fachkräfte zu finden. Trotz eigener Ausbildung und enger Kooperation mit verschiedenen Hochschulen wird es immer schwieriger. Wir brauchen immer mehr interdisziplinäre Teams mit Spezialisten für Sensorik, Software und mehr. Aber gerade Hochqualifizierte wollen zum Beispiel in der Familienphase lieber weniger als mehr arbeiten. Selbst wenn man dann zusätzliche Stellen schafft, um das auszugleichen, fehlen geeignete Bewerber. Um das Problem zu lösen, ist sehr viel Kreativität gefragt.

40 Tonnen Granit plus Hightech: Jochen Mohn in einer Messmaschine für Großbauteile. Foto: Scheffler
Jochen Mohn Geschäftsführer von Hexagon in Wetzlar
  • 1979 geboren in Hanau, verheiratet, zwei Kinder
  • Industriemechaniker
  • Studium Wirtschaftsingenieurwesen in Friedberg
  • Tätigkeit in einer Unternehmensberatung
  • 2010 Einstieg bei Hexagon als Verantwortlicher für Einkauf und Logistik, später Produktionsleiter
  • Seit 2017 Geschäftsführer von Hexagon Manufacturing Intelligence in Wetzlar
Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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